Blitz und Pam
keck, aber er war es nicht — ebensowenig wie es die anderen waren. Die Rennreiterei war alles andere als ein leichter Weg, sich sein tägliches Brot zu verdienen.
Blitz schnaubte, als er all den Aufruhr sah und hörte, und dann bäumte auch er sich. Alec brachte ihn wieder hinunter, aber es war für ihn nicht leichter, als es für Mike gewesen war.
Im äußersten Abteil machte sich Sailor, ein langgliedriger Brauner mit 104 Pfund Zusatzgewicht, bemerkbar; dann wurde er wieder ruhig. Er hatte eine gute Renngeschichte. In allen seinen Rennen über 1600 Meter und mehr war er stets einer der ersten gewesen. Alec aber fürchtete nicht so sehr das Pferd als vielmehr seinen Jockey Pete Edge. Pete vermochte wie kein zweiter Jockey im Lande ein Pferd richtig einzuschätzen. Sailor war der dritte Favorit des Tages, dies mehr wegen Pete als wegen des Pferdes. Pete war ein Draufgänger — als Jockey und als Mensch — , und jedermann ging ihm hübsch aus dem Weg. Er war breit gebaut und ungemein stark. Sein linkes Augenlid hing leicht herunter, und etwas unterhalb des Auges hatte er eine lange Narbe — Spuren, die stählerne Hufeisen auf seinem Gesicht hinterlassen hatten. Er sah dadurch besonders hart und zäh aus, und das war er auch. Kein anderer Jockey in ganz Amerika hatte es fertiggebracht, so viele Rennen zu gewinnen, in denen seine Chancen so gering waren.
Alec sah, wie Pete sein Pferd mit einem Stoß in den Bauch aufzurütteln versuchte. Sailor war zu ruhig für den bevorstehenden Start, und Pete, wie es den Anschein machte, fürchtete, sein Pferd würde noch einschlafen. Die beiden würden wohl langsam vom Start abkommen, dachte Alec, aber bei der nächsten Runde würde er sie in seiner Nähe haben. Plötzlich brach Brush Fire durch das Gatter seines Abteils, aber er kam nicht weit: Der rotgekleidete Vorreiter schnitt ihm sogleich den Weg ab und faßte ihn unweit der Startmaschine. Alec schaute ihnen zu, wie sie zurückkamen. Becky sah unter den Pfiffen und Buh-Rufen, die von den Tribünen herabtönten, recht kleinmütig aus. Sie war mit Helm und Schutzbrille ausstaffiert und hatte rein gar nichts Weibliches an sich; in dieser Aufmachung hätte sie nie jemand für ein junges Mädchen gehalten.
Die wartenden Pferde konnten ihre Beine keinen Moment stillhalten, ja einige von ihnen absolvierten ihr Rennpensum bereits im Startgatter. »Bleib schön still«, sprach Alec seinem schwarzen Hengst zu. »Laß die andern ihre Possen treiben, aber du benimm dich wie der große Kämpfer, der du bist.« Alec spürte die schweren Bleigewichte unter seinen Knien. Sie waren vorne auf dem Widerrist — genau wie es sein mußte — plaziert. Die Unterlage war fest angeschnallt und konnte während des Rennens weder hin- und her- noch vor- und zurückrutschen; auch wenn Blitz in vollem Fluge war, würde sie an Ort und Stelle bleiben.
Der Starter hatte es heute wirklich nicht leicht, die Pferde abzulassen, denn nun wand sich Sun Dancer in seinem Abteil, und Mario Santos stieß ihn mit den Füßen, in der Absicht, ihn geradezurichten. Doch er machte damit alles nur schlimmer.
»Man pufft Pferde auch nicht einfach so herum«, dachte Alec. »Sie können, eh’ man sich’s versieht, wild werden und einem Jockey zeigen, wie klein und schwach er ist.«
Marios Haut war ganz straff über die hohen Backenknochen gespannt, was seine Augen noch tiefer liegend und durchbohrender erscheinen ließ. Er sah wild und wütend und hungrig aus. Die mageren Jahre in Puerto Rico hatten ihn gezeichnet. Rennerfolg bedeutete Mario viel, und Sun Dancer war das beste Pferd, das zu reiten er verpflichtet worden war. Er gedachte nicht, sich eine solche Gelegenheit entgehen zu lassen.
Sun Dancer scheuerte sich an den Wänden seines ausgepolsterten Abteils, und ein Bahnhelfer kletterte über den Rahmen, um Mario behilflich zu sein.
Alec war sich völlig bewußt, daß Mel Miller Brush Fire und Sun Dancer zusammen einsetzte, damit Blitz geschlagen werden konnte. Es war ein offenes Geheimnis, daß Miller Brush Fire mit seinem brillanten Speed als »Kaninchen« brauchen wollte, das Blitz zu einem rasanten Verfolgungstempo mitreißen sollte, und später würde Sun Dancer mit seiner großen Ausdauer in der Zielgeraden heranrücken und die Verwirklichung des Plans, den Champion zu schlagen, zu Ende führen.
Zwei gegen einen. Alec fürchtete sich nicht vor einer solchen Rennstrategie. Er würde beschließen, was zu tun war, wenn er sah, welches Tempo Brush Fire
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