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Blood - Ein Alex-Cross-Roman

Blood - Ein Alex-Cross-Roman

Titel: Blood - Ein Alex-Cross-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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gehört, Ben? Der hat im 19. Jahrhundert eine neue Methode der Fußamputation entwickelt.«

50
    Michael Sullivan konnte nicht gleich zu seiner Familie nach Maryland zurückkehren, nicht nach alledem, was er gerade mit Benny Fontana und seiner Freundin angestellt hatte. Er war innerlich zu aufgewühlt, sein Blut kochte. Wieder einmal erwachten Bilder aus dem Laden seines Alten in Brooklyn vor seinem inneren Auge zum Leben − das Sägemehl in der großen Pappkartontonne, der Fußboden mit den weiß verfugten Terrakottafliesen, Knochensägen, Schlachtermesser, Fleischerhaken im Kühlraum.
    Also schlenderte er eine Weile durch Georgetown, auf der Suche nach ein bisschen Action, falls er das Richtige finden konnte. Die Sache war die … er bevorzugte Frauen, die eine gewisse Förmlichkeit ausstrahlten − besonders Rechtsanwältinnen, Bankerinnen oder den Typ Lehrerin oder Bibliothekarin. Die Brillen, die zugeknöpften Klamotten, die konservativen Frisuren, darauf fuhr er ab. Dieses beherrschte, kontrollierte Auftreten.
    Er war ihnen jedes Mal gerne dabei behilflich, etwas von ihrer Selbstbeherrschung zu verlieren, während er selbst ein wenig Dampf ablassen, ein wenig Stress abbauen konnte, indem er sämtliche Regeln dieser völlig idiotischen Gesellschaft missachtete.
    Georgetown war eine gute Gegend für ihn. Immer wieder begegnete ihm eine Schlampe, die ein bisschen zu hochnäsig aussah. Nicht, dass es um diese Zeit noch besonders viele davon gegeben hätte. Aber so viele Möglichkeiten brauchte er auch gar nicht, bloß eine einzige, gute. Und vielleicht hatte er sie ja schon entdeckt. Das dachte er jedenfalls.

    Vom Aussehen her mochte sie vielleicht Strafverteidigerin sein. Mit ihrem schicken Tweed-Anzug konnte sie jedenfalls ganz schön Eindruck schinden. Ihre Absätze klapperten in gleichmäßigem Rhythmus über das Pflaster − hier hin, da hin, hier hin, da hin.
    Sullivans Nikes hingegen machten eigentlich gar kein Geräusch. Mit seinem Kapuzenshirt sah er aus wie irgendeiner dieser dämlichen, spätabendlichen Jogger aus dem Viertel. Zumindest würde es danach aussehen, falls irgendjemand aus einem der umliegenden Fenster schaute.
    Aber es gab niemanden, der zusah, am allerwenigsten Miss Tweedy. Tweedy-Vögelchen , dachte er grinsend. Fehler. Ihrer.
    Sie behielt den schnellen Schritt der Stadtbewohner bei, die lederne Handtasche und die Aktentasche wie den Schlüssel zum Da-Vinci-Code fest unter den Arm geklemmt, und hielt sich am äußeren Rand des Bürgersteigs − alles vernünftige Maßnahmen für eine Frau, die spät in der Nacht noch alleine unterwegs war. Ihr einziger Fehler war, dass sie sich nicht oft genug umblickte, dass sie ihre Umgebung nicht beachtete. Dass sie den Jogger nicht bemerkte, der hinter ihr her ging .
    Fehler konnten tödlich sein, oder etwa nicht?
    Sullivan zog sich in den Schatten zurück, als Tweedy den Lichtkegel einer Straßenlaterne durchschritt. Hübsche Beine und ein geiler Arsch, stellte er fest. Kein Ring an der linken Hand.
    Die Absätze behielten ihren gleichmäßigen Rhythmus noch einen weiteren halben Straßenzug lang bei, dann verlangsamte sie ihre Schritte vor einem roten Backsteinhaus. Ganz hübsch. Neunzehntes Jahrhundert. Allerdings allem Anschein nach eines dieser Häuser, die in einzelne Eigentumswohnungen zerhackt worden waren.

    Noch bevor sie vor der Haustür angelangt war, zog sie einen Schlüsselbund aus der Handtasche, und Sullivan versuchte abzuschätzen, wie viel Zeit ihm noch blieb. Er griff in seine Hosentasche und holte einen Papierfetzen hervor. Ein Abholzettel einer Reinigung? Das spielte sowieso keine Rolle.
    Als sie den Schlüssel ins Schloss steckte und noch bevor sie sie aufmachte, rief er mit freundlicher Stimme: »Entschuldigen Sie bitte, Miss? Entschuldigen Sie. Haben Sie das hier gerade verloren?«

51
    Kein Dummkopf, dieses Tweedy-Vögelchen, da hatte ihre Mami ein kluges Töchterchen großgezogen. Ihr war sofort klar, dass sie in Schwierigkeiten steckte, aber im Verlauf der folgenden Sekunden konnte sie nicht viel dagegen machen.
    Noch bevor sie die Glastür schließen und sicher ins Innere des Hauses gelangen konnte, war er die Eingangstreppe hinaufgesprungen.
    Eine imitierte Gaslaterne im Hausflur offenbarte die Panik in ihren ausgesprochen hübschen, blauen Augen.
    Sie beleuchtete außerdem die Klinge des Skalpells, das er ihr unter die Nase hielt.
    Der Schlachter wollte, dass sie die scharfe Klinge sah, damit sie in ihre Gedanken

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