Blitz: Die Chroniken von Hara 2
Pferde.«
Anscheinend schmorten wir in den Zellen jenes Adligen, von dem der Wirt berichtet hatte. Das wiederum hieß, dass wir nur wenige Leagues von dieser vermaledeiten Kreuzung entfernt waren, an der uns die Nekromanten überwältigt hatten.
»Warum seid ihr hier?«
»Weil ich Hungwer hatte«, gab der Blasge widerwillig zu. »Da hab ich mich über eines der Pferde dieses Mannes hergwemacht.«
Das hätte mir auch Khtatakh antworten können. Blasgen essen selten, aber wenn, dann tüchtig. Dann stellen sie glatt zwei Dutzend ausgehungerter Soldaten in den Schatten.
»Ein ganzes Pferd?«, hakte ich nach, denn ich malte mir aus, welcher Schlag die Stallknechte getroffen haben musste, als sie bemerkten, dass eines ihrer Tiere fehlte.
»Hör mal, ich bin kwein Riese, so viel würde ich nie im Leben schaffen«, blaffte mich der Blasge an. »Nein, nur ein Teil des Pferdes. Einen kwaleinen.«
»Wobei du leider vergessen hast, den Besitzer des Stalls vorher danach zu fragen …«
»Wer kwonnte denn ahnen, dass die gwaleich aus der Haut fahren?! Die sind mir übers Feld nachgwerannt, eine richtigwe Jagwad war das. Am Ende haben sie mich gweschnappt.«
»Mit einer Antilope wärst du fraglos besser dran gewesen«, erwiderte ich lachend. »Und? Wie viele Männer hast du ins Reich der Tiefe geschickt, bevor sie dich und deinen Freund in diese Zelle gesteckt haben?«
»Aus, du Hund!« In Yumis Stimme schwang echte Empörung mit.
»Wofür hältst du mich eigwentlich?«, maulte Ghbabakh. »Ich bin ein zivi…, ein zivilisiertes Wesen. Kwein Wilder. Wenn ich einen Fehler gwemacht habe, übernehme ich auch die Verantwortungwa dafür. Deshalb habe ich mich ergweben und gwehofft, dass sie meine friedlichen Absichten erkwennen. Als dann die Vergwifterin der Sümpfe gwekommen ist, haben uns aber alle vergwessen. Verstehst du mich eigwentlich? Ich beherrsche eure Sprache nur schlecht, aber immer noch besser als Yumi …«
»Keine Sorge, du sprichst gut.«
»Bestens, Menschlein. Yumi sagwat, dass schon wieder jemand kwommt. Einer aus dieser Schlangwenbrut.«
Der Waiya musste über ein ausgezeichnetes Gehör verfügen, denn der Riegel wurde erst zehn Sekunden nach dieser Ankündigung zur Seite geschoben. Diesmal fiel statt des warmen Laternenlichts ein fahlblauer, toter Lichtschein in den Gang.
Der Nekromant im weißen Umhang bewegte sich vollkommen lautlos. Ich erkannte ihn sofort wieder. Es war einer von denen, die uns an der Kreuzung überfallen hatten. Über seinem Kopf schwebte eine kleine, leuchtende Kugel. Er steuerte auf meine Zelle zu, um die Tür aufzuschließen.
»Komm raus«, befahl er mir. »Jemand wünscht, dich zu sehen. Muss ich meine Zeit damit verschwenden, dir auseinanderzusetzen, wie sich dein Schicksal gestaltet, solltest du dich zu irgendwelchen Dummheiten hinreißen lassen?«
»Nein«, antwortete ich leise.
Das wusste ich schließlich auch so. Der Kerl würde mich in einen Haufen rauchender Knochen verwandeln. Wiederbelebter Knochen.
»Dann vorwärts.«
Ich gehorchte. Was blieb mir auch anderes übrig?
Sobald ich meine Zelle verlassen hatte, sah ich mich erst einmal um. Hier unten gab es insgesamt vier Zellen. Die von Ghbabakh und meine fanden sich am hinteren Ende, die beiden anderen standen leer und lagen gleich hinter der massiven, aber stark verrosteten Tür. Zu dieser führten drei schimmelüberzogene Stufen hinauf. Ich musste den Kopf einziehen, um nicht mit der Stirn gegen die niedrige Laibung zu stoßen. Ein großer, schummriger Raum voller Kisten, kaputter Fässer und Säcke empfing mich.
»Gaff nicht!«, herrschte mich der Nekromant an. »Weiter!«
Ich trat in grelles Sonnenlicht hinaus.
»Weiter!«
Wir überquerten einen leeren Hof, umrundeten ein Beet mit Astern, die dringend mal Wasser gebraucht hätten, und fanden uns vor der geöffneten Tür eines einstöckigen Steinhauses wieder.
»Weiter! Halt! Jetzt nach rechts. Da hinein!«
In dem großen, leeren Saal stand in der Mitte ein Zuber mit Wasser, von dem Dampf aufstieg.
»Wasch dich! Du stinkst. Und zieh dir was anderes an!«
»Und was, bitte schön?«, blaffte ich. »Ich sehe nirgends frische Kleidung.«
»Die kommt gleich. Wasch dich! Sofort!«
Klar doch – sonst peitschst du mich noch aus, damit ich einen Zahn zulege …
Als er hinausging, schloss er nicht mal die Tür hinter sich ab.
Kapitel
23
Mittlerweile war das Wasser erkaltet. Ich wollte mein Bad gerade beenden, als eine stille, verweinte Dienerin den Raum
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