Blood and Chocolate - Curtis Klause, A: Blood and Chocolate - Blood and Chocolate
verstohlene Blicke zuwerfen würde, ganz egal, wie sehr er sich bemühte, wegzuschauen. Den krieg ich schon , dachte sie zuversichtlich.
Aiden stand auf. Vivians Herz tat einen Sprung. Er kam zu ihr. Sie würde ihn nicht geduldig verführen müssen.
Doch er drehte sich nicht in ihre Richtung. Kelly rannte durch die Menge und warf sich ihm in die Arme. Er drückte sie an sich und lachte, während sie ihn am Hals küsste.
Eine heiße Sonne der Wut explodierte in Vivians Brust.
23
Vivian ging erst bei Einbruch der Dunkelheit. Auf keinen Fall würde sie sich vor Aidens Augen vertreiben lassen. Sie sah sich den Auftritt zweier Bands durch tränenverschleierte Augen an, doch die Musik war bedeutungloser Lärm – sie klatschte nie, und im Gegensatz zu den anderen um sie herum stand sie auch nicht zum Tanzen auf -, und jedes Mal, wenn schallendes Gelächter von der Amöbe herüberwehte, verkrampfte sich ihr Magen, und ihre Schultern versteiften sich, bis sie fast starr vor Zorn war. Sie blickte nicht in die Richtung, ansonsten würde sie gewiss zerbersten.
»Alles in Ordnung?«, fragte der Typ neben ihr, der sie offensichtlich nur zu gern getröstet hätte.
»Ja.« Das Wort kam als heiseres Flüstern hervor, und sie schüttelte den Kopf, als er versuchte, den Arm um sie zu legen. Er wich zurück, nahm ein Bier von seinem Kumpel entgegen und schrie dann aufmunternd in Richtung Bühne, um die erlittene Zurückweisung mit zur Schau gestelltem Draufgängertum zu überspielen.
Schließlich dämmerte es immer mehr, und die grellen Bühnenscheinwerfer gingen an, so dass das Publikum nichts mehr sonst um sich herum wahrnahm. Als alle
aufstanden, um der von der Bühne gehenden Band zuzujubeln, erhob sich Vivian mit ihnen und stahl sich davon.
Sie schlängelte sich durch die Menge, zwischen Decken und Kühlbehältern hindurch, über Beine und Rucksäcke. Sie ging an Pärchen vorüber, die nach Schweiß und billigem Wein rochen, und an Gruppen junger Männer, die rülpsend den beißenden Gestank von Bier verströmten. In der sich abkühlenden Luft wehte der Rauch von Zigaretten und Marihuana. Insgeheim verfluchte sie die Leute für ihre glückliche Ahnungslosigkeit.
Sie erreichte den Fluss und folgte ihm stromaufwärts in Richtung ihres Zuhauses. Als sie wieder in ihrem Revier war, sprang sie in das hohe Gras und rollte darin herum, die Arme um sich geschlungen, als wolle sie die Pein zerquetschen, doch ihr Elend brach sich Bahn, und sie schrie ihre Flüche gen Himmel. Sie wütete gegen sich selbst und den Jungen und vergoss heiße Tränen.
»Ich bin schön!«, brüllte sie heiser. »Warum sieht er das nicht?« Sie riss büschelweise Gras aus, grub Löcher in den Boden und schleuderte die Erde in die Nacht hinaus.
»Himmel, Viv, geht es noch lauter?«
Vivian versteifte sich, mit den Händen die Vorderseite ihres Oberteils gepackt. Ein sich verlängernder Nagel schnitt durch die Baumwolle und stach in ihre Brust. Sie hatte niemanden kommen hören.
Rafe schlenderte um sie herum und bückte sich, um ihr ins Gesicht zu sehen. »Sauer?«
»Verpiss dich.«
»Warum erledigst du ihn nicht, Viv? Er hat es verdient. Du könntest das – oder etwa nicht?«
Sie stürzte sich auf Rafe und versuchte, ihm das Gesicht zu zerkratzen.
Lachend sprang er zurück. »Heb dir das für deinen Fleischjungen auf, Viv.« Dann war er verschwunden.
Vivian rollte sich zu einer Kugel zusammen, um ihr Schluchzen zu ersticken. Es war ihr peinlich, dass Rafe sie außer Kontrolle erlebt hatte. Nach einer Weile hörte das Weinen endlich auf, und sie kauerte in dem stacheligen Gras, die Arme eng um die Knie geschlungen, die Nase voll von dem Staub des sommerlichen Heus. Allmählich ließ sie sich auf die Seite gleiten und lag da wie eine weggeworfene Stoffpuppe.
Es raschelte im Gras, und diesmal erkannte Vivian Rafes scharfen Geruch nach Leder, bevor er selbst sie erreichte. Sie spürte, dass er über ihr stand, doch sie ignorierte ihn. Er stieß sie leicht mit einer Zehe an und ließ dann etwas Langes, Kaltes und Glattes in ihre Armbeuge gleiten. Sie schlug die Augen auf und fletschte die Zähne.
»Es löst die Probleme nicht«, sagte er, und das ungewohnte Mitleid in seinen Augen verblüffte sie. »Aber es betäubt dich eine Weile.« Dann ging er wieder.
Sie sah, dass er ihr eine Flasche dagelassen hatte. Sie machte sich noch nicht einmal die Mühe, das Etikett zu lesen, sondern schraubte den Verschluss auf und trank einen Schluck. Hustend
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