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Blitz sucht seinen Vater

Blitz sucht seinen Vater

Titel: Blitz sucht seinen Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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Abgründen vorbei, die Hunderte von Metern steil in die Tiefe fielen. Immer noch umgaben sie nackte Felswände und ragende Gipfel, einsam und Schauder erregend. Ohne die Sonne hätten die Wanderer jeden Anhaltspunkt für die Richtung verloren, da sich der Weg dauernd wand, während er immer höher führte.
    »Ein Fahrweg ist das gerade nicht«, knurrte Henry. »Und doch hat der schwere Wagen ihn passiert.«
    Der Boden bestand jetzt mehr aus Schiefer als aus Sand; nur hier und da fanden sich noch Huf- oder Radspuren. Aber sie hatten es nicht nötig, danach zu suchen, um den Beweis dafür zu haben, daß der Weg benutzt wurde, denn man sah, daß er an bestimmten Stellen befestigt worden war, um zu verhüten, daß die Erde bei schweren Regengüssen weggespült wurde. Demnach war jemand daran interessiert, den Weg passierbar zu halten.
    Die Sonne schien jetzt so heiß, daß Blitz heftig schwitzte. Auf seinem Fell verbanden sich Schweiß und Staub zu einer Kruste. Henry sagte: »Dieses mühsame Steigen wird ihn steif machen.«
    »Uns wird es auch zu Muskelschmerzen verhelfen.« Alec versuchte trotz seiner Ermüdung zu lachen.
    »Warum reitest du denn nicht? Dein Gewicht macht ihm doch nicht viel aus.«
    Alec schüttelte den Kopf: »Wenn du läufst, laufe ich auch. Es wäre etwas anderes, wenn wir uns beim Reiten abwechseln könnten.«
    Henry knurrte: »Und wenn ich über alle Berge der Welt kraxeln müßte, würde ich nicht versuchen, Blitz zu reiten! Du weißt doch genau, daß er mich nicht auf seinem Rücken duldet.«
    Alec antwortete nicht.
    Sie wanderten weiter. Stunde um Stunde verging, und der Himmel bewölkte sich. Auch der Wind machte sich wieder auf und wehte bald sehr heftig. Sie sprachen nicht länger miteinander, denn sie mußten den Mund fest geschlossen halten wegen des aufgewirbelten Sandes. Blitz verfolgte seinen Weg, ohne das Tempo zu ändern. Nur einmal bog er seitwärts ab, weil er einen schnell fließenden Gebirgsbach witterte. Dort trank er. Später, als es schon dunkel wurde, erreichten sie ein mit saftigem Gras bewachsenes Hochplateau, durch das ein kleiner Bach floß. Sie beschlossen, hier zu übernachten, im Schutz einer vorstehenden Felsklippe an einer gegen Westen gerichteten Bergwand. Alec band Blitz so an, daß er weiden und trinken konnte, und trug dann mit Henry alles Holz zusammen, das zu finden war, um ein Feuer zu machen.
    Sie wärmten sich daran, waren aber zu müde und zu niedergeschlagen, um sich zu unterhalten. Schließlich nahm Alec Fleisch und Brot aus der Satteltasche und reichte Henry die Hälfte. Dazu tranken sie Wasser, denn sie hatten nur noch eine Thermosflasche mit Kaffee.
    Als sie gegessen hatten, sagte Henry: »Ich lege mich hin, um zu schlafen. Hoffentlich rolle ich nicht ins Feuer.«
    Alec beobachtete noch eine Weile das Pferd und die am Himmel dahinjagenden Wolken. Er fühlte sich klein und verloren gegenüber der Unendlichkeit dort oben. Wo befanden sie sich, und wo würde dieses Abenteuer enden? Würden sie überhaupt zu irgendeinem Ziel gelangen? Er lauschte auf den Wind und auf das Rauschen des kleinen Baches. Dann ging er zu seinem Pferd und führte es näher an das Feuer heran, um es dort anzupflocken. Blitz stieß seinen Kopf gegen Alecs Brust, und der Junge legte eine Hand auf seinen Hals; die Nähe seines Pferdes gab ihm Trost und Kraft. Henry lag mit geschlossenen Augen neben dem Feuer. Alec legte noch einmal Holz nach und legte sich dann dicht neben seinen Freund. Er wollte wachbleiben, doch die Müdigkeit überwältigte ihn. Er schlief ein. Mitten in der Nacht erwachte er plötzlich. Das Feuer war fast erloschen, und auf dem Boden glitzerte Reif. Die Wolken waren fast alle verschwunden; am Himmel sah man den hell leuchtenden Mond und viele Sterne. Er sah schnell nach seinem Pferd, das bewegungslos auf dem weißbereiften Boden stand. Er sprang auf und trat zu ihm, obwohl er wußte, daß es seine Pflicht war, das Feuer wieder zu schüren. Das Rauschen des Bergbachs klang befremdlich laut in der Stille. Von weither erscholl ein Donnern; es mochte von einem Felsen herrühren, der in die Tiefe polterte. Aus den Schluchten dort unten kam Wolfsgeheul. Doch von allen diesen Lauten war er nicht aufgewacht, so von Unruhe erfüllt, daß er sofort zu seinem Pferd laufen mußte, wie um dort Schutz zu suchen. Henry schlief fest und schnarchte. Alec starrte in die Nacht hinaus, und ein Zittern überkam ihn. Er sagte zu sich selbst, er solle seinen Verstand zusammennehmen, es

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