Blood and Chocolate - Curtis Klause, A: Blood and Chocolate - Blood and Chocolate
lag ein angenehmer, intimer Geruch wie von einem warmen Bett, in dem jemand geschlafen hatte, und ein Hauch von Babypuder und Spearmintkaugummi. Willem.
Er hielt neben dem Baumstamm inne, als wisse er nicht, ob er sie wecken solle oder nicht.
Sie rollte sich zur Seite, packte ihn an den Beinen und riss ihn zu Boden. Während er fiel, biss sie ihn in die Wade, woraufhin er aufjaulte. Sie warf sich auf ihn, hielt seine Arme auf den Boden gedrückt und legte ihm leicht drohend das Knie in die Leistengegend.
»Vivie!«, flehte er. »Ich bin’s doch nur. Vivie, lass mich los.«
Vielleicht lag es daran, dass er ihren Babynamen benutzte, oder auch an seinen sanften, verwirrten Augen, doch die Hitze ihres Zorns verflog, und Vivian glitt zur Seite und ließ ihn los.
»Verdammt, Vivie, ich hab schon gedacht, du würdest mir wehtun.« Er rappelte sich in eine kniende Position auf, eine Hand schützend vor dem Schritt.
»Was machst du hier?«, fragte sie fordernd.
Willem wischte sich mit der Faust die Nase ab und warf ihr einen Seitenblick zu. Sein Lächeln war das alte, zärtliche Lächeln. »Ich bin ins Tooley’s gegangen, weißt du, um ihnen den Spaß zu gönnen, mich rauszuschmeißen, und deine Mom hat mich erwischt. Sie hat gesagt, da ich offensichtlich nichts Besseres zu tun hätte, könnte ich doch meinen Hintern herbewegen und dir Gesellschaft leisten. Hat gesagt, du seist seit Wochen nicht draußen gewesen.« Er hob die Augenbrauen und legte den Kopf auf eine Weise schräg, die sie vor drei Millionen Jahren zum Lachen gebracht hätte. »Soll ich ihn für dich verprügeln?«
Wie kann sie es wagen? , dachte Vivian. Wer hat ihr das Recht gegeben, meine Privatangelegenheiten herumzuposaunen? »Ich kann mich selbst prügeln, danke«, erwiderte sie kalt.
Willem schnitt eine Grimasse. »Ja. Ich Dummkopf.«
»Warum bist du nicht bei den anderen Ganoven?«, fragte sie.
Willem zuckte mit den Schultern und runzelte leicht die Stirn. Mit einem seiner Bikerstiefel trat er gegen den Baumstamm. »Ach, Finn hält sich für’ne ganz heiße Nummer – kommandiert uns rum, weil Rafe nicht da ist, um ihm eins aufs Maul zu geben. Ich meine, Rafe ist schlimm genug, aber wenigstens lässt er uns nicht irgendwelchen hirnrissigen Kram machen, bloß um zu beweisen, dass er es kann. Greg gefällt es auch nicht, also streiten sie sich ständig, und du kennst ja Ulf – der blöde kleine Scheißer macht alles mit. Wenigstens vögelt Finn nicht seine Mutter.«
»Rafe hängt immer mit Astrid rum?«, fragte Vivian.
»Ja. Bei ihr zu Hause. Hilft ihr, ›sich zu erholen‹. Er hält sie für das Tollste auf der ganzen Welt. Ich kapier es nicht.« Willem schüttelte den Kopf. »Allerdings kann ich schon verstehen, dass er dort bleibt. Sein Dad benimmt sich seltsamer denn je.«
Sie saßen eine Zeit lang schweigend da, während die Nacht um sie herum dunkler wurde.
»Früher hatten wir mächtig Spaß, Viv, nicht wahr?«, sagte Willem schließlich. »Jetzt frage ich mich, wer sich um mich kümmert, abgesehen von mir selbst. Die Alten,
die reden doch nur. Und Gabriel, wer ist er schon? Wird er uns wie Finn dazu bringen, dummes Zeug zu tun, bloß um zu zeigen, wer der Boss ist? Weißt du was? Ich glaube, du bist die Einzige, der ich vertraue. Du bist cool. Du lässt dich von uns nie zu Dummheiten überreden.« Willem verfiel wieder in Schweigen.
Oh ja. Ich bin ja so cool , dachte Vivian.
»Weißt du, wer diesen Kerl getötet hat, Viv?«, sagte Willem unvermittelt.
Vivians Magen verkrampfte sich.
»Keiner weiß es«, fuhr er fort. »Das finde ich so schräg. Einer von uns hat getötet, und keiner weiß, wer. Früher haben wir das immer gemeinsam getan.«
Eine schwache Brise kam auf, und ein Wetterleuchten durchzuckte den Himmel. Willem seufzte.
Vivian versetzte ihm einen sanften Stoß in die Rippen. »Verschwinde. Sag Finn, er kann dich mal. Pass auf dich selber auf, Arschloch.«
Er grinste verlegen. »Vielleicht mach ich das.«
»Tja, geh und tu’s jetzt«, sagte sie. »Ich muss allein sein.«
»Okay, okay.« Willem stand auf. Er zögerte. »Lass dich nicht unterkriegen, okay?«
»Ja, klar.«
Vivian ging die Lincoln Avenue entlang auf den Park zu. Sie würde aufhören, Trübsal zu blasen, und sich nicht unterkriegen lassen, wie Willem gesagt hatte. An diesem Abend fand ein kostenloses Konzert statt: Sechs örtliche
Bands hofften, neue Fans in die umliegenden Collegebars zu locken. Die Amöbe wäre gewiss da, und Aiden mit
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