Blizzard-Fehde
Whisky. Bitte bedienen Sie sich, Gentlemen. Oder soll ich Ihnen die Gläser füllen?«
Wir staunten abermals. Sie bewegte sich nun, trat zu einem Tisch an der gegenüberliegenden Wand, wo einige Flaschen und Gläser standen. Sie füllte tatsächlich für uns die Gläser – und noch ein viertes Glas für sich.
Dabei fragte sie: »Dieser Indianer da bei Ihnen, der wird doch wohl einen echten Bourbon nicht verachten?«
»Nein, Ma’am«, sagte Biberzahn.
Nun staunte sie und fragte: »Oder sind Sie gar kein Indianer, Mister?«
»Doch«, erwiderte Biberzahn.
Sie stellte die Gläser auf ein Tablett und trat damit zu uns.
Nun konnten wir sie aus nächster Nähe betrachten im Halbdunkel des großen Raumes. Irgendwie spürte jetzt jeder von uns ihre besondere Ausstrahlung.
»Und wer sind Sie?« So fragte ich, als ich mein Glas vom Tablett nahm.
Sie trank erst einen Schluck, dann aber sprach sie langsam Wort für Wort: »Ich bin Ernest Bourdelles Gefangene. Mein Name ist Halloway, Laura Halloway. Ich lernte Bourdelle in Omaha kennen. Eigentlich wollte ich mit dem Dampfboot nach Fort Benton hinauf und von dort ins Goldland. Aber Bourdelle überredete mich dazu, mit ihm nach hier zu kommen. Er wollte mir sein Königreich zeigen. Dann sollte ich mich entscheiden, ob ich bleiben oder wieder abreisen würde. Inzwischen sollten wir uns besser kennen lernen. Ja, er wollte mich. Und er versprach mir, mich zu einer Königin zu machen.«
Sie verstummte und nahm abermals einen Schluck aus dem Glas.
»Das war schon eine Chance für eine Frau wie mich.« Sie lachte kehlig. »Ich hatte an Bord gerade mein ganzes Spielkapital an einen Spieler verloren. Da kam mir dieser Bourdelle wie gerufen. Aber nachdem ich einige Wochen hier war, wollte ich wieder fort. Das ließ er nicht zu. Und so wurde ich seine Gefangene. Er ist ein Mann, der sich einfach nimmt, was er begehrt. Er ist ein verdammter Despot. Habt ihr ihn getötet? Oder irrt er nur dort draußen im Blizzard umher?«
Sie machte eine Pause, und wir starrten sie an.
»Ich würde gerne auf seinen Tod trinken«, sprach sie weiter und leerte das Glas. Nun war sie gewiss schon sehr betrunken.
Auch wir leerten unsere Gläser, denn endlich hatten wir uns von unserem Staunen erholt. Der Whisky wärmte bald unsere Mägen.
»Er lebt noch, aber wir werden ihn töten, wenn ihn der Blizzard nicht umbringt«, sprach Luke langsam.
Sie nickte heftig. »Viel Glück. Ich gehe hinauf und lege mich hin. Denn ich bin jetzt ziemlich betrunken. Dabei trinke ich sonst nie mehr als ein Glas. Aber in meiner Situation hier…«
Sie sprach nicht weiter, sondern strebte nun etwas schwankend einer geschwungenen Treppe zu, die von der großen Wohnhalle nach oben führte.
»Heiliger Rauch«, murmelte Luke. »Diesen Bourdelle mag ich immer weniger.« Wir standen noch etwas unentschlossen inmitten der großen Wohnhalle. Im Kamin brannte das Feuer. Draußen orgelte der Blizzard. Manchmal fuhr ein Wind im Kamin nieder und pustete auf das Feuer.
»Ich habe einen Bärenhunger«, sagte Luke. »Irgendwo hier muss doch wohl die Küche sein. Ob diese Schöne allein in dem großen Schloss…«
Er verstummte, denn eine kleine Tür öffnete sich. Ein Chinese trat ein. Er war schon ziemlich bei Jahren, klein und zierlich, mit einem Käppchen auf dem Kopf. Ein Zopf hing ihm im Nacken nieder. Er trug eine Schürze.
Als er uns sah, erschrak er und hielt inne.
»Kannst du uns verstehen?« So fragte ich.
Er nickte. »Ich sehl gut splechen die englische Splache«, erwiderte er. »Abel Sie dülfen hiel nicht sein – nicht hiel in Mistel Bouldelles Haus. Dlüben im Bunkhouse ist viel Platz. Gehen Sie. Schnell!«
Er machte eine schleichende Bewegung.
Luke grollte und sprach dann: »Mistel Ching, wil sind keine Gäste, sondeln Feinde von Mistel Bouldelle. Sind Sie der Koch, Mister Ching?«
Luke machte es zwar zuerst dem Chinesen nach, statt des R ein L zu sprechen. Doch dann besann er sich und wurde sehr höflich. Er nannte ihn Mister und fragte zuletzt sehr freundlich.
»Ich heiße Wang«, sprach der Chinese. »Ja, ich velsolge dieses Haus und bin auch del Koch. Ich mache hiel alles. Abel ich bin jetzt wohl in Ihlel Hand.«
»So ist es, mein guter Freund«, grinste Luke. »Und jetzt gehen wir beide in die Küche und kochen was. Dabei werden Sie mir eine Menge Fragen beantworten! Also los, gehen wir.«
Sie gingen tatsächlich. Der Chinese fügte sich ohne Sträuben.
Biberzahn zog sich wieder die Kapuze über den
Weitere Kostenlose Bücher