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Blondine ehrenhalber

Blondine ehrenhalber

Titel: Blondine ehrenhalber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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Alters trippelten umher wie aufgezogene Mäuse in Anzügen. Frank hielt sie für Redakteure. Männer und Frauen jeglichen Alters schienen sich gelangweilt die Zeit an ihren Schreibtischen zu vertreiben. Frank hielt sie für Journalisten, die gerade ihre Artikel fertig geschrieben hatten. Die bunte Mischung der Mitarbeiter imponierte ihr, das betraf nicht nur ihre Kleidung und ihr Alter, sondern auch ihre ethnische Zugehörigkeit. In der Welt der Zeitschriften waren die Autoren und Redakteure zu einem Großteil weiße Frauen zwischen fünfundzwanzig und fünfzig. Das war jedenfalls Franks Erfahrung, und sie hatte bei zwei Hochglanzmagazinen für Frauen gearbeitet, bevor sie zu Bookmakers’ Monthly gegangen war. Im Allgemeinen spiegelte das Team einer Zeitschrift seine Leserschaft wider. Zeitungen, besonders die täglich erscheinende Boulevardpresse, mussten über ein heterogenes Team verfügen, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Das schien gesünder, weniger eng. Frank gefiel das. Sie sog die Luft ein, als könnte sie damit die Atmosphäre des Raums in sich aufnehmen.
    An den Aufzugstüren stieß ein junger Mann gegen sie. Frank bat ihn, ihr die Richtung zu Piper Zorns Schreibtisch zu zeigen. Es schien eine extreme Anstrengung für ihn zu sein, seinen Daumen nach rechts drehen zu müssen. Frank bedankte sich überfreundlich für die gnädige Geste. Sie musste die gleiche Frage noch einige Mal stellen, bevor sie Pipers Schreibtisch in einem Wirrwarr von Computer-Terminals endlich fand. Er stand in einer Ecke der Nachrichtenredaktion. Nicht in einem Eckbüro. Lediglich in die Ecke geschoben, als hätte man ihn fast, aber doch nicht ganz, vergessen. Frank setzte sich in seinen Drehstuhl, um auf ihn zu warten. Währenddessen dachte sie an Clarissa und überlegte, ob sie auch bei Zorn vorbeischauen würde. Frank hoffte nicht, denn auf ein solches Zusammentreffen war sie nicht vorbereitet.
    Sie schaute auf die Uhr. Fünfzehn Minuten wartete sie nun schon. Vielleicht kam Zorn heute gar nicht zur Arbeit. Eine halbe Stunde würde sie ihm noch geben. Um die Zeit totzuschlagen, schnüffelte sie etwas auf Zorns Schreibtisch herum. Sie hob einige seiner Notizen auf, aber das Gekritzel war unleserlich. Sie benutzte sein Telefon und wählte ihre eigene Nummer, um die Nachrichten abzuhören. Die erste lautete: »Clarissa hier. Hast du die Post heute Morgen gesehen? Ist das nicht toll? Wir sehen uns dann heute Abend gegen sechs.« Bis dahin würde Clarissa von ihrem Gespräch mit Zorn wissen. Frank war hin- und hergerissen. Sie freute sich darauf, Clarissa wiederzusehen, aber andererseits fürchtete sie sich vor ihrer Verachtung. Ihre Emotionen lenkten sie so ab, dass sie um ein Haar die zweite Nachricht verpasst hätte: »Hi, Francesca. Hier ist Walter. Ich muss immerzu über dich nachdenken. Ich muss dich wiedersehen, so schnell wie möglich. Ich komme heute Abend ins Romancing the Bean. Vielleicht können wir ja zusammen essen? Bis dann.«
    Während ihr der Apparat mitteilte, dass es keine weiteren Nachrichten mehr gab, wanderten ihre Augen durch die Redaktion und blieben am Rücken eines Mannes hängen, der an einem Kopiergerät stand. Er hatte einen langen, geraden Rücken und noch längere Beine. Sein Haar hatte die gleiche Farbe wie das von Walter. Als er ihr das Profil zudrehte, sah sie, dass er lange Koteletten hatte. Frank schloss die Augen. Als sie sie wieder öffnete, war der Mann verschwunden. Unglaublich, was der Geist alles fertig brachte, dachte sie. Sie hatte seine Stimme gehört und sein Bild auf einen Mann mit ähnlichem Aussehen projiziert.
    In diesem Moment klingelte Pipers Telefon und Frank folgte einem Reflex und hob ab. Beinahe hätte sie »Barney Greenfield’s« gesagt. Aber bevor sie überhaupt dazu kam, irgendetwas zu sagen, kreischte eine Frauenstimme: »Okay, Zorn. Du bist mir viel Zeit schuldig. Ich will Blumen. Süßigkeiten. Ein Hotelzimmer. Ich will Romantik. Komplimente. Du musst mir alle fünfzehn Sekunden sagen, dass ich toll aussehe. Ich will, dass du deine Augen aufmachst und dass das Licht brennt, wenn du mich küsst. Und sag meinen Namen immer wieder und wieder. Klar?«
    »Es tut mir Leid...«, stotterte Frank.
    Die Frau unterbrach sie. »Gar nichts tut dir Leid. Du kannst dich da nicht herauswinden. Die gerichtsmedizinischen Befunde über Charles Peterson werden zur Bestätigung gerade noch einmal überprüft. Das erste Resultat hat aber ergeben, dass die Todesursache ein Schlag auf den

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