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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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denn Mom?« In Kevins Frage schwang ein derart vorwurfsvoller Unterton mit, als glaubte er, seine Mutter sei entführt, wenn nicht gar ermordet worden.
    »Sie joggt nur im Park«, erklärte ihm Glen und schüttete
seinem Sohn ein Glas Orangensaft ein.
»Aber dann müßte sie doch schon längst wieder zurück
sein!«
Glen warf einen Blick auf die Backofenuhr. Obwohl er es
nicht zugeben wollte, wußte er, daß Kevin recht hatte. Früher,
vor seinem Herzinfarkt, hatte sie gewöhnlich nie mehr als eine
halbe Stunde gejoggt, fünfundvierzig Minuten, wenn es hoch
kam. Selbst wenn die Digitaluhr nicht ganz genau ging, war
Anne jetzt schon mehr als eine Stunde unterwegs. Er war ganz
sicher, daß er auch wußte, weshalb, doch das wollte er Kevin
nicht sagen. Vom Anfang ihrer Beziehung an hatten er und
Anne sich geschworen, über Eheprobleme nie im Beisein der
Kinder zu sprechen. Aber selbst wenn er Kevin davon hätte
erzählen wollen was heute morgen zwischen ihm und Anne
vorgefallen war, hätte er das wohl kaum gekonnt. In Wahrheit
war er ja nicht er selbst. Als er aufgewacht war und sie ihn
angesehen hatte, hatte er gedacht, sie sei immer noch verärgert
über ihn. Doch danach hatten sie sich geliebt, und für einige
Minuten war es ihm vorgekommen, als ob alles wieder beim
alten wäre. Aber als sie ihm dann vorgeworfen hatte, er sei
»völlig von der Rolle« gewesen, war er in die Luft gegangen.
Es stimmte. So unrecht hatte sie gar nicht – er wußte selbst
nur zu genau, daß er nicht mehr der Mann war, den sie einmal
geheiratet hatte. Aber anstatt die ihm unerklärlichen Blackouts
und seine Angst davor einzugestehen, hatte er so getan, als
wollte er lediglich die ärztlichen Ratschläge befolgen und gab
vor, daß alles mit ihm in bester Ordnung sei. Es war aber nicht
so, daß er ihr etwas verheimlichen wollte. Im Gegenteil. Er
hatte sich sogar schon die Worte für seine Beichte
zurechtgelegt.
Doch als er schon reden wollte, hatte etwas in ihm ihn
zurückgehalten. Eine Stimme in seinem Kopf hatte ihm zugeflüstert: Willst du wieder ins Krankenhaus zurück? Willst du,
daß sie dich für verrückt hält? Diese Warnung hatte genügt,
um zu schweigen, obwohl er wußte, daß er Anne sich damit
entfremdete, sie anlog und ihr das Vertrauen entzog.
Natürlich wollte sie alleine joggen und natürlich hatte sie
sich zu einer Extrarunde um das Staubecken entschieden. Er
konnte fast hören, wie sie im Park mit sich selbst sprach und
ihrem Zorn freien Lauf ließ, anstatt ihn zu Hause an ihrer
Familie auszulassen. Wenn sie schon so entgegenkommend
war, war es für ihn doch das Mindeste, sich anzuziehen und ihr
Frühstück zu machen. Dann wüßte sie immerhin, daß er kein
Invalide war, der sein restliches Leben im Bademantel
herumlaufen wollte.
»Bis du dein Frühstück gegessen hast, ist sie wahrscheinlich
längst wieder zurück«, sagte Glen zu Kevin, als auch Heather
in die Küche kam. Sie schenkte sich Kaffee ein und setzte sich
an ein Kreuzworträtsel, das Glen schon angefangen hatte.
»Eigentlich wollte ich es lösen, falls du nichts dagegen hast«,
beschwerte er sich bei seiner Tochter.
Heather zuckte die Schultern. »Bis jetzt hast du nur zwei
Wörter geschafft, von denen auch noch eins falsch ist. Wenn
man nicht mit Tinte schreibt, gilt es übrigens nicht.«
»Etwas ist mit Mom passiert«, verkündete Kevin.
Heather sah auf, schaute erst ihren Bruder, dann ihren Vater
an. »Ist sie krank?«
Glen seufzte hörbar und schaute wieder auf das Rätsel.
»Nichts ist mit ihr passiert. Ihr geht’s gut. Sie joggt heute morgen nur ein bißchen länger als sonst, das ist alles.«
»Das heißt, sie haben sich gestritten«, übersetzte Heather
ihrem Bruder.
»Wir hatten keinen Streit«, entgegnete Glen. »Warum glaubt
mir denn niemand was?«
»Weil Erwachsene Kinder immer anlügen«, machte Kevin
ihm klar. »Justin Reynolds hat es mir gesagt. Und warum darf
Mom allein in den Park, ich aber nicht?«
»Eben weil sie erwachsen ist.« Glen beugte sich zu Kevin
und warf ihm einen spöttischen Blick zu. »Du kannst Justin
Reynolds ausrichten, daß Erwachsene auch immer alleine
joggen dürfen.«
Kevin kicherte, doch dann meldete sich Heather wieder zu
Wort: »Vielleicht sollten wir doch nach ihr sehen. So lange war
sie noch nie unterwegs. Was ist, wenn wirklich was passiert
ist?«
Glen merkte, daß die Kinder die Oberhand gewannen. Wenn
Anne nicht innerhalb der nächsten fünf Sekunden zur

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