Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
Hüfte.
Ich sah zu ihm hoch.
»Gern«, sagte er.
Ich nickte lächelnd. »Gut.«
Zu Hause, das heißt natürlich in Sabines Wohnung, begrüßte Sergeant Pepper mich müde, schnupperte an Thomas, wedelte gnädig
mit dem Schwanz und schlurfte zurück in sein Körbchen. Ich machte zwei Espressi, während Thomas wieder einmal die Wohnung
und die Aussicht über das Lichtermeer der Stadt bewunderte. Ich wusste, dass ich nach dem Espresso nicht würde schlafen können,
aber das hatte ich auch gar nicht vor. Thomas sah einfach zum Anbeißen aus, er roch gut, und er schien Ähnliches vorzuhaben
wie ich, denn kaum hatten wir den Espresso getrunken, zog er mich an sich und küsste mich leidenschaftlich.
»Lass uns rübergehen«, murmelte ich. Immerhin wollte ich mich nicht von Stefan bei heißem Sex auf der Couch erwischen lassen.
Im Gästezimmer ging es dann zur Sache. Thomas zog mir das Kleid über den Kopf, kämpfte mit den Margeriten und den Haarnadeln,
in denen es sich verfing, während ich hilflos mit dem Gesicht im Stoff steckte und hoffte, dass ich die Make-up-Flecken wieder
herausbekäme. Endlich hatten wir es geschafft, ich zog ihm das Hemd aus, er selbst befreite sich aus Leinenhose und Unterwäsche,
während ich gefühlte hundert Haarnadeln aus meiner Frisur wühlte, damit ich den Kopf aufs Kissen legen konnte.
Ich kann das erste Mal mit einem Mann im Bett selten wirklich genießen, aber Thomas war rücksichtsvoll. Auch das Kondom akzeptierte
er widerspruchslos. Und er schrie nicht. Ich habe Männer, die beim Sex laute Grunzlaute von sich geben, nie leiden können.
Als er auf dem Rücken lag und sich seine Atmung langsam beruhigt hatte, hätte ich ihm gern etwas Nettes gesagt, wollte aber
keine Klischees bedienen. Genauso gerne hätte ich mich an ihn gekuschelt und wäre in seinem Arm eingeschlafen, aber vorher
musste ich mich abschminken, sonst würde ich am nächsten Tag wie ein Zombie aussehen. Ich schlich also auf Zehenspitzen ins
Bad und beeilte mich.
Als ich zurückkam, schlief Thomas tief und fest.
Der Espresso hielt mich wach bis gegen halb sechs. Ich drehte mich von einer Seite auf die andere, hielt die Bettdecke krampfhaft
umklammert, da Thomas an der anderen Seite zog, und überlegte abwechselnd, ob ich aufstehen und lesen oder aufstehen und mich
bewusstlos trinken oder aufstehen und mit Sergeant Pepper spazieren gehen sollte. Aufraffen konnte ich mich zu keiner der
Alternativen, daher schlief ich am frühen Morgen endlich ein.
Um acht Uhr weckte mich Sergeant Pepper, der vor der Tür des Gästezimmers saß und jaulte. Ich zog mich anund ging mit ihm eine kurze Runde spazieren. Bei meiner Rückkehr schlief Thomas immer noch. Ich machte mir einen Kaffee und
wartete.
Ich verkürzte mir die Wartezeit mit einem Blogeintrag.
Millie’s Magazine – 6. Juli
Das Kino ist ein magischer Ort, ein Tor in eine andere Welt. Völlig selbstvergessen können die Zuschauer ihre tatsächliche
Identität verlassen und mit dem Held oder der Heldin auf der Leinwand Abenteuer, Romantik oder Tragödien erleben. Oder sie
könnten es, wenn die anderen Zuschauer sie nicht durch unangemessenes Verhalten immer wieder in die traurige Gegenwart des
dunklen Kinosaals zurückholen würden. Durch Geraschel, Getuschel und lautes Schmatzen, Hin- und Herlaufen und – besonders
grässlich – Gestank. Gestank von verschütteten Getränken, muffigem Popcorn und salzig-säuerlicher Taco-Salsa. Ich warte, nach
dem Rauchverbot, sehnsüchtig auf das Ess- und Trinkverbot in Kinos.
Ich checkte die Kommentare und Mails, ließ jedoch die Anfragen für Werbung (drei weitere) und Interviews (zweimal Print, dreimal
Fernsehen und ein Radiosender) unbeantwortet. Was hätte ich auch schreiben sollen. Werbung ging nicht, und Interviews brachten
mich nicht weiter, sondern vergrößerten nur das Risiko, entlarvt zu werden. Stattdessen rief ich die Statistik ab, die das
System automatisch aktualisierte. Mein Blog hatte allein in den letzten zehn Tagen fünfundzwanzigtausend Klicks gehabt.
Thomas schlief bis halb elf, tauchte schließlich barfuß und mit nacktem Oberkörper und vom Duschen nassen Haaren auf, und
nahm dankbar einen Kaffee entgegen.
»Tut mir leid, aber ich muss dann gleich weg«, flüsterte er mir ins Ohr. Ich lehnte an seiner nackten Brust, hatte die Arme
locker um seine Hüften gelegt und schaute zu ihm auf. »Bin zum Mittagessen bei meinen Eltern. Meine
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