Blood - Ein Alex-Cross-Roman
eindrang und nicht er. Genau so funktionierte es, das wusste er. Annähernd neunzig Prozent der Opfer eines Überfalls konnten sich eher an die Waffe als an die Person erinnern, die sie mit der Waffe bedroht hatte.
Ein ungeschicktes Stolpern war alles, was Tweedy zustande brachte, bevor er neben ihr im Hausflur stand. Michael Sullivan wandte der Straße den Rücken zu und schirmte sie so vor irgendwelchen Blicken ab, falls zufällig jemand vorbeikommen sollte. Er behielt das Skalpell gut sichtbar in der einen Hand und nahm ihr mit der anderen die Schlüssel ab.
» Kein Wort «, sagte er und hielt sich die Klinge dicht vor die Lippen. »Denk daran − ich arbeite ohne Betäubung und Desinfektionsmittel. Ich schneide nur.«
Sie drückte sich, auf Zehenspitzen stehend, mit dem Rücken an einen reich verzierten Stückpfeiler. »Hier.« Sie hielt ihm
ihre kleine Designer-Handtasche entgegen. »Bitte. Sie gehört Ihnen. Gehen Sie.«
»Keine Chance. Ich will dein Geld nicht. Jetzt hör mir zu. Hörst du mir zu?«
»Ja.«
»Lebst du allein?«, wollte er wissen. Seine Frage erzielte genau die gewünschte Wirkung. Ihr Zögern war seine Antwort.
»Nein.« Zu spät in Deckung gegangen.
An der Wand hingen drei Briefkästen. Nur auf dem mittleren stand ein einziger Name: L. Brandt.
»Gehen wir nach oben, Miss Brandt.«
»Ich bin nicht…«
»Doch, das bist du. Du brauchst nicht zu lügen. Und jetzt Abmarsch, bevor ich die Geduld verliere.«
Keine zwanzig Sekunden später standen sie in ihrer Eigentumswohnung im zweiten Stock. Das Wohnzimmer war aufgeräumt und klar strukturiert, genau wie L. Brandt selbst. An den Wänden hingen Poster mit Kussszenen in schwarz-weiß. Filmplakate … Schlaflos in Seattle, Ein Offizier und Gentleman . Das Mädchen besaß eine romantische Ader. In gewisser Weise galt das auch für Sullivan, zumindest glaubte er das.
Er hob sie hoch, und sie wurde steif wie ein Brett. Sie war federleicht, er brauchte nur einen Arm, um sie ins Schlafzimmer zu tragen und auf ihr Bett zu legen, wo sie völlig regungslos verharrte.
»Du bist ein sehr schönes Mädchen«, sagte er. »Einfach wundervoll. Wie eine kostbare Puppe. Aber jetzt würde ich gerne den Rest des Päckchens sehen, wenn du nichts dagegen hast.«
Mit Hilfe des Skalpells schnitt er die Knöpfe ihres teuren Tweed-Anzugs ab. Genau wie ihre Kleidung sank L. Brandt
in sich zusammen. Jetzt war sie nicht mehr gelähmt, sondern leblos, wenigstens brauchte er sie nicht daran zu erinnern, leise zu sein.
Mit den Händen machte er sich an ihrem BH und dem Höschen zu schaffen, beide aus schwarzer Spitze. Und das an einem Werktag. Sie trug keine Strumpfhose, ihre Beine waren echt gut, schlank und leicht gebräunt. Leuchtend rote Zehennägel. Als sie versuchte die Augen zuzumachen, gab er ihr eine Ohrfeige, gerade ausreichend, um sich ihre volle Aufmerksamkeit zu sichern.
»Hier geblieben, L. Brandt.«
Da fiel sein Blick auf einen Gegenstand auf ihrer Kommode. Lippenstift. »Weißt du was? Nimm mal ein bisschen was davon. Und ein nettes Parfüm. Du darfst es dir selber aussuchen.« L. Brandt gehorchte. Sie wusste, dass sie keine Wahl hatte.
Er hielt seinen Schwanz in der einen und das Skalpell in der anderen Hand − ein Bild, das sie niemals in ihrem ganzen Leben wieder vergessen würde. Dann drang er in sie ein. »Ich will, dass du mitspielst«, sagte er. »Mach mir was vor, wenn es sein muss. Ist doch bestimmt nicht das erste Mal.« Sie gab ihr Bestes, bog die Hüften, stöhnte ein-, zweimal, aber sie blickte ihn nicht an.
»Und jetzt, schau mich an«, befahl er. »Schau mich an. Schau mich an. Schau mich an. So ist es besser.« Dann war er fertig. Sie waren beide fertig.
»Noch ein kleines Pläuschchen, bevor ich gehe«, sagte er. »Und, ob du es glaubst oder nicht, ich habe tatsächlich vor zu gehen. Ich werde dir nicht wehtun. Nicht mehr als bisher.«
Auf dem Fußboden lag ihre Handtasche. Darin fand er, was er gesucht hatte, einen Führerschein und ein schwarzes
Adressbuch. Er hielt den Führerschein unter die Nachttischlampe.
»Also Lisa heißt du. Sehr hübsches Foto für so ein offizielles Dokument. Aber natürlich bist du in Wirklichkeit noch hübscher. Ich möchte dir auch ein paar von meinen Bildern zeigen.«
Er hatte nicht viele dabei, nur vier, aber sie gehörten zu seinen persönlichen Favoriten. Er legte sie aufgefächert in eine seiner Handflächen. Jetzt war Lisa wieder völlig erstarrt. Das war beinahe schon komisch, als
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