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Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Titel: Blitz: Die Chroniken von Hara 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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betrat. Folglich wartete ich ab, bis sie die Kleidung und ein Handtuch auf den Boden gelegt hatte und eilig wieder hinausgehuscht war. Auch sie schloss die Tür nicht ab.
    Nun entstieg ich dem schwärzlichen Wasser, trocknete mich ab und zog die frische Kleidung an. Sie entsprach weitgehend meiner bisherigen Aufmachung: ein paar Hosen aus Hirschleder zum Schnüren und ein Hemd, allerdings nicht aus Leinen, sondern aus echter, feiner Baumwolle. Alles passte mir hervorragend, fast als hätte zuvor jemand Maß genommen.
    Bei der Jacke und den Stiefeln musste ich mit meinen alten Stücken vorliebnehmen. Kaum hatte ich mich fertig angezogen, kehrte der Nekromant zurück.
    »Gehen wir«, verlangte er.
    Wir liefen durch etliche leere Säle voller Jagdtrophäen und ließen zu meiner Überraschung die Treppe zum oberen Stockwerk links liegen, um weiter geradeaus zu gehen – in den Flügel der Dienstboten, wenn mich nicht alles täuschte.
    Als mir der Geruch nach frisch gebackenem Kuchen in die Nase stieg, wusste ich, dass ich recht gehabt hatte und wir uns tatsächlich der Küche näherten. In diesem Augenblick sah ich Shen, dem drei Untote folgten. An seinen Händen funkelten magische Fesseln. Abgesehen von einem Veilchen, das allmählich gelb wurde, schien er wohlauf zu sein.
    Als er mich entdeckte, nickte er bloß.
    »Was ist mit Lahen?«, fragte ich.
    »Ich habe sie nicht gesehen, denn ich wurde allein eingesperrt. Aber ich hoffe, es geht ihr gut. Im Übrigen wäre Ceyra Asani wohl höchst überrascht, wenn sie wüsste, wer uns hier gefangen hält.«
    »Wo haben sie dich eingesperrt?«
    »Hier im Haus, im oberen Stockwerk. Und dich?«
    »In einem Keller. In Gesellschaft eines Blasgen und eines Waiya.«
    »Eines
was?
«
    »Eines Waiya. Und frag mich nicht, was genau das ist.«
    »Aber es hat dir niemand eins über den Schädel gezogen?«, wollte er beunruhigt wissen.
    »Doch«, sagte ich. »Und zwar ziemlich unangenehm.«
    Nun kam uns Lahen in Begleitung eines Nekromanten und einer Frau entgegen. Sie schien gesund und munter und trug im Unterschied zu Shen keine Fesseln an den Handgelenken.
    Als sie mich sah, lächelte sie erleichtert und nickte mir zu. Ich nickte zurück und griff nach ihrer Hand – worauf mich nicht einmal irgendwer anfuhr.
    »Was machst du denn hier?!«, fragte Shen jetzt Lahens Begleiterin. Er starrte die Frau fassungslos an. Sie öffnete aber bloß schweigend eine Tür, die sie sofort wieder hinter sich zuzog, sobald sie in den Raum dahinter eingetreten war.
    »Kennst du sie?«, fragte ich Shen.
    »Ja«, presste er heraus. »Das ist Kira. Wir haben zusammen die Schule im Regenbogental besucht. Sie ist eine Schreitende. Ich verstehe nicht, was sie hier bei …«
    »Dafür verstehe ich es«, zischte Lahen. Ihre Augen funkelten vor Zorn, während ihre Stimme ungewöhnlich heiser und tief klang, als hätte sie eine Erkältung. »Und glaub mir, Shen, in dem Zusammenhang würde ich nur zu gern jemandem die Seele aushauchen. Für diese Kira gilt jetzt aber: Sie steht nicht länger aufseiten des Turms.«
    »Stehen wir etwa aufseiten des Turms?«, fragte ich, ohne auf die Nekromanten zu achten, die uns belauschten.
    »Du kennst die Antwort auf diese Frage.«
    Die kannte ich in der Tat. Wir hatten den Turm nie unterstützt, und auch jetzt beschritten wir einen anderen Weg als er – was aber nicht hieß, dass wir es mit denen hielten, die in diesem Moment über unser Leben bestimmten. Nein, wir standen allein da, standen für uns selbst, was immer eine gefährliche und nie eine besonders kluge Wahl ist: Jeder konnte uns seinen Feinden zuschreiben.
    Wir wurden in ein großes, helles Speisezimmer gebracht, das an die Küche anschloss. Es roch angenehm nach Minz-Shaf und frisch gebackenem Kuchen. Die Mitte des Raums nahm ein massiver rechteckiger Esstisch mit einer Spitzentischdecke ein, darauf stand eine Vase aus Porzellan mit einem Strauß gelber Narzissen. Woher zu Beginn des Herbstes diese Blumen kamen, war mir ein Rätsel. Neben der Vase schlief ein großer weißer Kater, die Schnauze auf eine Schale mit Obst gebettet. Über der kreiste eine Wespe, auf die jedoch niemand achtete.
    An dem Tisch saß mit dem Gesicht zur Tür ein Mann mit einem dichten, grauen Schnurrbart. Seine rechte Hand schmückte ein Ring mit einem großen Amethyst, der ihn als Adligen auswies. Ihm dürfte dieses Anwesen also gehören. Allerdings ließ sein Gesichtsausdruck darauf schließen, dass er sich über seine Gäste gar nicht

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