Blondine ehrenhalber
Staub im Auge«, entgegnete sie.
»Name«, sagte der Schnurrbart kurz angebunden.
»Amanda Greenfield.«
»Die bildschöne Cafébesitzerin.«
Sie errötete. »Bildschön würde ich nicht sagen.«
Der bärtige Polizist bemerkte: »Ich schon.«
Der schnurrbärtige Gesetzeshüter sprach weiter: »Also, Amanda Greenfield, Sie kommen offiziell nicht mehr für den Mord an Peterson in Frage.«
»Bin ich denn je offiziell in Frage gekommen?«
»Nur für die Presse«, sagte der Bärtige. »Los, Morton.« Er stieß Benji zur Tür.
Durch und durch unzufrieden erhob sich Amanda vom Boden. »Wo bringen Sie ihn hin?«
»Sind Sie mit dem Mann liiert?«, fragte einer der Polizisten zurück.
»Fragen Sie das hinsichtlich Ihrer Untersuchung oder aus persönlicher Neugier?«, entgegnete Amanda.
»Genug, Pastelli«, sagte der schnurrbärtige Ordnungshüter zu seinem Kollegen. Dann wandte er sich an Amanda: »Wir nehmen ihn mit aufs Revier. Ein Zeuge hat sich gemeldet und wir brauchen ihn für eine Gegenüberstellung.«
»Ein Zeuge wofür?«, fragte sie.
Die Polizisten warfen sich einen Blick zu, so als wäre Amanda ungeheuer dick. Schließlich sagte der Bärtige: »Er wird beschuldigt, Charles Peterson getötet zu haben.«
Genau das hatte Amanda befürchtet zu hören. Ihr Verstand lehnte diese Vorstellung ganz und gar ab: Benji, der arrogante Typ von nebenan, konnte keine brutale Gewalttat an einer so lieben Seele wie Chick verübt haben. Benjis Gesicht war weiß wie Eierschalen, er sah aus, als würde er jeden Moment umkippen. Die Polizisten schoben ihn mit einigen unsanften Stößen nach draußen, dicht gefolgt von Amanda, die nicht wusste, was sie sonst hätte tun sollen.
Sie drückten Benjis Kopf nach unten, um ihn ins Polizeiauto zu befördern. Es war ungefähr 6.30 Uhr. Um diese Zeit waren schon die ersten Leute unterwegs zu ihrem Arbeitsplatz in Manhattan. Einige Dutzend Menschen beobachteten die Demütigung Benjis durch die Hand des Gesetzes. Und plötzlich schien die Montague Street voll mit Schaulustigen zu sein. Alle Augen waren auf Benji gerichtet, den Angeklagten.
Sobald Benji saß, rief er: »Amanda, wenn dir unsere Freundschaft etwas bedeutet« — sie war sicher, dass sie ihm nichts bedeutete — , »dann warte im Laden, bis mein Team kommt, damit sie das Geschäft aufmachen können.«
»Wo sind die Schlüssel?«, fragte Amanda.
Die Polizisten warfen die Autotür zu. Benji artikulierte »Auf der Theke« durch das schalldichte Fenster, Amanda nickte und das Auto flitzte davon.
Amanda ging ins leere Moonburst zurück und schloss die Tür von innen ab. Der Schock, dass die Polizei Benji mitgenommen hatte, saß ihr in den Knochen. Aber auch, als sie sich mit der Realität abzufinden versuchte, weigerte sich ihr allessehendes, allwissendes drittes Auge, an Benjis Schuld zu glauben. Sie wusste nicht, woher diese Intuition kam, aber sie vertraute ihr. Trotz dieser Gewissheit war ihr das Rätsel um Chick wieder von neuem auf den Magen geschlagen. Wenn Benji ihr schon nicht geholfen hatte, Bert Tierney in Vietnam zu kontaktieren, musste sie eben zur Selbsthilfe greifen.
Sie hatte, so überschlug sie, ungefähr fünfzehn Minuten Zeit bis zur GKAZ (geschätzte Kellner-Ankunfts-Zeit). Zuerst wühlte sie unter der Theke herum und stellte fest, dass der bedauernswert Benji seine Jacke dagelassen hatte. Als sie nichts fand, ging sie nach hinten zu Benjis Büro. Sie probierte die Schlüssel an Benjis Schlüsselbund durch, immer wieder und wieder, fummelte mit jedem einzelnen herum und ließ ihn dann wieder aus. Sie verlor kostbare Zeit. Ihr Herz pochte wild. Doch endlich gelang es ihr, die Tür zu öffnen. Der Raum war nicht größer als ein Wandschrank. Immerhin gab es in diesem fensterlosen Loch einen Schreibtisch, einen Computer, ein Telefon und einen Aktenschrank. Und ein Rolodex-Telefonverzeichnis.
Amanda blätterte zum T. Tierney, ganz am Anfang. Sie kritzelte schnell die Nummer auf ein Post-it und stopfte das gelbe Quadrat in ihre Jackentasche. Dann sah sie auf die Uhr. GKAZ: in acht Minuten. Ein Anruf nach Vietnam kostete sicher ein Vermögen. Sie setzte sich auf Benjis Stuhl und wählte die Nummer der internationalen Vermittlung, um das Gespräch anzumelden.
Beim ersten Klingelzeichen meldete sich ein Mann. »Silver Coast Resorts.« Amanda war froh, englisch zu hören.
»Bert Tierney, bitte«, sagte sie.
»Am Apparat.«
Amanda rutschte auf dem Stuhl hin und her. »Hallo, Mr Tierney. Mein Name ist
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