Blood and Chocolate - Curtis Klause, A: Blood and Chocolate - Blood and Chocolate
ihnen. Sie hatte ihm das Leben zu einfach gemacht; es war an der Zeit, ihn dazu zu bringen, sie anzuschauen, und ihm ins Gedächtnis zu rufen, wie schön sie war. Dann sah er vielleicht ein, wie töricht es gewesen war, sie zurückzuweisen.
Sie bürstete sich die dunkelblonden Haare, bis sie glänzten und von der Sonne ausgebleichte Strähnchen silbernes Feuer darin glitzern ließen. Ihr kurzes Top gab einen Streifen ihres flachen, festen Bauches über dem tief hängenden Rock frei. Ihre Haut war glatt, weich und golden.
Ein Schild an einem Telefonmast erregte ihre Aufmerksamkeit; es war bereits das dritte, an dem sie vorüberkam. Diesmal blieb sie stehen, um es zu lesen. Es handelte sich um eine Mitteilung der Polizei, die die Öffentlichkeit ermahnte, frei herumlaufende große Hunde zu meiden. Vivian schnaubte belustigt. Auf einmal fühlte sie sich so gut wie schon seit Tagen nicht mehr.
Als sie unter dem himbeerfarbenen Sorbetschaum einer Kreppmyrte entlangging, ertönte das Donnern eines nahenden Motorrads. Sie rechnete damit, dass es vorüberknattern würde, als es jedoch überraschend das Tempo drosselte und langsam neben ihr herfuhr. Als sie zur Seite sah, erblickte sie Gabriels schwarze Harley, die mit ihr Schritt hielt. Gabriels Miene war düster und grüblerisch, und auf einmal durchzuckte Vivian Angst. Dann grinste er und schaltete den Motor ab.
Sie blieb zusammen mit seiner Maschine stehen, als sei sie nicht fähig, ihre Bewegungen eigenständig zu kontrollieren.
Er musterte sie von Kopf bis Fuß, und seine Bewunderung war ihm deutlich anzusehen. »Ganz allein, Baby? Das glaube ich einfach nicht.«
»Dann tu’s eben nicht«, sagte sie. Warum war er gekommen, um ihr die gute Laune zu verderben?
Er achtete nicht auf ihre kurz angebundene Unverschämtheit. »Man sagt, dein Freund habe mit dir Schluss gemacht.«
»Weiß denn hier jeder über meine Privatangelegenheiten Bescheid?«, versetzte sie schroff.
»Was mich wundert«, fuhr er fort, »ist, warum?«
»Das geht dich nichts an«, sagte sie und setzte sich wieder in Bewegung. Innerlich zitterte sie. Worauf wollte er hinaus?
Gabriel schob seine Maschine neben ihr her. »Ich meine, sieh dich doch an. Er muss den Verstand verloren haben. Wo sollte jemand wie er noch einmal eine wie dich finden?«
Vivian ging schneller, doch Gabriel ließ sich nicht abschütteln.
»Du müsstest dir schon viel Mühe geben, um einen geilen jungen Kerl wie den abzuschrecken.«
Wütend wandte Vivian sich ihm zu. »Fahr zur Hölle!«
Seine Augen verhöhnten sie. »Hast du vielleicht was Falsches gesagt?«
Vivian wusste nicht, ob sie schreien oder auf ihn einschlagen
sollte. Der Teufel sollte sie holen, wenn sie vor ihm in Tränen ausbräche. Selbst wenn er eine Erklärung verdient hätte, könnte sie ihm niemals die Wahrheit sagen. Wenn er wüsste, dass sie fähig war, einem Außenstehenden ihre wahre Natur zu verraten, dann könnte er auf den Gedanken kommen, dass sie auch andere Treuebrüche verüben könnte.
»Vivian.« Der Spott verschwand aus seinen Augen. »Wenn du reden möchtest, wärst du vielleicht überrascht, wie gut ich zuhören kann.« Das dunkle Schnurren seiner Stimme war beinahe besänftigend. »Wenn du in einem Schlamassel steckst, bin ich der Richtige, um dich da herauszuholen«, sagte er. »Und wenn etwas passiert, mit dem …« Er dachte kurz nach, als suche er nach den richtigen Worten. »Mit dem selbst du nicht fertigwirst, habe ich reichlich Muskelkraft. Ich stelle keine Fragen. Okay?«
Sie hatte ihn nie für nett gehalten, doch einen Augenblick lang hätte sie sich ihm am liebsten in die Arme geworfen und ihm alles erzählt. Doch der Augenblick verflog so rasch, wie er gekommen war. Das wäre dumm. Im Moment hielt er sie für ein Mädchen mit Liebeskummer, das war alles, und vielleicht machte er sich nur ihr Leid zunutze.
»Danke für die Anteilnahme«, sagte sie und wünschte sich, sie könnte freundlicher klingen.
»Soll ich dich mitnehmen?«, fragte er. »Du bist auf dem Weg zum Konzert, stimmt’s?«
Sie überlegte eine Sekunde. »Ja«, sagte sie als eine Art Entschuldigung. Nun ja, es würde Aiden nicht schaden,
sie mit einem Verehrer eintreffen zu sehen, den die anderen Mädchen offensichtlich begehrenswert fanden.
Als sie ein Bein über die Maschine schwang, fiel ihr der Matchbeutel auf, der hinten festgeschnallt war. »Fährst du weg?«
»Ich komme gerade zurück«, antwortete er. »Ich war in Pennsylvania. Dort oben gibt es
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