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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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lange warten, denn da hörte er auch schon
den schweren Schritt dickbesohlter Schuhe auf Holzstufen, die
zögernd den Weg durch die Dunkelheit ertasteten. Der
Experimentator kombinierte logisch. Wer immer die Stufen
herabstieg, er kannte ihn nicht.
Also war es ein Fremder, der nicht dorthin gehörte.
Vielleicht hatte ihn das Geräusch von jemandem geweckt,
der sich Zugang in das Nachbarhaus verschafft hatte. Aus
langer Erfahrung wußte er, daß es möglich war, bei Lärm
schlafen zu können, wenn es sich dabei um vertraute Geräusche handelte, während dagegen ein unbekannter Laut einen
wachsamen Geist sofort aus dem Schlaf zu wecken vermochte.
Und er hatte zeit seines Lebens einen wachsamen Geist
besessen. Obgleich er sich nach wie vor nicht rührte, war jetzt
sein Interesse erregt. Er verharrte weiter im Schatten und
wartete darauf, daß sich der Eindringling zeigen würde.
Es erschien eine dunkle Gestalt, die eine Last trug. Zuerst
war sie eine graue, gestaltlose Masse, die in der Dunkelheit
kaum zu erkennen war. Doch als sich die Gestalt vom Haus
entfernte, kam sie dem trüben Licht näher, das über einem
engen Flur leuchtete. Im Niemandsland zwischen zwei Hin
terhöfen wurde der Störenfried sichtbar.
Es war ein Mann. Die Last, die er trug, war für den Beobachter in der Dunkelheit sofort zu erkennen.
Ein Körper.
Es war ein unverhüllter menschlicher Körper, aus dem das
Blut auf den Boden tropfte.
Als der Mann mit seiner Last noch näher zum Licht kam,
spannte sich jeder Muskel des Experimentators.
Der Körper war nackt – er hatte seine Opfer ja auch immer
entkleidet.
Der Brustkorbs war zwar geöffnet worden, aber der Chirurg
hatte nicht gut gearbeitet. Die Brusthöhle schien unbeholfen
aufgehackt worden zu sein. Von seinem Standort aus konnte
der Experimentator sehen, daß eine der beiden großen Brüste
der Frau fast abgeschnitten war.
Aber der Mann, der die nackte Leiche trug, war vollständig
bekleidet, und sogar in dem schlecht beleuchteten Flur konnte
der Experimentator die Blutspritzer auf seinem Hemd und den
Hosen erkennen.
Der Experimentator betrachtete die Szenerie voller Verachtung, aber sein Verstand arbeitete und begann langsam
Zusammenhänge herzustellen.
Der Leichnam war nackt.
Die Brust war aufgeschnitten.
Und zwar auf sehr brutale Weise, was sogar für die Augen
eines Laien erkennbar war. Im Vergleich zu seinen eigenen
Experimenten war das jedenfalls Pfusch.
Heute hatte in der Zeitung ein Artikel über eine tote Prostituierte gestanden. Wie hieß sie doch noch? Shawnelle
Sowieso… Den Artikel hatte die Frau geschrieben, die genau
in diesem Haus wohnte und in diesem Moment oben schlief.
In ihrem Artikel hatte Anne Jeffers angedeutet, daß der Mord
an Shawnelle eine Kopie seiner Arbeit gewesen sein könnte.
Die Polizei hatte das abgestritten.
Wenn die Polizei irrte, und wenn der Mann, der gerade das
Resultat seiner Arbeit davonschleppte, die Aufmerksamkeit auf
seine Taten hätte lenken wollen, warum klopfte er dann nicht
gleich bei der Reporterin, die darüber berichtete? Weshalb
legte er dann eine Spur aus Blut? Das gab keinen Sinn, oder
war das eine unbewußte Handlung, um entlarvt zu werden?
Da fiel der trübe Lichtschimmer dem Mann voll aufs
Gesicht, und der Experimentator erkannte ihn sofort.
Jetzt paßten die Puzzlestücke zusammen. Zornentbrannt ging
der Experimentator ins Haus zurück.
33. Kapitel
    Anne Jeffers hatte ein bleiernes Gefühl im Körper, als ob sie
überhaupt nicht geschlafen hätte. Dennoch mußte sie
geschlafen haben. Sie erinnerte sich nämlich deutlich daran,
daß es zweiundzwanzig Uhr dreißig gewesen war, als sie das
letzte Mal auf die Uhr geschaut hatte. Sie war aufgeregt gewesen und hatte sich Sorgen über Glen gemacht. Aber als sie im
grauen Morgenlicht sein Gesicht betrachtete, schien alles mit
ihm in Ordnung zu sein. Im Schlaf sah er genauso aus wie
immer, das Gesicht rein und faltenlos, seine Lippen zu einem
leichten Lächeln geformt, als ob er einen schönen Traum
genießen würde. Als er sich dann bewegte und das Lächeln
verschwand, stürmten alle Sorgen der vorigen Nacht wieder
auf sie ein. Instinktiv erstarrte sie, als könne sie durch ihre
bloße Regungslosigkeit sein Erwachen verhindern.
    Wie konnte sie nur so etwas denken?
Schon von jeher – oder zumindest bis zu seinem Herzinfarkt
– waren die frühen Morgenstunden Annes und Glens
    Lieblingszeiten gewesen. Sogar früher, als die Kinder zu klein
gewesen waren, als daß man sie

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