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Blitz und Pam

Blitz und Pam

Titel: Blitz und Pam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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Hopeful-Farm war auf Henrys volle Mitarbeit angewiesen, wenn sie die besten Pferde züchten und damit Rennen gewinnen wollte. Niemand konnte ihn ersetzen, was Können und Erfahrung betraf. Und das konnte Alec nicht aufs Spiel setzen, um ein Mädchen in der Stellung zu lassen, sosehr er dies auch wünschte.
    Pam würde es bestimmt verstehen, wenn er ihr alles erklärte. Mit ihren Fähigkeiten würde sie keine Schwierigkeiten haben, woanders Arbeit zu finden. Er durfte nicht das Gefühl haben, daß er ungerecht gegen sie war — oder gegen sich selbst.
    Er ging zum Trainingsstall und sah ihren Wagen daneben stehen. Die gemalten Blumen darauf würden Henry zweifellos in Wut versetzen, wenn er sie sähe. Aber er würde sie nicht sehen.
    Alec trat in den Stall und schritt die lange Stallgasse hinunter an den vielen Boxen vorbei, in denen die Zweijährigen standen, die jetzt trainiert wurden. Er blieb vor einer Box stehen und äugte zwischen den Stäben hindurch auf Black Sand. »He, Junge!« rief er sanft. »Komm her!«
    Der Hengst schüttelte sich und rührte sich nicht vom Fleck. Er senkte den langen Hals zum Wassereimer, aber er spielte mehr mit dem Wasser, als daß er davon trank, pustete hinein und spritzte es so in der ganzen Box herum, daß Alec auch noch etwas davon abbekam.
    »Na schön«, sagte Alec, nachdem er zurückgetreten war, »bis morgen früh denn!«
    Schon seit einer Weile hatte er von der darüberliegenden Wohnung leise Musikklänge vernommen. Jetzt blickte er zur Decke empor, um dann schnellen Schrittes zur Treppe zu eilen. Er hatte sich entschieden, und es war sinnlos, das hinauszuschieben, was er tun mußte. Er sprang die Treppe hinauf, immer zwei Stufen aufs Mal nehmend, als wollte er sich ja keine Zeit lassen, sich anders zu besinnen.
    Die Tür war angelehnt, als er anklopfte; sie öffnete sich dadurch noch etwas mehr. »Pam?« rief er. »Ich möchte Sie sprechen.«
    Er erhielt keine Antwort. Nur die Musik spielte leise weiter — ein Blues-Rhythmus, der sich, wie Alec wußte, bei den Jungen großer Beliebtheit erfreute, der ihm selbst aber nicht sehr vertraut war. Es erforderte Zeit und bedurfte einer Anstrengung, sich in die heutige Musik zu vertiefen, und er konnte sich weder das eine noch das andere leisten.
    »Pam!« rief er lauter und ungeduldiger. Er stieß die Tür halb auf, blieb aber auf der Schwelle stehen, um Pams Hausfrieden nicht zu stören. Das Licht brannte, und Alec traute seinen Augen kaum, als er die Veränderungen in der Wohnung sah. Die Möbel standen anders, und Bett und Stühle waren mit einem neuen, hellen Stoff überzogen. Überall standen Blumen — wilder Flieder, weiß-rosa Hartriegel, Hahnenfuß und Löwenzahn - in Vasen, Gläsern und selbst in Papierbechern. An den Wänden hingen alle möglichen Posters: psychedelische Kunst in wilden Farben und Formen, Wellenreiter in der Biegung einer gigantischen Welle, Rock-Gruppen, Jazz-Gruppen, Blues-Gruppen und Musikfestivals.
    Alec gab es einen Stich ins Herz, als er daran dachte, was geschehen wäre, hätte Henry das gesehen.
    »Pam!« rief er nun laut. »Sind Sie hier? Ich bin’s — Alec!«
    Die Musik brach ab, und der Koffer-Plattenspieler schaltete automatisch aus. Alec trat ins Zimmer. Die Wohnung bestand aus einem kombinierten Schlaf/Wohnraum und einer Küche am andern Ende, die durch eine große spanische Wand abgetrennt war. Pam hatte über diese Wand ein großes Fischernetz mit Schwimmkorken gehängt und allerhand Muscheln und Schleier von Spanisch Moos dreingelegt. Er fragte sich, wie Pam das alles mit sich schleppen konnte, wohin sie auch ging — die Muscheln, Posters und alles andere im Raum.
    Alec ging zu dem Polstersessel, der beim Plattenspieler stand. Sie mußte gelesen haben, denn auf dem Tischchen daneben lag ein Taschenbuch und stand ein halbleeres Glas Milch. Er warf einen Blick auf den Titel des Buches: »Ausgewählte Gedichte (1956—1968)« von Leonard Cohen. Neben dem Sessel waren weitere Bücher fein säuberlich aufgestapelt. Alec wußte nicht, was ihn bewog, sich zu setzen und ein Buch nach dem andern in die Hand zu nehmen. War es, weil er versuchen wollte, Pam in der noch verbleibenden kurzen Zeit besser kennenzulernen?
    »Die gesammelten Werke von Lewis Carroll«. Es erstaunte ihn, daß er nur zwei Geschichten kannte — »Alice im Wunderland« und »Alice hinter den Spiegeln« — , wo es ihrer anscheinend noch so viele und dazu noch Gedichte gab. Er hob die anderen Bücher auf: »Herz der

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