Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
nickte.
Sie ließ mich los. »Also, dann zu dem Interview.«
Wir erörterten die möglichen Motive von Susan Walker, ihre eventuelle Komplizenschaft mit John Hunter, das Für und Wider einer
Reaktion meinerseits, und waren immer noch zu keinem Ergebnis gekommen, als plötzlich Jake neben uns stand.
»Was habt ihr zwei Süßen denn für weltbewegende Probleme?«, fragte er.
Verdammt, hatte er uns etwa belauscht? Hatte er den Namen John Hunter gehört? Immerhin arbeitete sein guter Kumpel Thomas
für diesen Mann. Jake war ein Waschweib, und ich traute ihm durchaus zu, dass er jedes Wort, das er über John Hunter hörte,
sofort an Thomas weitertratschte. Das wäre die totale Katastrophe!
Jasmin küsste ihn leidenschaftlich auf den Mund. »Frauensachen«, sagte sie.
»Tauscht ihr euch darüber aus, wie lange man ohne Sex überleben kann?«
»Genau.« Jasmin zwinkerte mir zu. »Ich bin ja sehr genügsam, aber Lulu ist einfach unersättlich.«
»Ja, die stillen Wasser sind die tiefsten, richtig?«
Gott, wie ich dieses ewige Gerede über Sex hasste. Aber wenn uns das von dem Minenfeld rund um Millie und John Hunter wegbrachte,
konnte er von mir aus in jedes noch so intime Detail gehen. Ich gab mir Mühe, ein Lächeln auf mein Gesicht zu zaubern, und
nickte. »Verdammt tief.«
Da Jasmin mich nicht gehen ließ, blieb ich zum Essen und zum Sundowner und zur Midnight-Margarita. Sergeant Pepper schlief
gelegentlich mit dem Kopf auf meinem Schoß ein, wachte wieder auf, jagte mit Jule, Dirk, Volkeroder Martina über den Sand und kam immer wieder erschöpft zu mir zurück. Die Leute waren locker, lustig und sprachen nicht
über Sex. Sie redeten über ihre Jobs, über Urlaube, über Bücher, Kinofilme und Kunstausstellungen. Ich hörte fast nur zu und
bekam im Laufe des Abends heraus, wer mit wem liiert war, wer mit wem verwandt und wie lange sie sich alle schon kannten.
Einige Freundschaften bestanden seit Kindertagen, andere seit dem Studium, nur Jasmin war ganz neu in der Clique. Sie war
allerdings bereits vollständig integriert. Ich spürte einen Stich in der Brust: Neid.
Diese Erkenntnis schockierte mich zutiefst und brachte mir ganz plötzlich eine Zeile aus dem gefälschten Interview ins Gedächtnis,
über die ich mich heute Nachmittag noch furchtbar aufgeregt hatte: Die dauernden Reisen machen einsam. Aber warum mich und
nicht Jasmin? Sie reiste genauso viel in der Weltgeschichte herum wie ich, momentan sogar deutlich mehr. Nur am Job konnte
es also nicht liegen.
Ich starrte in das niederbrennende Lagerfeuer, kraulte Sergeant Peppers seidenweiche Ohren und blinzelte die Tränen weg. Sicher
lag es nur an der Müdigkeit nach einer durchwachten Nacht, dass ich so dünnhäutig war.
Millie’s Magazine – 6. Juli
Networking-Partys gibt es auf der ganzen Welt. Sie werden von Berufsverbänden, Fachmagazinen oder professionellen Eventagenturen
veranstaltet. Notworking-Partys sind neu. Auch sie richten sich an eine bestimmte Gruppe, verbieten aber professionelle Themen.
So kommen Designer zusammen und reden über – alles außer Design. Spannend, was man plötzlich von Menschen erfährt, mit denen
man seit vielen Jahren beruflich verkehrt.
Elf
Um acht Uhr und zwei Minuten klingelte das Telefon und riss mich aus einem unruhigen Schlaf.
»Hmmm?«, murmelte ich.
»Entschuldigung, habe ich Sie geweckt?«
»Hmmm.«
»Soll ich lieber später noch mal anrufen?«
Wem, zum Teufel, gehörte diese Stimme?
»Okay, ich rufe in einer halben Stunde noch mal an.«
»Hmmm.«
Erst als ich aufgelegt hatte, kam mir die Erkenntnis: Kommissar Frank Stahl. Er hatte mich gesiezt. Um acht Uhr zwei am Montagmorgen.
Was sollte mir das sagen?
Sicherlich hatte er nicht angerufen, um sich für den schönen Freitagabend zu bedanken. Viel eher hatte er von meinem Anruf
am Samstag erfahren. Mein Anruf, mit dem ich ihm von dem Foto berichten wollte, auf dem Werner Funk in Barcelona am Flughafen
zu sehen war. Mit der Hand meines Vaters auf Funks Schulter, was ich Stahl allerdings nicht sagen wollte. Also das mit der
Hand. Mein Gott, ich brauchte dringend eine Dusche und einen Kaffee. Oder zwei Kaffees.
Ich verhedderte mich mit dem Fuß in der Bettdecke,fiel auf den Boden, kämpfte mich hoch und raste ins Bad. Duschen, Haare waschen, alles voller Sand. Das Bettzeug müsste ich
auch wechseln, sonst hätte ich die nächsten Nächte ein Ganzkörperpeeling, bis die Haut dünn und rot
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