Blonde Engel sind gefährlich
alles, was Sie
wollen, daß die Geschichte von dem Postschließfach in Nevada kein Schwindel
war«, sagte ich. »Seine Kontobücher mit den Namen aller Kunden, die Rauschgift
von ihm bezogen haben — ist das nichts, Leutnant ?«
»Das wird sich finden«, gab
Schell grämlich zurück. »Wie sind Sie überhaupt darauf gekommen, daß Gus seine
Finger im Rauschgifthandel hatte ?«
»Gus hatte ein Dienstmädchen —
Tina...« Ich erzählte ihm von den beiden Betrunkenen und ihrer albernen Wette
und daß ich auf diese Weise die Einstichstellen auf ihrem Schenkel gesehen
hatte. »Ich habe mich mit ihr unterhalten, bevor ich mir Gus vorknöpfte«, sagte
ich. »Terry war ein echter Menschenfreund. Mädchen, von denen er glaubte, daß
sie ihm nützlich sein könnten, brachte er so weit, daß sie ohne Rauschgift
nicht mehr auskamen. Wenn sie dann nicht spurten, entzog er ihnen einfach den
Stoff. Dieses Druckmittel hat er auch bei Tina angewandt. Deshalb war aus ihr
kein vernünftiges Wort herauszubekommen. Ich mußte sie in ihrem Zimmer
einschließen. Sie können sie dort abholen. Nach ein paar Tagen ohne ihre
übliche Dosis Rauschgift wird sie Ihnen bestimmt sagen, wo Gus seine Ware
versteckt hat .«
»Waren Sie mit diesem Mädchen
befreundet ?« erkundigte er sich angelegentlich.
»Nicht so, wie Sie es meinen«,
antwortete ich wahrheitsgemäß.
»Wenn man Sie zum Freund hat,
ist man wirklich verraten und verkauft, Boyd«, sagte er verächtlich.
»Sie spritzt seit vier oder
fünf Monaten Heroin«, gab ich zurück. »Wenn Sie sie jetzt einsperren und zu
einer Entziehungskur zwingen, besteht noch Hoffnung für sie. Hätte ich den Mund
gehalten, hätte sie weiter gespritzt und wäre in ein paar Monaten draufgegangen.
Nennen Sie das auch eine Freundschaftstat, Leutnant ?«
Wir sahen einander minutenlang
stumm und feindselig an, dann zuckte er die Achseln. »Mir kommt Ihre Geschichte
reichlich fadenscheinig vor«, sagte er mit seiner sandpapierrauhen Stimme. »Aber zunächst will ich sie Ihnen mal abnehmen .«
»Wie rührend!«
»Sie können jetzt gehen !«
»Wollen Sie kein Protokoll
aufnehmen ?«
»Natürlich«, meinte er gleichmütig.
»Aber das hat noch Zeit. Sie werden vorläufig hübsch in Santo Bahia bleiben.
Wir werden uns später wieder mit Ihnen beschäftigen .«
»Ganz wie Sie wollen,
Leutnant.« Ich ging an ihm vorbei zur Tür. Nach ein paar Schritten blieb ich
stehen. »Leutnant?« Er fuhr ungeduldig herum. »Was denn noch?«
»Wer hat Ihrer Meinung nach
Linda Morgan ermordet ?« fragte ich so nebenbei.
Er grinste wie ein Krokodil,
das noch nicht gefrühstückt hat.
»Dreimal dürfen Sie raten,
Boyd«, sagte er. »Ich tippe immer noch auf Sie !«
In der Halle traf ich auf eine
Gruppe von Polizisten, die die Party-Gäste ins Haus trieb. Ich kam mir vor wie
in einem Alptraum. Unter den verstörten und nur unvollkommen bekleideten Leuten
erkannte ich auch den Kerl mit den Büffelhörnern und die blonde Amazone, der es
scheinbar gar nichts ausmachte, daß sie noch immer im Naturzustand war.
Drei Meilen hinter Gus Terrys
Villa hatte ich eine Imbißstube entdeckt, die die
ganze Nacht über geöffnet war. Ich parkte mein Cabrio, ging hinein und
bestellte Kaffee und ein Roastbeef-Sandwich. Dann hängte ich mich ans Telefon,
während ein verschlafen aussehender Koch lustlos daranging, dieses opulente
Mahl für mich zu bereiten.
Nach einigem Blättern im
Telefonbuch fand ich Obisters Privatnummer. Ich wählte. Sein Telefon schlug
sieben- oder achtmal an. Dann meldete er sich höchstpersönlich.
»Hier Danny Boyd«, sagte ich
forsch. »Großalarm, George. Gus Terry ist erschossen worden, und in seiner
Villa wimmelt’s von Polizisten. Sie haben den
Schlüssel zu dem Schließfach, in dem er seine Unterlagen und Kontobücher
aufbewahrt .«
»Das kann doch nicht wahr
sein«, rief er entsetzt.
»Eine kleine Chance haben wir
noch !« sagte ich sachlich. »Wir treffen uns in einer
Stunde in Ihrem Zimmer in der Bayside Tavem .«
»Ich — ich weiß gar nicht,
wovon Sie reden«, murmelte er.
»Wenn Dummheit weh täte, müßten
Sie den ganzen Tag schreien, George«, sagte ich. »Der Rauschgiftring war ein
einträgliches Geschäft, was? Da werden Sie sicher dem lieben Danny auch ein
Stück von dem großen Kuchen abgeben! Aber wenn Sie nicht in einer Stunde in der Bayside Tavern sind, haben
wir das Nachsehen !« Ich hängte ein, bevor er sich noch
auf weitere Erörterungen einlassen konnte.
Dann suchte ich mir
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