Blitz und Pam
Drohungen, sie würden grob behandelt, einschüchtern oder — wenn sie Pferde trainierten — durch die Drohung, man werde sie in den Zaun reiten. Doch, Alec mußte sich eingestehen, daß es hier große Unterschiede gab — je nach Arbeit. Die Frauen kamen in allem an die Männer heran, nur in der rohen Kraft, die man auf der Rennbahn eben oft brauchte.
Und dennoch waren die Frauen nötig und für diese Arbeit geeignet. Sie durften nicht einfach ausgeschaltet werden, wie dies Henry und auch andere wünschten. Es gab keine »Nur-für-Männer«-Arbeit, wenn es um Liebe, Fürsorge und Geschicklichkeit im Umgang mit Pferden ging. Was gab den Männern eigentlich das Recht, so zu denken, wie sie es taten? Vorurteile gegen das andere Geschlecht waren genauso verwerflich wie rassische oder religiöse Voreingenommenheit, fand Alec.
Langsam kehrte sein Blick zu Henry zurück. Brauchte er wirklich mit ihm einigzugehen, nur weil das der Trainer von ihm erwartete?
»Wir haben selbst ein Mädchen angestellt«, hörte sich Alec ruhig sagen.
»WAS?«
»Ich habe gesagt, wir haben ein Mädchen angestellt. Sie ist auf der Farm und trainiert die Zweijährigen. Ich mußte den Neuen fristlos entlassen; er war betrunken.«
Lange Zeit sagte Henry nichts, und das Stillschweigen war mit Spannung geladen. Schließlich fragt er: »Aber warum zum Kuckuck mußtest du dafür ein Mädchen anstellen?« Es war offensichtlich, daß er das ganz und gar nicht verstehen konnte. »Ich hab’ dir doch hundertmal erklärt...«
»Ich weiß«, unterbrach ihn Alec, »und ich hab’ es hundertmal gehört.« »Und du hast sie trotzdem angestellt?«
»Sie kann etwas, und außerdem ist sie auf der Farm — nicht hier.« »Aber sie wird ein Tages hier sein«, brauste Henry auf. »Das ist es ja, was sie alle wollen — alle, ohne Ausnahme. Sie braucht dich nur als Hintertür, damit sie eines Tages hierherkommen kann.
»Nein, sie nicht! Außerdem will sie die Stelle nur für eine gewisse Zeit. Sie hat gesagt, sie werde bald weiterziehen«, fügte Alec eifrig bei.
»Ah so, sie wird bald weiterziehen, he?« sagte Henry. »Also eine von diesen entwurzelten, umhervagabundierenden Jungen. Die Art kenne ich — und das sind die Schlimmsten! Verwöhnte Töchter aus dem Mittelstand und den oberen Zehntausend Amerikas — voller romantischen Selbstmitleids und romantischer Eitelkeit.«
»Wie kannst du das bloß sagen, wenn du sie noch nicht einmal gesehen hast?«
»Ich sagte dir doch, ich kenne die Art. Eine gute Tracht Prügel, als sie noch klein war, hätte es jedermann erspart, sich mit ihren Flausen abgeben zu müssen, und hätte auch bewirkt, daß sie zu Hause bleibt, wo sie hingehört. Jedenfalls bei uns wird sie ihre emotionellen Probleme nicht los. Warum hast du dich bloß auf so etwas eingelassen, Alec?«
»Es bedurfte keiner weltbewegenden Entscheidung, sie anzustellen. Sie versteht ihre Sache und ist für die Stelle geeignet.«
»Und hübsch?« wollte Henry wissen. »Ich wette, sie ist hübsch.«
»Ja, das auch«, gab Alec zu. Er wußte, daß Henry die Schönheit eines Mädchens als das Wesentliche seines weiblichen Werts betrachtete. Henry kicherte. »Also darum hast du sie angestellt! Jetzt versteh’ ich.« Er legte Alec jovial den Arm um die Schultern, wie um damit sein Verständnis für Alecs männliches Verhalten gegenüber einem attraktiven Mädchen kundzutun. »Aber du solltest all das vom Geschäftlichen trennen«, ratschlagte er so von Mann zu Mann. »Es ist eine äußerst verantwortungsvolle Aufgabe, sich mit den Zweijährigen zu befassen, wenn sie auf Rennform gebracht werden sollen. Ein unerfahrener Reiter kann sie überreiten und ihre Rennlust zunichte machen. Das weißt du so gut wie ich, Alec. Du sagt diesem Mädchen lieber gleich, es solle weiterziehen, und zwar bald. Sag es ihr heute abend! Ich werde unterdessen hier zum Rechten sehen. Es gibt ja jetzt ohnehin für ein paar Tage nicht soviel zu tun. Tu, was du tun mußt, und für heute abend viel Vergnügen!« Noch immer mit einem Lächeln auf den Lippen zwinkerte er Alec verständnisvoll zu, so von einem Mann zum andern.
»Du hast sie noch nie reiten sehen«, sagte Alec ruhig, »und trotzdem willst du sie einfach loshaben.«
»Ich will sie nicht auf der Farm«, berichtigte Henry. »Es ist nicht meine Sorge, wo sie hingeht, aber das Wohl der Hopeful-Farm ist meine Sorge.«
Seine Stimme war die Stimme der Autorität, und er erwartete sichtlich, daß sich Alec dessen voll bewußt
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