Blood Coven Vampire 07 - Bis das der Biss uns scheidet-iO
ist voller lila schimmernder Gelehrter, die an Schreibpulte gekettet sind. Vor ihnen türmen sich riesige Stapel von Aufgaben. Dämonen marschieren durch die Reihen, und sobald eine Seele eine Aufgabe erledigt hat, werden drei weitere vor sie hingeknallt.
»Sie müssen bis in alle Ewigkeit Schularbeiten machen«, erklärt Herkules, »und haben nie auch nur einen Moment frei.«
»Nicht schlecht«, bemerke ich und überlege, ob welche von meinen früheren Lehrern vielleicht insgeheim Elfen, Trolle oder sonstige anderweltliche Kreaturen waren. Einige von ihnen wären ganz bestimmt für diese spezielle Hölle infrage gekommen.
»Und was ist das da drüben für ein Kreis?«, fragt Race und zeigt auf die nächste Insel, auf die wir zusteuern. Auf den ersten Blick scheint sie eher ein Paradies als eine Folterkammer zu sein. Überall stehen hohe, prall gefüllte Bücherregale. Aber dann sehe ich mir die Bewohner genauer an und erkenne bestürzt, dass jedem einzelnen von ihnen die Augen ausgestochen wurden. Sie wandern blind durch einen Wald von Büchern, außerstande, auch nur ein einziges zu lesen.
»Das sind die E-Book-Piraten«, erklärt Herkules ernst und auf einmal bin ich sehr froh, dass ich meine Kindle-Downloads immer schön bezahlt habe.
Endlich verlassen wir den Bereich der speziellen Kreise und fahren in einen weiteren Seitenarm des Flusses hinein. Eine glitzernde Tafel informiert uns darüber, dass wir die Randbezirke der elysischen Gefilde erreicht haben. Ich sehe mich um und schnappe beeindruckt nach Luft. Es ist wunderschön hier – überall lebhafte, kräftige Farben, ein krasser Gegensatz zu dem Grau der trostlosen Zwischenstation, aus der wir gerade gekommen sind. Hier gibt es sanft gewellte grüne Hügel, bunte Vögel, die in blühenden Bäumen zirpen, und sogar einen künstlichen blauen Himmel über uns. Um das Ganze perfekt zu machen, strahlt eine wärmende Sonne auf uns hinab. Wohin ich auch schaue, überall vergnügen sich Seelen beim Spaziergang oder Picknick. Sie schwingen auf Schaukeln hoch in den Himmel hinauf, lachen und amüsieren sich.
»Wow!«, mache ich mit einem leisen Pfiff. »Es lohnt sich wirklich, die Goldene Regel zu befolgen, was?«
Herkules grinst. »Also, meiner Karte zufolge sollte dein Vater hier irgendwo wohnen.« Er legt an einer flamingofarbenen Anlegestelle an. »Geht einfach die Glücksgasse hinunter und biegt dann nach rechts in den Paradieshain ab.«
Wir klettern aus dem Boot und bedanken uns bei ihm für seine Begleitung durch die Unterwelt. »Das war großartig, vielen, vielen Dank«, sage ich und umarme ihn spontan. »Tolle Bootsfahrt, wirklich. Und dass Sie uns vor den Dämonen gerettet haben, werden wir Ihnen auch nie vergessen.«
Herkules neigt bescheiden den Kopf. »Na ja, das machen antike Helden halt so«, sagt er mit einem kecken Grinsen. »So, wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigen wollt, ich habe noch ein heißes Date mit meiner Freundin Persephone.«
»Wie bitte? Persephone?« Verwundert lege ich den Kopf schräg. »Ist das nicht…?«
»Hades' angetrautes Weib?« Herkules lacht. »Rein offiziell betrachtet, ja. Aber was der große Boss nicht weiß, macht ihn nicht heiß, stimmt's?« Er legt einen Zeigefinger an die Lippen. »Viel Glück. Seid vorsichtig. Hütet euch vor den Dämonenpatrouillen.« Er stößt das Boot von der Anlegestelle ab und treibt den Fluss hinunter. Dabei sieht er so aus, als könnte keine Sorge der Welt ihm die Laune verderben. »Adios!«, ruft er uns nach. »Sayonara!«
Kopfschüttelnd sehe ich ihm nach. Wenn hier einer vorsichtig sein sollte, dann er, der etwas mit der Frau vom Chef laufen hat. Sonst wird er eines Tages noch in einem ganz speziellen, nur für ihn gemachten Höllenkreis landen. Natürlich nur, wenn er sich erwischen lässt.
»Okay, worauf warten wir?«, unterbricht Race meine Gedanken. »Lass uns deinen guten alten Dad besuchen!«
24
Wir laufen in die Richtung, in die Herkules uns gewiesen hat, und kommen schon bald zu einem kleinen, aber hübschen zweistöckigen Haus mit einem pastellblauen Anstrich. Es ist nicht so eine große Katalogvilla wie die anderen Häuser rundherum, dafür hat es einen altmodischen weißen Palisadenzaun und einen sehr gepflegten Blumengarten davor. Sieht nicht gerade nach dem Luxusleben in Vegas aus, das mein Dad als Sterblicher geführt hat, ist aber bestimmt nicht der schlechteste Ort, um die Ewigkeit zu verbringen, vor allem wenn man an die Alternativen denkt, die wir
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