Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
offenbar unbedingt in mein Gesicht wollte.
Ich stöhnte. Ließ mich seitlich auf den Boden sinken, zwischen Couch und Tisch. Fasste vorsichtig an die Augenbraue, zog die
Finger zurück und betrachtete sie ängstlich. Kein Blut. Okay, wenigstens etwas.
»Du warst so in Gedanken versunken, dass ich dich nur ein bisschen foppen wollte. Lulu, geht es dir gut? Sag doch was!«
»Ja.«
»Ja, was?«, fragte Stefan.
»Sex gehabt«, murmelte ich, dann begann ich, hysterischzu kichern. Das abgehackte Gelächter ging in Schluchzen über.
»Um Himmels willen, bleib liegen, beweg dich nicht, ich rufe einen Arzt.«
Stefan verschwand aus meinem Blickfeld.
»Lass das«, stöhnte ich. »Mir geht es blendend.« Zu spät, ich hörte Stefan bereits telefonieren.
Dann begann ich zu würgen. Sergeant Pepper schaute mich mit schief gelegtem Kopf an, als frage er sich, seit wann diese Zweibeiner
solche seltsamen Knurrlaute von sich geben. Zum Glück konnte ich den Würgereiz diesmal unterdrücken.
»Ich soll dich ins Krankenhaus bringen«, verkündete er zwei Minuten später. »Kannst du aufstehen?«
Ich konnte aufstehen. Nur stehen bleiben konnte ich nicht. Und allein gehen schon gar nicht. Stefan hakte mich unter, trug
mich mehr, als dass er mich führte, zum Aufzug und parkte mich dann auf der untersten Treppenstufe. Er holte sein Auto, stellte
es in zweiter Reihe vor dem Haus ab und wuchtete mich hinein. Im Krankenhaus regelte er die Aufnahmeformalitäten, hielt meine
Hand, während wir warteten, und blieb im Wartezimmer sitzen, während mein Kopf geröntgt wurde. Für Menschen, die einen Schädelbruch
befürchten, gingen die Schwestern ziemlich rau mit mir um. Ich fragte mich, ob die wirklich ernsthaften Verletzungen beim
Röntgen entstehen, war dann aber erleichtert, als gar keine Fraktur diagnostiziert wurde. Weder vom Couchtisch noch vom Röntgen.
Krankschreiben kann das Krankenhaus leider nicht, sodass Stefan mich anschließend auch noch zu meinem Hausarzt fuhr, der mich
mitleidig ansah.
»Sie haben aber auch ein Pech«, sagte er.
Nicken konnte ich nicht, daher stöhnte ich zustimmend.
»Haben Sie das Auge nicht gekühlt?«
»Wieso?«
»Sie bekommen da ein Veilchen, das einem Boxweltmeister im Superschwergewicht zur Ehre gereichen würde.«
»Kann man da jetzt nichts mehr …«
»Nee, jetzt kann das Kühlen die Schmerzen lindern, aber das Veilchen können Sie nicht mehr verhindern. Das bleibt Ihnen zwei
Wochen erhalten.«
Ich seufzte. »Für wie lange schreiben Sie mich krank?«, wollte ich wissen.
»Eine schwere Gehirnerschütterung ist auf jeden Fall für zehn Tage gut.«
Ich schloss die Augen. Eigentlich hätte ich ab Mittwoch wieder fliegen sollen. Und ich hatte mich, sehr zu meiner eigenen
Überraschung, wirklich darauf gefreut. Das Unterwegssein fehlte mir. Die Kolleginnen fehlten mir. Die Ortswechsel, die fremden
Sprachen, die Abwechslung fehlten mir. Ich hatte den Eindruck, dass mir mein Job, wenn ich ihn denn erst wieder erledigen
dürfte, mehr Spaß machen würde als früher. Allerdings war mir auch dieser Spaß erst einmal verwehrt. Ich ließ den Tränen freien
Lauf, obwohl Heulen echt wehtat.
»Lenk mich ab«, bat ich Stefan zu Hause, als er mich auf die Couch gebettet, mir ein Kissen untergeschoben und einen Beutel
mit Eiswürfeln auf das rechte Auge gepackt hatte.
»Soll ich dir eine Gutenachtgeschichte erzählen, oder was?«
»Erzähl mir irgendwas. Wie war dein Wochenende?«
Er grinste. »Befriedigend.«
»Wer ist sie?«, fragte ich schlapp.
»Hörgeräteakustikerin.«
»Klingt ja wahnsinnig sexy.«
»Sie ist humorvoll, spontan und überhaupt nicht überspannt, wie die ganzen Weiber in der Modewelt, mit denen ich sonst zusammen
bin.«
Ich überhörte die Kritik, weil mir nicht nach Problemen zumute war.
»Große Liebe?«
Er zuckte die Schultern. »Vielleicht.«
»Wann seht ihr euch wieder?«
»Freitagabend.«
»Erst?«
»Sie ist auf der Meisterschule und hat wenig Zeit. Muss man respektieren. Die Frau weiß, was sie will.«
»Hörgeräte anpassen.«
»Warum nicht?«
An der Stelle schlief ich ein.
Gegen Abend hatte ich genug Appetit, um ein Viertel von der Pizza zu essen, die Stefan für mich bestellt hatte. Nachdem er
seine aufgegessen hatte, aß er auch noch den Rest von meiner. Liebe machte offenbar sehr hungrig. Vielleicht machte auch Liebemachen
hungrig.
Nach dem Abendessen machte Stefan sich daran, die Fotos für sein Buchprojekt
Weitere Kostenlose Bücher