Blonder Kugelfang
auf
die Beine. Der eine Kerl war etwa vierzig Jahre alt, hatte graues Haar und
nüchterne graue Augen. Sein Begleiter war sehr viel jünger, blond, und seine
blauen Augen glänzten aufgeregt.
»Dies ist Earl.«
Der Ältere deutete auf den
langmähnigen blonden Jüngling. »Ich bin Marty.«
»Verdammt, was soll das...«,
fragte ich, verschluckte aber den Rest. Ich hatte mich auf ihn stürzen wollen,
blieb aber plötzlich stehen, weil der Jüngere eine Schußwaffe gezogen hatte.
»Wir haben von der Vorstellung
gehört, die Sie mit Tino in Langans Haus gegeben
haben«, meinte Marty leichthin. »Sie rechneten wahrscheinlich damit, daß Tino
nicht schießen würde. In seinem Fall hatten Sie damit recht, aber bei Earl wäre
das ein verhängnisvoller Irrtum.«
»Tino ist eine Flasche«, sagte
der Junge, und seine Augen funkelten noch heller.
»Wir haben zwar geläutet«,
berichtete Marty, »aber Sie waren wahrscheinlich zu beschäftigt, um die Glocke
zu hören.«
»Deshalb habe ich das Schloß
aufgebrochen«, fuhr Earl fort. »Ein Kinderspiel. Haben Sie eigentlich noch nie
von Sicherheitsketten und Riegeln gehört, Holman ?«
»Was wollen Sie von mir?«
fauchte ich.
»Mr. Bonetto möchte Sie sprechen«, antwortete Marty. »Und zwar sofort. Also ziehen Sie sich
wieder an, Mr. Holman , dann können wir gehen.«
Angela lag immer noch auf der
Couch, das Gesicht in den Armen vergraben. Vielleicht spielte sie Vogel Strauß
und hielt sich für unsichtbar. Aber Marty ging hinüber und blickte auf sie
hinunter. »He!« Er tippte leicht mit dem Zeigefinger auf den Skorpion, und
Angela zuckte zusammen. »Sie ist eine von Bennys Mädchen. Das erklärt
wahrscheinlich alles.« Er gab ihr einen spielerischen Klaps. »Mach’ dir keine
Sorgen, Kind, dir passiert nichts. Holman wird in
einer Stunde zurück sein, und du kannst inzwischen unter die Dusche gehen.«
Angela schluchzte einmal
hysterisch auf, dann sprang sie auf die Beine und rannte aus dem Zimmer. Ich
hatte mich inzwischen fertig angezogen und erntete dafür von Marty ein lobendes
Nicken.
»Earl kann jetzt wohl seine
Kanone wegstecken?« meinte er.
»Das kann er«, sagte ich
heiser.
»Es macht Ihnen doch nichts
aus, Holman , wenn ich nachher wieder mit Ihnen
zurückkomme?« fragte Earl schnell. »Das ist wirklich ein ganz leckeres Stück,
was Sie hier haben. Und wenn sie zu Bennys Mädchen gehört, macht sie’s doch mit
jedem, oder?« Er grinste mich dreckig an.
»Earl«, sagte Marty drohend,
»steck’ jetzt die Kanone weg. Dann geh’ hinaus und warte im Auto auf uns.«
»Er hat aber meine Frage noch
nicht beantwortet«, schmollte der Junge.
»Du sollst mich nicht reizen«,
warnte Marty. »Wenn ich dich an dieselbe Stelle trete wie das letzte Mal,
verlierst du alles Interesse für Mädchen.«
Eine ganze Weile standen sie
nur da und starrten einander an, dann ließ das Funkeln in Earls Augen langsam
nach. Schließlich machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand aus dem Zimmer.
»Hilfskräfte sind heutzutage wirklich ein Problem«, sagte Marty im
Konversationston. »Was waren das noch für Zeiten, als man sich seine Leute
sorgfältig aussuchen konnte. Heute sind sie entweder Süchtige oder Halbirre — oder beides.«
»Vielleicht sollten Sie den
Beruf wechseln?« schlug ich vor.
Er grinste breit. »Daran habe
ich auch schon gedacht. Aber wir leben im Zeitalter der Organisationen, Holman . Niemand will mehr einen unabhängigen Vollstrecker
anstellen, weil seine Firmentreue in Zweifel gezogen werden könnte.«
»Jedenfalls vielen Dank, daß
Sie Earl zurückgepfiffen haben«, sagte ich widerstrebend.
»Er muß immer irgend etwas beweisen«, seufzte Marty. »Aber wenn es gar zu
schlimm wird, bekommt er einen Tritt von mir, dann geht es wieder eine Weile
besser mit ihm. Was mich nur wirklich auf die Palme bringt, er scheint es
darauf abgesehen zu haben.« Marty zuckte die Schultern. »Wie dem auch sei, wir
fahren jetzt zu Bonetto .«
Earl saß am Steuer des großen
schwarzen Continental, ich mit Marty im Fond. Konversation wollte sich nicht
einstellen, doch es war ohnehin nur eine kurze Fahrt. Bonetto bewohnte eine klotzige Villa in Brentwood , wo uns ein
Typ in Schwarz und mit diskretem Gehabe einließ. Das Haus war größer als das
von Benny Langan und geschmackvoller möbliert. Im
Wohnzimmer hingen teure moderne Ölgemälde.
»Sag’ Mr. Bonetto ,
daß wir hier sind«, befahl Marty dem Jungen. Er wartete, bis der immer noch
beleidigte Earl den Raum
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