Blond und gefährlich
Phantasiegebilde wie unser Drahtzieher auszudenken, bedarf es
nahezu einer Art Genialität.«
Lloyds Mund öffnete sich,
während er mich ungläubig anstarrte. »Liz?« keuchte er.
»Sie war ausreichend ehrgeizig,
um mitzumachen«, sagte ich. »Aber das war alles. Ich nehme an, damit bleibt uns
nur noch eine Möglichkeit. Der Mann mit der glänzenden schöpferischen Begabung,
wie Liz ihn beschrieben hat. Ihr Partner, Herman — und zugleich der Bursche,
der Ihren anderen, nicht existierenden Partner, Garcia, zum Leben erweckt hat.«
»Soll das ein schlechter Scherz
sein, Al?« Lane blinzelte mich an, und seine langen Wimpern verschleierten den
Ausdruck fanatischer Konzentration in seinen Augen.
»Ich glaube nicht, Gil, alter
Freund«, knurrte ich. »Thorpe hatte von vornherein gar nicht den nötigen
Verstand. Ihnen kam der Gedanke, als Sie zum erstenmal Liz’ Aktbild sahen. Dann
zerbrachen Sie sich den Kopf über eine scheinbar legale Möglichkeit, das Geld
zu kassieren. Thorpe kannte einen Mann namens Dumas, der eine Kunstgalerie
besitzt. Der geniale Drahtzieher dachte sich aus, daß niemand ihm und Thorpe
etwas anhaben konnte, wenn das Erpressungsgeld für den legitimen Verkauf eines
anderen Bildes bezahlt wurde. Blieb noch ein letztes Problem: Konnte man Dumas
trauen? Also benutzten Sie das Bild von Liz als Test. Sie ging zu der Galerie
und übergab dort zweitausend Dollar für ein wertloses Gemälde. Dumas tauchte
prompt auf und brachte Thorpe das Geld, minus seiner Provision. Jetzt konnte es
also losgehen. Ihr erstes Opfer war die Frau Ihres Partners; wenn Ihnen später
seine Ehrlichkeit lästig wurde, hatten Sie ihn in der Zange.
Dann wandten Sie sich Ihrem
Hauptziel zu: Anna Hillbrand. Und das klappte vorzüglich. Jedenfalls glaubten
Sie das so lange, bis Ihnen Liz Anna Hillbrands Geschichte über Mercer
weitererzählte. Da wußten Sie, daß Thorpe Sie nebenher hereingelegt hatte — aber
schlimmer als das, Mercer war eine Gefahr, die Ihren ganzen meisterhaften Plan
bedrohte.«
»Sie erzählen die Geschichte
nicht, wie sie ist, alter Freund«, sagte er gelassen. »Aber Sie erzählen gut.
Was dann?«
»Sie gaben Thorpe Iris Mercer
als nächsten Auftrag. Er wagte nicht, zu protestieren, um Sie nicht mißtrauisch
zu machen. Also mußte er durch das Fegefeuer konstanter Furcht gehen, daß
entweder Sie oder Mercer herausfänden, wie er Sie beide betrog. Das Ganze hatte
einen gewissen machiavellischen Anstrich, Gil.«
»Und nun endlich zum
Höhepunkt!« Seine Finger begannen wieder zu schnalzen, diesmal leise. »Ich kann
das Stichwort gar nicht erwarten und den plötzlichen Dreh, wenn der wahre
Schurke demaskiert wird.«
»Liz muß Ihnen von Mercers
Reise nach Detroit erzählt haben«, sagte ich. »Sie nahmen einen Leihwagen,
parkten ihn am Flughafen und warteten dann, bis Mercer zur Sperre kam, um zur
Maschine zu gehen. Vermutlich wäre es Pech gewesen, wenn seine Frau bei ihm
gewesen wäre, und Sie hätten bis zum nächsten Mal warten müssen. Sie stürzten
auf ihn zu und ergossen die ganze Geschichte über Iris’ Affäre mit Thorpe über
ihn. Sie hatten ihr Aktporträt am selben Tag in Thorpes Haus gesehen — und so
weiter. Es konnte kein großes Problem sein, ihn zu überzeugen, denn Sie hatten
alle Details, die Sie brauchten, zur Verfügung, einschließlich des Muttermals
auf ihrem linken Oberschenkel.
Mercer reagierte so, wie Sie
das vorausgesehen hatten, vor allem nach all dem Alkohol, den er am Fughafen zu
sich genommen hatte. Sie fuhren ihn zu seinem Haus zurück, damit er sich sein
Gewehr holte. Und dann brachten Sie ihn hierher.« Ich grinste ihn spöttisch an.
»In dem Augenblick, in dem der schöpferische Geist sich in den Mann der Aktion
verwandelt, setzt die Katastrophe ein. Als Sie beide ankommen, stellen Sie
fest, daß Dumas soeben bei Thorpe zu Besuch ist, also müssen Sie sich unter den
Bäumen verbergen, bis er weg ist. Als Sie ins Haus kommen, finden Sie dort
Thorpe vor, der unter dem Druck seiner eigenen Betrügerei durchgedreht ist und
sich einen verrückten Schnurr- und Vollbart ins Gesicht gemalt hat. Sie werden
entschuldigen, Gil, wenn ich von jetzt an auf Vermutungen angewiesen bin.«
Ich machte eine Pause, um mir
eine Zigarette anzuzünden, und die Stille blieb ungebrochen. Liz hatte
aufgehört zu weinen und saß mit gesenktem Kopf da, aber wahrscheinlich lauschte
sie jedem Wort.
»Zu diesem Zeitpunkt ist Mercer
vermutlich viel nüchterner geworden und beginnt sich zu
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