Blitz und Vulkan
wurde, hatten sie die zu dieser Zeit leeren Straßen New Yorks passiert, und als der Morgen heraufdämmerte, hatten sie schon die Hälfte des Weges nach Albany zurückgelegt.
„Wie lange fahren wir noch, Henry?“ wollte Alec wissen.
„Wir werden nicht vor Mittag anlangen“, gab Henry zurück. „Die Rennbahn für das Internationale liegt fast 70 Kilometer nördlich von Albany. Sie ist neu angelegt, wie du weißt. Sie sind gerade erst damit fertig geworden.“
„Wie ist die Rennbehörde eigentlich darauf gekommen, dieses große Rennen dort laufen zu lassen, Henry? Warum nicht in Belmont oder auf einer der anderen Bahnen, die in der Nähe einer Großstadt liegen?“
„Das weiß ich nicht. Aber ich vermute, weil die Bahn bei Albany ganz neu ist. Schließlich kann man ja einer neuen Rennbahn keinen schöneren Auftakt geben, als ihr die Patenschaft für ein Rennen von solcher Bedeutung zu übertragen.“ Henry schaltete die Scheinwerfer aus, denn inzwischen war es hell genug geworden.
Gegen zehn Uhr schlängelten sie sich durch den starken Verkehr der Stadt Albany und verließen die Stadt wieder in nördlicher Richtung. Nach einem Blick auf seine Uhr sagte Henry: „Um die Mittagszeit werden wir da sein, genau, wie ich dir’s sagte.“
Die Landschaft wurde jetzt langsam hügelig, und nach kurzer Zeit sahen sie in der Ferne die gewaltigen Zacken des Adirondack-Gebirges auftauchen. Alec lehnte sich behaglich in seinem Sitz zurück. „So finde ich das Leben schön“, sagte er.
Henry warf ihm einen kurzen Blick zu und sah dann wieder auf die Landstraße.
„Ich meine, wenn wir drei wieder vereinigt sind“, erklärte Alec, „ganz wie es war, ehe die Öffentlichkeit etwas von uns wußte.“
Henry nickte: „Ich verstehe dich, Alec. Es gibt nichts Herrlicheres, als ein Pferd so vorzubereiten, wie wir es mit Blitz getan haben... und mit Vulkan ebenfalls..., um es dann in einem großen Rennen herauszubringen, ohne daß jemand ahnt, was für einen Star man in der Hand hat.“ Henry machte eine Pause und sah dann Alec wieder an. „Sobald es aber einmal soweit ist, muß man sich mit der Öffentlichkeit abfinden und ihr den üblichen Tribut zahlen.“
Blitz schob seinen Kopf durch das Fenster, und Alec streichelte ihn, während er antwortete: „Mag sein! Aber jetzt bin ich erst einmal glücklich, daß wir eine Woche lang ganz für uns allein sein werden. Du hast doch gesagt, es würde gut eine Woche dauern, nicht wahr, Henry?“
„Es ist so verlautbart worden. Ich hörte, daß Phar Fly, das australische Pferd, gestern in Kalifornien angekommen ist. Doch fliegen sie es nicht vor nächster Woche nach hier. Auch El Dorado, der südamerikanische Champion, ist bereits auf dem Weg; er wird einer der ersten sein, die eintreffen. Die europäischen Pferde und Kashmir, der in England war, kommen alle zusammen auf demselben Schiff, sie werden Ende nächster Woche ankommen, wenn alles klappt. Und Vulkan lasse ich, wie ich dir schon sagte, Anfang der Woche herschicken.“
„Ich bin gespannt, ob Blitz und Vulkan sich erkennen werden?“
Henry lächelte. „Sie wissen nichts mehr voneinander. Vulkan war erst ein paar Monate alt, als man sie trennte!“
Alec drehte sich zu Blitz um. „Auf alle Fälle wird es interessant sein, die beiden zusammen zu beobachten.“
„Jaja, mächtig interessant“, brummte Henry mürrisch.
Während der nächsten Stunde fuhren sie durch viele kleine Städte im Adirondack-Vorgebirge. „Nun bloß noch einige Kilometer“, bemerkte Henry.
Alec hantierte an seiner Stoppuhr, drückte den Knopf und verfolgte den Sekundenzeiger, wie er das Zifferblatt umkreiste. Dann sah er Henry an. „Hast du deine Stoppuhr bei dir?“
Henry griff in die Tasche, holte seine Uhr heraus und gab sie Alec, der nun beide Knöpfe zu gleicher Zeit drückte.
„Ist deine Uhr nicht in Ordnung?“ fragte Henry.
„Ich bin nicht ganz sicher, ich will beide rasch vergleichen.“
Als der Zeiger von Henrys Uhr zwei Minuten anzeigte, stoppte Alec beide. Er stellte fest, daß die seinige ebenfalls genau zwei Minuten registrierte.
„Wie bist du darauf gekommen, daß deine nicht stimmen könnte?“ erkundigte sich Henry, ohne Alec dabei anzusehen.
„Ach, ich wollte nur einmal nachprüfen, ob sie genau geht, um sicher zu sein.“
Henry schwieg einige Minuten, dann sagte er: „Du hast mir übrigens noch gar nicht erzählt, aus welchem Grund du Blitz eigentlich an jenem Morgen im Park hast galoppieren lassen?“
„Du
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