Blood in mind (German Edition)
unsicher an. „Wieso schaust du mich so an?“
„Aber du bist ebenfalls telepathisch veranlagt, richtig? Und du könntest jemanden Dinge tun lassen, die derjenige eigentlich nicht wirklich tun würde, aye?“, hakte Far nach.
Songlian wich seinem Blick aus. „Das könnte ich schon …“
„Hast du das an mir ausprobiert, Walker? Habe ich daher zugestimmt, dass du bei mir wohnst?“ Fars Stimme war lauter und wütender geworden.
Songlian schüttelte heftig den Kopf.
„Das würde ich nie wagen. So eine bodenlose Unterstellung!“, fauchte er. „Aber ich kann auch gerne in meiner derzeitigen Behausung bleiben, wenn dir die Vorstellung so gar nicht zusagt.“
Far starrte ihn noch einen Moment lang an. In seinem Gesicht arbeitete es.
„Der Boss will es so“, murmelte er, seufzte und startete den Dodge wieder.
„Können wir wenigstens ein paar von meinen Sachen holen?“, bat Songlian und gab Far eine Adresse. Eine Weile fuhren sie schweigend durch die Straßen.
„Jonathan ist ein netter Kerl“, stellte Songlian fest, als das Schweigen ungemütlich zu werden begann. „Er scheint mir gegenüber gar keine Vorbehalte zu haben.“
„Genau deswegen sitzt er im Büro. Jon würde einem Dämon sofort die Hand reichen, wenn der nur lächelt. Er ist sehr vertrauensselig. Aber du hast recht. Er ist ein netter Kerl. Sag mal, sind wir hier wirklich richtig?“ Sie hielten vor einem Appartementhaus. Far schaute ein wenig überrascht an der schmutzigen Fassade empor. Irgendwie hatte er sich Songlians Heim etwas stilvoller vorgestellt.
„Hast du gedacht, ich nächtige in einem Sarg, der mitten in einer Friedhofsgruft steht?“
Far zuckte mit den Schultern.
„Zuerst habe ich ja wirklich mit dieser nostalgischen Wohnidee geliebäugelt. Aber wenn man erst einmal den Kühlschrank mit den Blutkonserven im Sarg stehen hat, bekommt man den Deckel so schlecht zu“, erklärte Songlian mit einem völlig ernsten Gesicht.
„Jetzt bekomme ich auch noch einen Komiker zum Partner. Sag mir lieber, wo ich hier parken kann, ohne dass in fünf Minuten ein Freak seinen Joint auf meiner Motorhaube raucht.“
„Um die Ecke sind meistens ein paar Parkplätze frei.“
Damit hatte Songlian recht und wenig später folgte ihm Far durch eine massive Tür in ein muffig riechendes Treppenhaus.
„Den Fahrstuhl meide ich immer. Der Geruch da drinnen ist wirklich widerlich. Ich glaube, da pinkelt regelmäßig jemand rein. Aber wir müssen ja bloß in die zweite Etage“, erklärte Songlian. Er stieg Far voran die Stufen hinauf und steuerte dann zielstrebig auf ein Appartement zu. Kurz darauf standen sie in einem einfach eingerichteten Wohnzimmer.
„Hier wohnst du?“
„Hier und an einigen anderen Orten. Manche sind sogar erheblich wohnlicher. Man muss flexibel sein, wenn man von Menschen, Dämonen und Vampiren gejagt wird“, entgegnete Songlian pikiert.
„Nun reg dich nicht gleich auf, nur weil ich dich frage. Schließlich war ich bislang nie in der Bude eines Vampirs.“ Far schaute sich rasch um. In zwei Bücherregalen hatten DVDs und etliche CDs ihren Platz gefunden. Dazwischen hatte jemand wahllos einige Kataloge über Kunst und Antiquitäten, Aktenordner und historische Bildbände gestopft. Ein billiges Sofa, ein niedriger Tisch und ein Fernseher nahmen den Rest des Raumes ein. Eine weitere Tür, durch die Songlian gerade verschwand, führte in das Schlafzimmer. Neugierig folgte ihm Far. Der Vampir kniete vor einer zerschrammten Truhe, klappte sie auf und begann etwas in dem Durcheinander zu suchen.
„Wo warst du so lange?“, ertönte eine nörgelnde Stimme von der Tür her. Mit der DV8 in der Hand fuhr Far erschrocken herum.
„Lass gut sein. Das ist nur mein Mitbewohner“, brummelte Songlian ohne sich umzudrehen und wühlte weiter in seinen Sachen herum. Endlich zog er einen schmalen, blauen Ordner aus einem Versteck in den Tiefen der Truhe hervor, den er hastig in eine Tasche stopfte.
„Bringst du neuerdings deine Mahlzeiten mit hierher?“ Ein junger, hübscher Mann trat auf sie zu und sah Far abschätzend an. Braunes Haar fiel ihm in weichen Locken über die Ohren. Große, grüne Augen beherrschten ein fein geschnittenes Gesicht.
„Rede keinen Unsinn, Phil“, tadelte ihn Songlian, der mittlerweile Kleidungsstücke in seine Tasche stopfte.
„Keine Mahlzeit? Ist das dann dein neuer Lover?“
Far sah einen irritierten Moment lang zu Songlian hinüber und starrte schließlich verärgert den jungen, patzigen
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