Blond und gefährlich
wirkliche Mrs. Mercer handelte, die, die auf dem
Porträt abgebildet war.« Ich lächelte ihm mit glasigem Blick zu. »Das Muttermal
oben an der Innenseite ihres linken Oberschenkels?«
»Sie haben’s verstanden,
Lieutenant.« Er strahlte mich beglückt an.
»Und sie begann wie am Spieß zu
schreien, als Sie ihren Rock hochhoben?«
»Sie trug keinen Rock,
Lieutenant«, sagte er mit herablassender Stimme. »Sie trug Hosen.«
In meinem Innern ertönte ein
letzter Seufzer, und dann herrschte Stille. »Sie trug Hosen?« sagte ich
langsam.
»Ich hatte sie eben gerade über
ihre Hüften runtergezogen, als sie zu toben und wie eine Verrückte zu kratzen
begann.« Er zuckte hilflos die Schultern. »Es war ja nur ein Mißgeschick, daß
sich meine Daumen auch noch in ihre Höschen einhakten.«
»Machen Sie sich keine Sorgen,
Sergeant«, murmelte ich aufs Geratewohl. »Solche Mißgeschicke passieren immer mal wieder, und vermutlich war Mrs. Mercer zu diesem Zeitpunkt
ein bißchen kribbelig.«
»Trotzdem finde ich nicht, daß
das ein Grund war, mich in die Leisten zu treten, Lieutenant. Ich habe ja nur
meine Pflicht getan.«
»Sie haben ganz recht«, sagte
ich sehr langsam. »Der Ärger mit manchen Frauen ist, daß sie die Feinheiten der
Subtraktion nicht begreifen.«
»Sie haben wahrscheinlich
recht, Lieutenant.« Er seufzte tief. »Manche Frauen nehmen gar keine Rücksicht
auf die feineren Gefühle eines Mannes — wie zum Beispiel, als sie anfing, nach
der Polizei zu schreien. Verdammt — war ich verärgert!«
»Haben Sie was Neues
herausgefunden, als Sie gestern Thorpes Haus durchsucht haben?« fragte ich
schnell. »Nicht das geringste, Lieutenant«, sagte er mit enttäuschter Stimme.
»Ich habe den ganzen Tag dort verbracht, und alles, was dabei herauskam, war
eine falsche Nummer.«
Es wurde wieder knifflig. »Eine
falsche Nummer?« bohrte ich sachte nach.
»Gegen drei Uhr nachmittags
klingelte das Telefon, und ich dachte, es wäre vielleicht klug, wenn ich bloß
>Hallo!< sagte und nicht verriete, daß ich ein Polyp bin.«
»Das war eine sehr schnelle
Reaktion«, sagte ich anerkennend.
»Hat nichts genützt.« Er
seufzte schwer. »Es war bloß irgendein Frauenzimmer, das mit einem Burschen
namens Garcia sprechen wollte.«
»Was hat sie denn genau
gesagt?«
»So was wie: >Sind Sie das,
Garcia?< Und dann brach sie in Gelächter aus, als ob sie da was sehr
Komisches gesagt habe! Ich sagte ihr, es sei die falsche Nummer, und hängte
ein.«
Ich widerstand dem Impuls, ihn
in den Boden zu stampfen. »Wie klang denn ihre Stimme?«
Er starrte mich verständnislos
an. »Es war ein Frauenzimmer, Lieutenant. Die haben alle dieselbe Sorte Stimme,
höher als die eines Mannes. Nicht?«
»Ich weiß gar nicht, wie ich
das vergessen konnte«, zischte ich.
»Sind Sie auch wirklich okay,
Lieutenant?« fragte er besorgt. »Das ist in den letzten fünf Minuten schon das zweitemal , daß Sie etwas vergessen haben. Sie haben sich
nicht einmal daran erinnert, daß Mrs. Mercer Hosen trug.«
»Offenbar bin ich wie sie«,
sagte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Wir erinnern uns nur an
die wichtigen Dinge, wie Ihre eingehakten Daumen.« Vielleicht war es mein
Gesichtsausdruck, der ihn bewog, schnell auf die Seite zu treten, so daß ich
ins Büro gehen konnte. Annabelle Jackson blickte von ihrem Schreibtisch auf und
ließ mir ein kleines Lächeln des Mitgefühls zukommen.
»Er versucht sein Bestes«,
sagte sie. »Es ist nur Pech, wenn man gleich zu Beginn des Tages auf ihn
stößt.«
Ich zündete mir eine Zigarette
an, aber es bedurfte dreier Versuche, bis das Streichholz brannte. »Wenn ich
bloß den Sheriff davon überzeugen könnte, daß es dringend nötig ist, jemanden
nach Alaska zu schicken, um dort den durchschnittlichen Schneefall zu
beobachten.«
»Ich wollte, Sie hätten seinen
Namen nicht erwähnt!« Sie zog eine Grimasse. »Als er ins Büro zurückgekommen
war, brüllte er herum und wollte wissen, wo Sie den ganzen Nachmittag
steckten.«
»Und was war heute vormittag ?«
»Dasselbe!«
»Vielleicht sollte ich nach
Alaska fliegen und ihn per Ferngespräch überzeugen, daß es wichtig ist«,
murmelte ich.
»Das gestern
nachmittag war nur eine Routinevorführung«, sagte sie hilfsbereit. »Aber
gleich als erstes bekam er heute früh die Rechnung für Ihre Scheinwerfer in die
Hände. Ich würde nicht nach Alaska fliegen, Al; er würde nur darauf warten, Sie
dort zu lassen.«
»Wheeler!« Seine
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