Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blood - Ein Alex-Cross-Roman

Blood - Ein Alex-Cross-Roman

Titel: Blood - Ein Alex-Cross-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
sich ein schrecklicher Anblick. Die Striemen waren klar und deutlich zu erkennen. Sie zogen sich wie verschwommene Striche um ihren Hals.
    Diese Art furchiger Striemen hatte ich schon öfter gesehen. Allerdings für gewöhnlich nur an Leichen.

48
    Ich musste mich bewusst daran erinnern: Die Morde liegen hinter dir. Das hier ist nichts weiter als eine Therapiesitzung.
    »Kim, woher haben Sie diese Striemen am Hals? Verraten Sie mir, so viel Sie können.«
    Sie band sich das Tuch wieder um und zuckte zusammen. »Wenn mein Handy klingelt, dann muss ich rangehen. Er glaubt, ich bin bei meiner Mutter«, antwortete sie.
    Für einen kurzen Augenblick huschte ein fürchterlicher Ausdruck über ihr Gesicht, und mir wurde klar, dass es zu früh war, um sie nach den Einzelheiten dieser Misshandlungen zu fragen.
    Sie vermied auch weiterhin jeden Blickkontakt und knöpfte den Ärmel ihrer Bluse auf. Ich wusste nicht, was sie vorhatte, bis ich die hässliche rote Wunde an ihrem Unterarm, oberhalb des Handgelenks, entdeckt hatte. Der Heilungsprozess hatte gerade angefangen.
    »Ist das eine Verbrennung?«, fragte ich.
    »Er raucht Zigarre«, antwortete sie.
    Ich hielt den Atem an. Ihre Antwort hatte so sachlich geklungen. »Haben Sie die Polizei verständigt?«
    Ihr Lachen klang bitter. »Nein. Hab ich nicht.«
    Sie schlug die Hand vor den Mund und wandte erneut den Blick ab. Dieser Mann hatte sie offensichtlich massiv eingeschüchtert, sodass sie ihn um keinen Preis verraten wollte.
    In ihrer Handtasche piepste ein Handy.
    Wortlos holte sie es heraus, warf einen Blick auf das Display und nahm das Gespräch an.
    »Hallo, Schätzchen. Was gibt’s denn?« Ihre Stimme klang
sanft, beiläufig und vollkommen überzeugend. »Nein«, sagte sie. »Mom ist gerade los, ein bisschen Milch holen. Natürlich bin ich mir sicher. Ich sag ihr einen Gruß von dir.«
    Kims Gesicht bot während dieses Gespräches einen faszinierenden Anblick. Sie spielte nicht nur ihm etwas vor, sondern auch sich selbst. Nur so konnte sie das Ganze ertragen, nahm ich an.
    Als sie schließlich aufgelegt hatte, blickte sie mich mit einem vollkommen deplatzierten Lächeln an, als hätte überhaupt kein Gespräch stattgefunden. Doch schon Sekundenbruchteile später brach sie unvermittelt zusammen. Ein tiefes Stöhnen ging in Schluchzen über, das ihren gesamten Körper schüttelte. Sie krümmte sich und umschlang mit beiden Armen ihre Hüften.
    »I-ich schaff das nicht«, würgte sie hervor. »Tut mir leid. Ich kann das nicht Ich kann… nicht … hier sein .«
    Als ihr Handy zum zweiten Mal klingelte, schreckte sie auf. Diese Überwachungsanrufe machten ihr den Besuch bei mir besonders schwer, weil sie versuchen musste, Problembewusstsein und Verleugnung gleichzeitig unter einen Hut zu bekommen.
    Sie wischte sich über das Gesicht, als spielte ihr Aussehen irgendeine Rolle, und sagte mit derselben sanften Stimme wie zuvor: »Hallo, Schätzchen. Nein, ich habe mir die Hände gewaschen. Tut mir leid, Schätzchen. Es hat kurz gedauert, bis ich am Telefon war.«
    Ich konnte ihn schreien hören, während Kim geduldig nickte und zuhörte. Irgendwann gab sie mir mit dem erhobenen Zeigefinger ein Zeichen und ging auf den Flur hinaus.
    Ich nutzte die Zeit, um ein paar Lieferantenverzeichnisse durchzugehen und meine Wut in den Griff zu bekommen. Als Kim wieder zurückkam, wollte ich ihr die Adressen einiger
Notunterkünfte in der näheren Umgebung geben, aber sie lehnte ab.
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte sie plötzlich. Der zweite Anruf hatte sie verschlossen gemacht. »Was bin ich Ihnen schuldig?«
    »Sagen wir, es war ein Vorgespräch. Sie brauchen erst die zweite Stunde zu bezahlen.«
    »Ich will keine Almosen. Außerdem glaube ich nicht, dass ich noch einmal wiederkommen kann. Wie viel?«
    Ich erwiderte zögernd: »Ich berechne hundert für die volle Stunde. Dann würde Ihr Anteil fünfzig betragen.«
    Sie zählte mir die Scheine auf den Tisch, überwiegend Fünfer und Einer, die sie vermutlich im Lauf der Zeit heimlich beiseitegeschafft hatte. Dann verließ sie die Praxis. Meine erste Sitzung war zu Ende.

49
    Fehler. Schwerer Fehler.
    Benny»Goodman« Fontana, ein Mafiaboss und ehemaliger Profikiller aus New Jersey, schlenderte zur Beifahrertür seines dunkelblauen Lincoln und pfiff dabei eine muntere Sinatra-Melodie vor sich hin. Dann, mit einer eleganten Bewegung und einem Hundert-Kilowatt-Lächeln, das selbst Ol’ Blue Eyes zur Ehre gereicht hätte, machte er die

Weitere Kostenlose Bücher