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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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zusammensetzen. Außer den Dingen,
die… (Pause). Wie nennt man das, wenn man Tiere im Labor
aufschneidet?
    A.J.: Sezieren?
M. S.: Sezieren, genau! Trotzdem glaube ich nicht, daß er
die Dinge, die er seziert hat, wieder zusammengekriegt hat.
(Lachen). Obwohl ich ganz sicher bin, daß er es versucht hat.
Ach, ich möchte wetten, daß er es versucht hat!
    Anne ließ die Textstelle auf dem Monitor stehen. Sie starrte
darauf und dachte nach. Was wäre gewesen, wenn Maybelle
Swinney bei dem Interview damals nicht an dieser Stelle
gelacht hätte, als sie Kraven praktisch unterstellt hatte, sezierte
Tiere wieder zusammensetzen zu wollen? Hätte sie sich dann
mehr Gedanken über diese Äußerungen gemacht?
    Vielleicht, vielleicht auch nicht.
Aber wenn es genau das gewesen war, was er versucht hatte?
In diesem Moment nahm eine neue Idee Gestalt in ihr an, doch
die war so abscheulich, daß sie sie sofort wieder verwerfen
wollte. Falls…
»Mom?«
Erschrocken durch die unerwartete Unterbrechung, sprang
Anne auf und rieb sich kurz die brennenden Augen, bis sie
Kevin, der an der Tür stand, deutlich vor sich sah. »Kevin!
Hast du mich erschreckt!«
»Was machst du?« fragte der Junge und kam näher.
Anne nahm die Maus, klickte einige Male darauf und schloß
die Akte. »Nichts Besonderes.« Dann fragte sie so gleichgültig
wie möglich: »Na, wie war’s beim Fischen? Hat es dir
gefallen?«
Kevin gab sich reichlich zurückhaltend. »Na ja, ich glaub’
schon«, sagte er.
»Du glaubst schon? Was soll das denn heißen?« Kevin
schaute sich um, und Anne brauchte eine volle Sekunde, bevor
sie begriff, daß er sich nach seinem Vater umsah. Also hatte sie
recht gehabt: es war etwas passiert! »Hör zu. Ich muß noch
eine Besorgung am Pioneer Square machen. Wie wär’s? Willst
du nicht mitkommen? Dann kannst du mir auf dem Weg alles
über eure Angeltour erzählen.«
Kevins Gesicht hellte sich sofort auf. »Gehen wir auch zu
dem Laden, wo’s die Drachen gibt?«
»Mal sehen. Hol deine Jacke, ich sage inzwischen deinem
Vater Bescheid.«
    Die Nachmittagssonne verblaßte schon und verlieh dem
Pioneer Square ein trostloses Aussehen, das der Sprühregen,
der aus den schiefergrauen Wolken fiel, noch verstärkte.
»Wann gehen wir endlich heim?« klagte Kevin und packte mit
der einen Hand seinen neuen Drachen, während er sich mit der
anderen dem Griff seiner Mutter entwinden wollte. »Gleich«,
versprach Anne. Aber das sagte sie jetzt schon zum dritten
Mal, und sie konnte sich leicht ausrechnen, dass ihr Kevin das
nicht mehr abnahm. Und warum auch? Sie liefen ständig in der
Gegend herum, während Anne eine Person nach der anderen
fragte, wo sie Sheila Harrar finden konnte. Schließlich hatte sie
ihre Suche bei dem Spielwarengeschäft unterbrochen, das die
Drachen verkaufte. Aber dieser Halt sollte nur Kevins
Aufmerksamkeit von der gesuchten Frau auf den Drachen
lenken, den er jetzt natürlich unbedingt steigen lassen wollte.
    Die Unterhaltung über die Angeltour war ebenso unergiebig
gewesen wie die Suche nach Sheila Harrar. Alles, was sie aus
Kevin herausbekommen hatte, war, daß Glen sich »ein bißchen
komisch« benommen hatte. Aber mehr hatte sie ihm nicht
entlocken können. »Ich weiß nicht«, war Kevins ständige
Antwort gewesen, gleichgültig, wie sie ihre Fragen formulierte.
»Er hat mich mal komisch angesehen, das war alles. Und dann
hat er gesagt, ich solle weiter weggehen und allein angeln.«
»Allein? Er hat dich wirklich ganz allein losgeschickt?«
    Kevin nickte. »Dann ist er über den Fluß gegangen und hat
in irgendwelchen Steinen rumgewühlt. Ich wollte zu ihm
kommen und ihm dabei zuschauen, aber er hat’s mir verboten.
Danach sind wir heimgefahren.«
    Das war alles. Doch es hatte gereicht, um Anne sehr zu
beunruhigen.
In der Zwischenzeit war der Regen stärker geworden. Am
Himmel zuckten Blitze, auf die sofort Donnerschläge folgten,
und Anne fragte sich, ob sie die Suche nach Sheila Harrar nicht
lieber abbrechen sollte. Wenn sie morgen früh wiederkäme,
könnte sie die Frau vielleicht in ihrem Zimmer erwischen. Sie
wollte schon zum Parkplatz zurückgehen, als sich eine
bekannte Gestalt von einer Bank erhob und zur Grand Central
Arcade schlurfte. Anne nahm Kevin an der Hand und ging ihr
hinterher.
»Mrs. Harrar?« rief sie. »Sheila?« Die Frau hielt an, drehte
sich langsam um, und einen Moment lang dachte Anne, sie
hätte sich getäuscht. Doch dann lächelte die

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