Blondes Gift
was so lange dauerte, warum nicht tausend blinkende Lichter und Sirenen vor ihrem Haus aufkreuzten, wo doch ihr Mann, um Gottes willen, das Gehirn ihres Mannes in seinem Schädel explodiert war. Die ganze verdammte Welt sollte eigentlich zum Tatort eilen, um zu helfen, um herauszufinden, was schiefgelaufen war. Jedenfalls erwartete Kowalski, dass sie das dachte.
»Was machen Sie hier drin?«
Er nahm die Plastikschachtel mit der Zahnseide und schnipste den Deckel auf.
Die besten Einsätze lieferten die Ausrüstung gleich mit.
»Da ist was, das Sie sich unbedingt ansehen sollten, Mrs. Hunter.«
00:25 Uhr
Sheraton, Zimmer 702
Sie saßen auf dem Sofa in der oberen Ebene des S immers, drei Stufen über der Vertiefung mit dem Schlafzimmer. Es war ein Polstersofa mit einem langweiligen Muster in zarten Ocker- und Brauntönen . Starrte man es zu lange an, schlief man automatisch ein. Das war das Konzept hinter einem Hotel wie diesem. Man sollte die meiste Zeit bewusstlos verbringen. Dann bezahlen und wieder abreisen. Jack saß am einen, Kelly am anderen Ende des Sofas. Sie streifte ihre Schuhe ab und legte ihre nackten Füße auf das Sofa, nur ein paar Zentimeter von Jack entfernt.
»Okay, kommen wir zur Sache. Erst mal will ich dir sagen, wie ich auf dich gekommen bin.«
»Das war also kein Zufall.«
»Kaum. Ich hab dich im Flugzeug von Houston hierher
ausgewählt. Ich saß zwei Reihen hinter dir. Es lag nicht an dir, dass du mich nicht bemerkt hast. Du bist nur einmal zu den hinteren Toiletten gegangen , und das Flugzeug schaukelte ein bisschen. Du konntest dich kaum auf den Beinen halten. Erinnerst du dich?«
Das stimmte. Jack hätte sich bei den ganzen Turbulenzen in der Toilette fast über die Hosen gepinkelt.
»Ich hab gehört, wie du dich mit dem Typ auf dem Nebensitz unterhalten hast. Er war Rechtsanwalt, und du hast ihm gesagt, du bist Journalist.«
»Ja, ich bin Reporter. Ich arbeite für eine Wochenzeitung in Chicago. Weißt du, wenn du einfach nur eine Geschichte an den Mann bringen willst, hättest du mir das sagen können. Wir hätten Interviews aufgenommen, ganz offiziell. Ich hätte dir helfen können, egal, was für Probleme du hast. Warum hast du das alles getan?«
»Weil ich ohne dich längst tot wäre.«
»Oh.«
Jack hielt inne.
»Was heißt das?«
»Das meine ich wörtlich. Wenn nicht ständig jemand höchstens drei Meter von mir entfernt ist, sterbe ich.«
00:28 Uhr
Keller, Edison Avenue
B astelstunde. In einer Küchenschublade fand Kowalski Gefrierbeutel. Die Hunters liebten es offenbar, große Fleischbrocken einzufrieren. In ihrer sechseinhalb Kubikmeter großen Tiefkühltruhe fand er ganze Hühner, Lammkeulen, Schweinekoteletts, Hüftsteaks. Wahrscheinlich waren sie Mitglieder in einer Einkaufsgemeinschaft bei einem Großhandel. Kowalski fragte sich, ob Katie versucht hätte, ihn zu so was zu überreden – etwas, das seiner langjährigen Überzeugung von einem einfachen, bescheidenen Leben zuwiderlief. Andererseits, mit einem Baby wäre wohl alles anders gekommen. Da konnte man nicht in letzter Minute irgendwo Windeln schnorren. Man musste die Dinger stapelweise vorrätig haben. Das hatte er zumindest gehört.
Schluss mit dem Scheiß. Nimm den Kopf und verschwinde.
Tatsächlich hatten die Gefrierbeutel die ideale Größe für einen menschlichen Kopf.
Unten im Keller wählte Kowalski unter den Sporttaschen, die er in einem Wandschrank aus Zedernholz fand, eine aus. Er entschied sich für das unauffälligste und stabilste Modell: eine kleine Adidas-Sporttasche mit einem leicht zu öffnenden, U-förmigen Verschluss auf der Oberseite. In einem Kasten
unter einem Arbeitstisch fand Kowalski eine billige, aber brauchbare Metallsäge. Das Sägeblatt sah aus, als wäre es nie benutzt worden.
Er hatte gehofft, irgendeine Art von Elektrowerkzeug zu finden, aber Fehlanzeige. Ed stand offenbar nicht auf häusliche Reparaturarbeiten.
Hinterher würde Kowalski der Arm wehtun. Das wusste er jetzt schon.
Was die Zerstörung des Hauses anbelangte – und das war wirklich eine Schande; es war ein schönes Haus mit Hartholzböden, nach hinten raus gab es ein nierenförmiges Schwimmbecken mit Whirlpool, umgeben von Kiefern -, das war ein Kinderspiel. Es handelte sich um ein freistehendes Haus, es gab also keine Nachbarn, um die man sich Gedanken machen musste. Selbst eine gewaltige Explosion blieb auf dieses Grundstück beschränkt.
Er konnte also auf seine bevorzugte Methode zurückgreifen:
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