Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen
ab!«, schrie ich ihr zu und fuchtelte mit dem Arm herum. Sie sollte schleunigst kehrtmachen. »Verschwinde! Schnell!«
Überrascht riss sie die Augen auf, folgte aber meinem Rat. Ich zischte an ihr vorbei durch eine schmale Lücke zwischen Mauer und Wagen, brach um die Kurve und sauste davon in Richtung Freiheit.
Rose konnte ruhig noch ein wenig länger bei Rachel bleiben.
23
Ich raste um den Block, riskierte Kopf und Kragen. Dann parkte ich vor dem Pub. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Dämonen dort reingehen würden. Zum einen würde Deacon das kaum zulassen, zum anderen war ich mir ziemlich sicher, dass Lucas Johnson sein Revier verteidigen würde.
Ganz sicher war ich mir allerdings nicht. Und ich würde meine Schwester keinesfalls allein im Pub lassen, wenn hinten in der Gasse eine Dämonenschlacht tobte.
Ich stieß die Doppeltür mit einer solchen Wucht auf, dass sich alle zu mir umdrehten, Rachel und Rose eingeschlossen. Ich winkte ihnen, und sie eilten zu mir an einen abseits stehenden Tisch nicht weit von der Küche.
»Dämonen«, erklärte ich leise, damit mich die paar Gäste, die jetzt am späten Nachmittag hier saßen, nicht hören konnten. »In der Gasse draußen.«
»Sind sie immer noch da?«, fragte Rachel.
»Nein.« Die Antwort kam von hinter meinem Rücken. Ich drehte mich um. Deacon stand in der Küchentür. »Keine Gefahr mehr.«
Rachel blickte zwischen Deacon und mir hin und her.
»Wo ist Kiera?«
Ich warf Deacon einen vielsagenden Blick zu. Kiera kannte Deacon nur als knallharten Dämon. Ich fürchtete, sie könnte gesehen haben, wie er mir den Schlüssel zugeworfen hatte, und daraus den falschen oder - rein formal gesehen - den richtigen Schluss gezogen haben. »Ich weiß es nicht«, sagte ich finster.
»Na schön«, sagte Rachel energisch. »Weißt du was? Ich mache das Pub heute eh früh dicht. Rose kann mit zu mir kommen.«
Ich zögerte, nickte dann aber. »Gut. Danke. Aber bevor du zusperrst, muss ich noch kurz mit Deacon plaudern.«
Sie nickte. »Klar. Kein Problem.«
Rose, die neben ihr stand, blinzelte, um die Tränen zu unterdrücken. Ich wollte toben und brüllen und Lucas Johnson kurz und klein hauen, aber das war ja nichts Neues. Stattdessen drückte ich Rose einen Schmatz auf den Kopf. »Es kommt alles wieder in Ordnung. Versprochen.«
Und meine Schwester - meine süße, gutgläubige Schwester - nickte. Und sagte nicht ein Wort zu all den Versprechen, die ich schon gebrochen hatte.
Doch daran durfte ich jetzt nicht denken. Ich hatte versprochen, Rose zu schützen, und das hatte ich schwer verbockt. Aber vielleicht konnte ich das Ganze ja doch noch zu einem guten Ende bringen.
Dafür musste ich jedoch wissen, auf wen ich mich verlassen konnte. Und auch in dieser Frage hatte ich möglicherweise alles in den Sand gesetzt.
Ich deutete mit dem Finger auf Deacon. »Du! Komm mit raus. Sofort.«
Ich folgte ihm auf die Gasse. Ich wollte mich nicht nur ungestört unterhalten, ich wollte mich auch mit eigenen Augen überzeugen, dass die Dämonenhorden verschwunden waren. Waren sie tatsächlich. Nichts zu sehen, nur der feuchte Schmutz einer dunklen Gasse. Die Nachmittagssonne legte sich wie ein Vorhang über den Staub.
»Sie werden immer aggressiver«, sagte Deacon warnend. »Bleibt bei mir, Lily! Rose und du. Wir müssen sicherstellen, dass euch nichts zustößt.«
»Nichts zustößt?« Meine miese Laune brach sich Bahn. »So nennst du das also?«
Er trug noch immer die Sonnenbrille und neigte jetzt den Kopf, als betrachte er ein seltsames Tier im Zoo.
»Scheiße, Deacon! Verarsch mich nicht!«
»Wovon zum Teufel redest du überhaupt?«
»Du!« Ich stieß ihn gegen die Mauer und baute mich vor ihm auf. Hitze flammte zwischen uns auf. Ich nahm es mir übel, dass ich es überhaupt bemerkte und mich davon beeinträchtigen ließ. Denn ich musste stark sein. »Du Bastard!«, zischte ich. »Du willst den Oris Clef für dich! Die ganze Zeit bist du schon hinter ihm her. Und außerdem bin ich davon überzeugt, dass du das dritte Relikt bereits hast.«
Plötzlich merkte ich, wie mein Arm brannte, und sah nach in der Hoffnung, das Tattoo aufflammen zu sehen. Am liebsten wäre ich sofort durch das Portal gesprungen und hätte das verdammte Ding geholt. Egal, wo Deacon es versteckt hatte.
Aber die Tätowierung strahlte nicht. Warum mein Arm sich dann so anstellte, konnte ich mir nicht erklären.
»Ich suche nur den Schlüssel, der die Pforten verschließt, Lily. Das
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