Blitz und der Brandfuchs
Pferde in diesem Tal geweidet hatten. Überall fanden sich Hufspuren, und sie waren besonders tief eingedrückt an dem Fluß, der das kleine Tal durchfloß. Blitz blickte zärtlich zu seinen Stuten; einige tranken, andere weideten, einige stampften vergnügt den Boden. Sie stammten nicht aus der Wildnis, aber sie hatten sich rasch umgestellt. Zufrieden wieherten sie einander zu, standen auch freundschaftlich zu zweit beieinander und wedelten sich gegenseitig die Fliegen aus dem Gesicht.
Unruhig machte sich Blitz wieder daran, die von den anderen Pferden hinterlassenen Hufspuren zu untersuchen. Auch Pferdeäpfel lagen überall. Er bekam wieder die charakteristische Witterung des anderen Hengstes in die Nüstern, und sein Herz schlug schneller. Aufgeregt warf er sich nieder und wälzte sich auf der weichen Erde. Auf der höchsten Stelle der Wiese in der Nähe seiner Herde begann er mit kurzen, heftigen Rucken zu weiden, ging zum Wasser und trank ein paar Schluck, wobei seine Ohren unaufhörlich wachsam zuckten. Keinesfalls durfte er sich den Bauch mit Wasser füllen, seine Muskeln würden davon steif werden und sein Atem beschwert. Instinktiv wußte der Hengst das.
Dann umkreiste er seine kleine Herde, hier und da innehaltend, um ein Maulvoll besonders guter Gräser abzurupfen. Sein kohlschwarzes Fell glänzte prachtvoll in der späten Nachmittagssonne. Er war ein Abbild überwältigender Wildheit, kampfbereit bei der geringsten Herausforderung. Wieder blieb er stehen und witterte in den Wind. Seine empfindlichen Nüstern fingen die Spur eines Geruchs auf, der ihn alarmierte.
Er umkreiste seine Herde mit schnelleren Schritten, seine Muskeln bewegten sich mit der verhaltenen Kraft zusammengepreßter Sprungfedern. Er sah so aus, als ginge er auf einer Rennbahn an den Start; seine harten Hufe schlugen taktmäßig den Boden, nur Alec fehlte auf seinem Rücken. Auf einmal wurde er schneller. Sein Schweif wehte jetzt waagerecht hinter ihm. Seine lange Stirnlocke flatterte ihm in die Augen; gereizt warf er den Kopf hoch, um seine Stuten besser sehen zu können. Er schnaubte, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen; sie sollten seine unbändige Kraft bewundern.
Wieder warf er den Kopf auf und witterte in den Wind. Aber er suchte jetzt nicht den Geruch des Brandfuchses, sondern einen anderen, der ihm vertraut war, den er über alles liebte und den er schmerzlich vermißte.
Doch jetzt war er verschwunden, dieser Geruch, der ihn alarmiert hatte.
Schließlich senkte er den Kopf, um zu grasen; doch beständig blieb er wachsam, nie ganz sicher, nie ganz beruhigt.
Seine Stuten weideten friedlich, sie setzten volles Vertrauen in ihn, vor jeder Gefahr würde er sie beschützen. Als er sich ein Stück von ihnen entfernte, hörten sie sofort zu grasen auf, voller Sorge, verlassen zu werden. Sie legten die Ohren an und folgten dem Hengst eifrig. Keine wollte allein bleiben.
Der Rapphengst stand still, straff aufgerichtet, alle Sinne gespannt. Der Südwind wehte stärker von der See her, und obwohl der bestimmte Geruch noch mehrere Meilen entfernt war, erkannte Blitz ihn untrüglich. Jetzt brauchte er nicht mehr angestrengt nach einer kaum wahrnehmbaren Witterung zu suchen, jetzt traute er der Botschaft, die ihm der Wind zutrug.
Königlich aufgerichtet und selbstsicher stand er vor seiner Herde, Herr über alle, wild und frei! Doch trotz seiner Freude wurde ihm unbehaglich zumute, und die Stille des Tales wurde unterbrochen durch das beständige Schnauben seiner gegen den Wind witternden Nüstern. Er ließ den Stuten keine Warnung zukommen, aber er stieß signalähnliche Laute heraus, von denen sie und er selbst wußte, was sie zu bedeuten hatten.
Endlich setzte er sich in Bewegung. Rastlos umkreiste er seine Stuten, immer wieder anhaltend, um den Kopf aufzuwerfen und zu wittern. Dann warf er prüfende Blicke zu einem entfernten Felsen hinauf und lief wieder weiter. Als er an einer höher gelegenen Stelle angekommen war, blieb er erneut stehen, um seine Herde zu überblicken. Er sog die Luft tief ein und stieß sie wieder aus, ohne zu schnauben oder zu wiehern. Als eine der Stuten zu ihm kam, trieb er sie zurück. Im Trab umkreiste er dann das kleine Tal, als wäre er unschlüssig, was er tun sollte. Sobald die Stuten ihm folgen wollten, trieb er sie schreiend und beißend zurück.
Schließlich schien er einen Entschluß gefaßt zu haben. Im Galopp raste er um seine Herde und trieb sie in schneller Gangart am Fluß entlang zu der
Weitere Kostenlose Bücher