Blondes Gift
abholen lassen können. Sie hätte ein Taxi rufen können. Aber nein.
»Schönen Morgen noch, die Ladys«, sagte Jack, während er aufstand und sich den Schmutz von den Händen wischte. Bei seiner kleinen Rutschpartie über den Asphalt hatte er sie sich aufgeschürft.
Vom unteren Ende der Spring Garden Street her näherte sich jetzt ein Bus. Undeutlich konnte er die Anzeige oben am Bus erkennen. Linie 43.
» Arsch leuchter.«
Jack eilte über die Straße, und als er sie zur Hälfte überquert hatte, merkte er, wie sehr sein rechtes Bein schmerzte. Er wusste nicht, ob es nur steif war oder ob er sich tatsächlich verletzt hatte, als er auf den Gehweg geknallt war.
Als er dann den Mittelstreifen erreichte, fing sein Kopf an zu pochen.
Gütiger Himmel. Nicht jetzt schon.
Er überquerte den Rest der Straße, so schnell er konnte, und verlangsamte das Tempo erst, als er die Haltestelle fast erreicht hatte. Das Letzte, was er wollte, war, Angela zu erschrecken, sie zu verjagen. Die Crack-Huren fanden das wahrscheinlich zum Schreien komisch. Hey, guck mal, der weiße Typ steigt in die Eisen. Gleich legt er sich auf die Fresse.
Jack glaubte, Angela, die inzwischen in ihrer Hosentasche nach dem Fahrgeld kramte, hätte den Blick die
ganze Zeit auf den Bus gerichtet gehabt. Aber jetzt sagte sie, ohne ihn anzusehen: »Was soll das hier werden?«
»Ich will nur den Bus kriegen«, sagte er außer Atem.
»Das ist echt kaputt. «
Der Bus hielt an. Die Bremsen pufften und keuchten. Und ein hohes Quietschen zerriss die frühmorgendliche Stille. Der Motor ratterte heftig; es grenzte an ein Wunder, dass die Verkleidung am Gestänge blieb. Dann öffnete sich zitternd die Doppeltür.
Angela stieg in den Bus, warf etwas in den zerkratzten Fahrscheinautomaten und verzog sich ans hintere Ende des Busses. Jack stieg ein und versuchte, rasch die Schilder mit den Tarifen zu überfliegen. Das war alles schrecklich verwirrend. Anschlüsse, Zonen, Grundpreis … zwei Dollar. Zwei Dollar?
»Eine Fahrt kostet zwei Dollar?«
»Zwei Dollar«, sagte der Fahrer. Er hatte hier und da einige Bartstoppeln im Gesicht, und seine Augen waren rot unterlaufen.
Jack griff in seine Gesäßtasche, dann fiel ihm ein, wo sich seine Brieftasche befand. Nein. Nein nein nein. Linke Vordertasche, nichts, rechte Vorder… oh, Gott sei Dank. Ein Zehner und ein Ein-Dollar-Schein. Sein Wechselgeld aus der Flughafenbar vom gestrigen Abend.
»Können Sie einen Zehner klein machen?«
Der Fahrer seufzte. »Nur passendes Geld.« Er nickte vage Richtung Tarifschild.
»Kommen Sie, Kollege, können Sie mir nicht eine Tageskarte oder so was verkaufen?«
Der Fahrer antwortete gar nicht erst, so als wäre die Frage unter seiner Würde.
»Rein oder raus.«
Jack ließ fluchend den Zehner in den Automaten gleiten. Offiziell hatte er jetzt noch einen Dollar in der Hand, keine Kreditkarten und steckte in einer fremden Stadt fest, in der ihn eine fremde Frau vergiftet und mit tödlichen Nanomaschinen infiziert hatte … Ach ja, und in der seine einzige Freundin eine Kellnerin war, die in einem italienischen Restaurant arbeitete und dubiose Clubs besuchte, in denen Bullen nach Feierabend dafür bezahlten, dass sie dabei zusehen durften, wie sie einen Sattel mit einem Dildo bestieg.
»Vergessen Sie Ihr Ticket nicht«, sagte der Fahrer und reichte Jack einen dünnen Streifen weißgraues Papier.
Der Bus fuhr an.
4:45 Uhr
The Hot Spot
K owalski bedankte sich beim Taxifahrer, schob ihm einen Zehner rüber und nahm die Sporttasche
vom Sitz – das wäre doch ein Spaß gewesen, wenn er Eds Kopf auf dem Rücksitz des Taxis vergessen hätte. Er konnte sich die Schlagzeilen in den lokalen Boulevardblättern lebhaft vorstellen. HOPPLA, WAS VERGESSEN? Oder vielleicht MIT KÖPFCHEN INS TAXI-GESCHÄFT EINSTEIGEN. Für so einen Mist lebten sie. Aber Ed hatte mehr verdient als einen schlechten Kalauer in der Morgenzeitung.
Die braune Plastiksprechanlage an der Tür fragte ihn nach dem Passwort. Sylvester, sein Grufti-Informant, hatte ihm eines gegeben, mit dem es klappen sollte: »Augapfel-Skelett.« (Na ja, er hatte schon schlimmere benutzt.) Kowalski versuchte es. Die Tür summte und sprang auf. Sylvester war eine ganz schöne Nervensäge, aber meistens kam er damit durch. Kowalski musste ihm mal eine kleine Aufmerksamkeit zukommen lassen. Damit sich der Typ ein Paar Vampirzahn-Implantate kaufen konnte.
Jetzt kam allerdings der heikle Teil: Er musste einen geheimen Sexclub
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