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Blood - Ein Alex-Cross-Roman

Blood - Ein Alex-Cross-Roman

Titel: Blood - Ein Alex-Cross-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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entführt und in Stücke geschnitten. Damit war nun wirklich schon lange zu rechnen.«
    Im Wagen herrschte jetzt völlige Stille. Nichts, was er hätte
sagen können, hätte mich, glaube ich, mehr überrascht. Mein Gefühl, dass wir hereingelegt worden waren, hatte sich bestätigt.
    »Wie haben Sie davon erfahren?«, wollte ich schließlich wissen.
    »Ich wohne in der Gegend. Manchmal ist Brooklyn wie ein Dorf. So war es schon immer. Und außerdem … Sully hat mich angerufen, als er fertig war. Er wollte sich jemandem mitteilen.«
    Sampson drehte sich vollständig zu ihm um und blickte ihm in die Augen. »Sullivan kommt also nicht hierher, um seine Familie abzuholen. Hat er denn keine Angst um sie?«
    Ich beobachtete Tony Mullino immer noch im Rückspiegel. Ich hatte eine Ahnung, was er als Nächstes sagen würde.
    »Das da ist gar nicht seine Familie«, sagte er. »Er kennt die Leute nicht einmal.«
    »Wer ist denn dann im Haus?«
    »Ich kenne sie auch nicht. Er hat eine Casting-Agentur beauftragt. Es ist eine Familie, die Sullys ähnlich sieht.«
    »Sie arbeiten für ihn?«, fragte ich Mullino.
    »Nein. Aber er ist immer ein guter Freund gewesen. Ich war es, der in der Schule immer solche Angst um seine Zähne hatte. Sully hat mich beschützt. Also habe ich ihm geholfen. Ich würde es wieder tun. Verflucht noch mal, ich hab ihm sogar geholfen, seinen verrückten Alten umzubringen.«
    »Warum sind Sie eigentlich hier rausgefahren?«, wollte ich als Nächstes von ihm wissen.
    »Das ist einfach. Er hat mich darum gebeten.«
    »Wieso?«
    »Da müssen Sie ihn schon selber fragen. Vielleicht, weil
er nach jedem ausgeführten Auftrag eine kleine Verbeugung macht. Das macht er nämlich, wissen Sie? Eine Verbeugung. Besser, man kriegt die nicht zu Gesicht.«
    »Hab ich schon«, sagte ich.
    Mullino stieß die hintere Tür des Wagens auf, nickte uns zu und war in der Dunkelheit verschwunden.
    Und mit ihm, das wusste ich, auch der Schlachter.

103
    Wie ging noch mal dieses Sprichwort, ob alt, ob neu, völlig egal. Das Leben ist das, was passiert, während du damit beschäftigt bist, andere Pläne zu machen .
    Ich fuhr an diesem Abend noch nach Washington zurück, weil ich die Kinder sehen wollte, wegen Nana Mama und weil ich Patienten hatte, die mich brauchten und am nächsten Tag einen Termin bei mir hatten. Nana predigt mir immer wieder, dass es für mich wichtig sei, anderen Menschen zu helfen, sie nennt es meinen Fluch. Wahrscheinlich hat sie Recht.
    Ich sah Michael Sullivans Gesicht deutlich vor mir, sah seine kleine Verbeugung, es brachte mich um, dass er immer noch frei war und irgendwo herumlief. Nach Angaben des FBI hatte die Mafia bereits eine Million Dollar auf seinen Kopf ausgesetzt und eine weitere Million für seine Familie. Ich hatte immer noch den Verdacht, dass er als FBI- oder Polizeispitzel unterwegs war und dass er von der einen oder anderen Seite Unterstützung bekam, aber ich konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht würde ich es nie erfahren.
    An einem der Abende, nachdem Sullivan entkommen war, saß ich draußen auf der Sonnenterrasse und spielte Jannie und Damon auf dem Klavier ein paar Rock-and-Roll-Stücke vor. Ich spielte bis kurz vor zehn. Dann redete ich mit den Kindern über ihre Mutter. Es wurde auch Zeit.

104
    Ich weiß nicht genau, wieso ich ihnen ausgerechnet jetzt von Maria erzählen musste, aber ich wollte, dass die Kinder der Wahrheit über sie ein wenig näherkamen.
    Vielleicht wollte ich ja, dass sie endlich den Schlusspunkt setzen konnten, der mir nicht möglich war. Ich hatte die Kinder in Bezug auf Maria niemals angelogen, aber ich hatte ihnen Etliches vorenthalten und … nein, in einem Punkt hatte ich gelogen. Ich hatte Damon und Jannie erzählt, dass ich nicht bei ihr war, als die Schüsse fielen, aber dass ich vor ihrem Tod noch ins St. Anthony’s gekommen war und wir ein paar letzte Worte miteinander geredet hatten. Der Grund dafür war, dass ich nicht gezwungen sein wollte, ihnen all die Einzelheiten zu schildern, die ich selbst nicht mehr aus meinem Kopf bekommen konnte: das Krachen der Schüsse, die Maria trafen. Ihr scharfes Einatmen in dem Augenblick, als sie getroffen wurde. Die Art, wie sie aus meinen Armen auf den Bürgersteig glitt. Dann der unvergessliche Anblick des aus ihrer Brust quellenden Blutes und die Erkenntnis, dass die Verletzungen tödlich waren. Das alles war jetzt über zehn Jahre her, und es stand mir immer noch mit albtraumhafter Klarheit vor

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