Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
so?«
»Im Moment jedenfalls …«, ich hatte den Eindruck, dass Thomas so schnell weitersprach, weil er dringend von der Namensfrage wegkommen wollte, »im
Momentsuchen alle wie verrückt nach der Identität einer Shooting-Star-Bloggerin namens Millie. Das ganze Team. Es gibt kein anderes
Thema mehr. Wer ist Millie? Wie kriegen wir sie in die Sendung? Hunter ist absolut besessen von der Frau. Er hat tatsächlich
Jobangebote für sie, er bräuchte sie nicht im Fernsehen, aber er will sie haben. Er will derjenige sein, der das Geheimnis
ihrer Identität lüftet.«
Jasmin warf mir einen begeisterten Blick zu. Ich bemühte mich, möglichst unbeteiligt auszusehen, und senkte den Kopf über
meine Pizza, hob ihn dann aber doch wieder, weil ich die Diskussion unbedingt verfolgen wollte.
Jake lachte, jetzt endlich mit leerem Mund. »Da wird John, der Großwild-Hunter, aber seiner Busenfreundin Susan in die Quere
kommen, denn die will genau dasselbe. Allerdings mit weniger ehrenvoller Absicht, denn am liebsten würde sie dabei gleich
einen Skandal mitliefern. Seit Millies Blog Kult ist, ist ihr eigener völlig uninteressant geworden. Susan hasst die Dame
aus tiefstem Herzen.«
Jasmin hatte mir bei dem Wort Kult zugezwinkert, und ich hatte mit einem, wie ich hoffte, drohenden Blick geantwortet. Jasmin
schüttelte den Kopf. Ich hoffte sehr, dass das hieß, dass sie Jake nichts von der wahren Millie erzählt hatte.
»Wer ist Susan?«, fragte Jasmin.
»Die Redakteurin von MODE MAG, von der ich dir erzählt habe.«
»Woher kennst du sie denn?«, fragte ich in Erinnerung an Jakedarling und Susan, die bei Moritz zusammen zu Mittag gegessen
hatten.
»Äh, ich schreibe schon mal für sie«, sagte Jake.
»Bist du Journalist?«, fragte ich weiter.
»Ja, so ähnlich. Freelance-Autor. Artikel, Essays, Reportagen, solche Sachen.«
Jasmin lächelte geheimnisvoll, Thomas betrachtete die letzten Stücke seiner Pizza, als wolle er sich ihre Form für immer und
ewig einprägen, und Jake stand abrupt auf. »Ich gehe mir mal die Finger waschen.«
Zum Glück verging der Rest des Abends ohne weitere Gespräche über Berufe oder andere Tretminenfelder und ohne Cocktails. Wir
verabschiedeten uns, wenn auch nicht in aller Freundschaft, so doch zumindest zivilisierter als beim letzten Mal. Thomas fragte
mich nach meiner Telefonnummer, ich gab sie ihm, und zum Abschied bekam ich ein Küsschen auf die Wange und eine leichte Umarmung.
Sein Rasierwasser war auch nicht schlecht, stellte ich fest, und ließ meine Hand einen kleinen Moment länger als nötig auf
seinem Unterarm liegen. Beschwingt ging ich hinauf ins Penthouse. Die längste Zeit meines Krankenstandes hatte ich hinter
mir, die letzten Wochen würde ich auch noch überstehen, und dann käme ich endlich wieder unter Leute. Und wenn ich zwischendurch
in Düsseldorf war, könnte ich mich ja vielleicht mal wieder mit Thomas treffen.
Millie’s Magazine – 29. Juni
Es gibt ihn wirklich, den 10 00 0-feet -club. Sex in Reiseflughöhe in einem Washroom von unter 0,5 Quadratmeter Nutzfläche scheint seinen Reiz noch nicht verloren zu haben. Während die meisten Flugbegleiter darüber nur noch
müde lächeln, gibt es offenbar auch solche, die die Neumitglieder herzlich willkommen heißen.
Das Foto eines Fluggasts, der selbstzufrieden grinsend mit geschlossenen Augen der Musik aus den Kopfhörern lauscht, hatten
wir auf einem Neujahrsflug vor zwei Jahrenunter dem Einfluss geringer Mengen Restalkohols nachgestellt. Unser Kollege Sammy mimte den Fluggast, Jasmins Hand machte
sich an seinem Reißverschluss zu schaffen, und um seinen Hals hing ein selbst gebasteltes Lebkuchenherz mit dem Spruch »Über
den Wolken ist Sex am schönsten«. Das Foto sah absolut echt aus – besonders wegen des schwarzen Balkens über Sammys Augen.
Acht
»Also, fliegen wir nach Paris, oder was?«, fragte Stefan am nächsten Morgen. Er trug ein kanariengelbes Hemd mit großen, weißen
Blüten darauf. Ich zuckte kurz zusammen, beschloss aber, kein Wort darüber zu verlieren. Es gibt Fälle, die sind so hoffnungslos,
dass jedes Wort verschwendet ist.
»Dir auch guten Morgen.« Ich ging an ihm vorbei zur Espressomaschine und machte mich daran zu schaffen.
»Die Show ist am Freitag. Wenn du also hinwillst, sollten wir uns langsam um die Vorbereitungen kümmern.«
Ich trank einen Espresso und machte mir gleich noch einen, während ich
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