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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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zweiten Mal an diesem Tag einige Blocks weiterging,
wußte er, was er dort finden würde.
Ein dunkles, völlig leeres Haus.
Aber als er dort ankam, war das Haus keineswegs dunkel. In
zwei der unteren und in einem der oberen Räume brannte
Licht. Der Mann trödelte auf dem Gehsteig der anderen
Straßenseite herum und beobachtete das Haus. Um genau
zweiundzwanzig Uhr gingen die drei Lichter aus, dafür wurde
es im Obergeschoß hell. Alles geschah gleichzeitig.
Der Mann lächelte. Entweder hatten drei Leute gleichzeitig
das Licht ausgeschaltet, oder aber die Beleuchtung war mit
einem Zeitschalter gekoppelt. Der Mann ging rasch über den
Volunteer Park, wo er ein Münztelefon fand. Er wählte Joyce
Cottrells Nummer ein letztes Mal.
Wie zuvor klingelte das Telefon, doch niemand nahm ab.
Joyce Cottrell lebte also allein.
Er ging zu dem leeren Haus zurück und suchte nach einer
Möglichkeit, wie er hineingelangen könnte.
Es dauerte keine Minute, dann hatte er sie gefunden.
Joyce Cottrell hatte den Zweitschlüssel nie aus dem Versteck
entfernt, wo ihre Mutter ihn stets hinterlassen hatte: unter der
Fußmatte an der hinteren Veranda. Das war genau dieselbe
Stelle wie bei seiner Mutter und Hunderttausenden anderer
Mütter.
Dem Mann gefiel Joyce Cottrells Haus. Es war das größte, in
dem er je gewesen war – sein ganzes Appartement hätte allein
im Wohnzimmer Platz gehabt –, und es sah innen überhaupt
nicht so aus, wie er es sich vorgestellt hatte. Das Appartement
von Shawnelle Davis hatte genauso ausgesehen, wie man es
von einer Nutte erwartet – die Möbel waren ebenso billig wie
Shawnelle selbst. Aber Joyce Cottrell besaß hübsches Mobiliar,
und alles sah so sauber und gepflegt aus.
Der Mann schlich langsam im Haus herum, schaute sich
alles genau an, berührte aber nur einen einzigen Gegenstand.
Die Zeit verging, und bald mußte Joyce Cottrell von der Arbeit
nach Hause kommen. Er ging ins Schlafzimmer und versteckte
sich in ihrem Kleiderschrank. Dort stieg ihm der Geruch von
Duftkissen in die Nase. Die Süße des Lavendels löste bei ihm
sofort eine Erinnerung an seine Kindheit aus.
Im Kleiderschrank seiner Mutter hatte es genauso gerochen.
Er sog den Duft tief ein und fühlte sich umgehend an einen
längst vergangenen Tag zurückversetzt, als er sich verkleiden
wollte, Mutters Schuhe aus dem Schrank geholt hatte und auf
den hohen Absätzen nur mit Mühe das Gleichgewicht halten
konnte.
Sie hatte ihn dabei erwischt und ihm eine Tracht Prügel
verpaßt, obwohl er so vorsichtig gewesen war, keines ihrer
Kleider zu berühren oder die Schuhe zu beschädigen.
Es wurde ihm verboten, jemals wieder das Zimmer seiner
Mutter zu betreten; er wurde aus dem Schlafzimmer seiner
Mutter genauso ausgesperrt wie aus ihrer ganzen Welt.
Als er jetzt Joyce Cottrells Schritte hörte, die sich dem zweiten Stock näherten, pochte es in seinen Schläfen vor Wut.
Er preßte sein Auge an den Türspalt, den er offengelassen
hatte und sah, wie sich Joyce auszog. Sein Zorn wurde von
Sekunde zu Sekunde heftiger.
Mit der einen Hand packte er das Messer, das er aus der
Küche mitgebracht hatte; mit der anderen strich er sich
unbewußt über sein steifes Glied.
Als Joyce sich bis auf die Unterwäsche entkleidet hatte und
zum Schrank ging, um ihr Kleid aufzuhängen, war er bereit.
Am Tag hatte Joyce Cottrell im Hinterhof nebenan einen
nackten Mann gesehen.
In der Nacht wartete ein bekleideter Mann in ihrem Schlafzimmerschrank auf sie.
Der im Hinterhof hatte einen kaputten Rasierapparat in der
Hand gehabt; der im Schrank umklammerte ein Messer.
Doch alles, was Joyce sah, als sie ihren Schrank öffnete, war
ein schimmerndes Licht, das von der langen Klinge reflektiert
wurde, und ein Augenpaar, das voll aufgestauter Wut gefährlich funkelte.
»Liebe mich!« stieß der Mann aus, als das Messer Joyce
Cottrells Brust tief aufschlitzte. »Mach schon, liebe mich!«
Joyce war tot, bevor diese Worte in ihr Bewußtsein drangen,
und sie fiel auf den Boden des Schlafzimmers wie ein Ball, aus
dem Luft entwichen war.
Von nun an lebte der Mann ganz in seiner Phantasiewelt, sah
statt dem Gesicht von Joyce nur noch das seiner Mutter vor
sich und machte sich ans Werk. Als er Joyce Cottrells
Brustkorb öffnete und an ihrem Herzen zerrte, steigerte er sich
weiter in seinen Zorn hinein. Er sprach, während er arbeitete,
sagte all jene Dinge zu Joyce Cottrell, die er seiner Mutter nie
zu sagen gewagt hätte.
Schließlich

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