Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung
musste ich widerstrebend einräumen. »Wir hatten auf dem Weg hierher eine kleine Auseinandersetzung.«
»Ganz gut?«, wiederholte Rose. »Na, dann pass mal auf.« Sie zog ihr Messer und schlenzte es elegant aus dem Handgelenk an die Wand, wo es genau in der Mitte eines Familienfotos stecken blieb. Bezeichnenderweise saß die Spitze genau zwischen Egans Augen.
»Wow.« Ich war beeindruckt, das muss ich zugeben.
»Ich habe im Schlafzimmer geübt, bevor ich mich hingelegt habe.« Rose lächelte Rachel ein wenig verlegen an. »Ich wollte nicht, dass Lily mich hört, deshalb ist dein Kopfkissen jetzt ein bisschen, äh, mitgenommen.«
Ich verkniff mir ein Grinsen. Früher war Rose ein lebhaftes Kind gewesen, bis Johnson ihr diese Eigenschaft geraubt hatte. Jetzt holte sie sich dies jedoch zurück. Und so pervers es auch klingen mag, aber Kieras Körper war ihr dabei eine große Hilfe. Rose war nicht mehr das kleine Mädchen von früher im Körper von früher, das für diesen Dämon so attraktiv gewesen war.
Jetzt steckte sie im Körper einer Kämpferin. Einer Frau mit rosa Haaren, großem Selbstbewusstsein und dem durchtrainierten Körper einer tapferen Kriegerin. Ich war davon, ehrlich gesagt, nicht uneingeschränkt angetan, konnte aber ohnehin nichts daran ändern.
Rachel zeigte auf das Messer. »Na gut, ich geb's zu: So was kann ich nicht.«
»Deshalb sollst du ja auch verschwinden.«
»Aber«, fuhr sie fort und hob eine Hand zum Einspruch, »nützlich kann ich dir trotzdem sein. Und das auf eine Art und Weise, die dir sehr zugutekommen wird.«
Vielleicht hätte ich an dieser Stelle endgültig abwinken sollen, aber ich tat nichts dergleichen, denn Hilfe konnte ich immer brauchen. Und neugierig war ich außerdem. »Na schön. Ich bin ganz Ohr.«
»Du musst doch stark werden, oder? Ich meine, so richtig stark.«
Ich steckte die Hände in die Taschen. »Ja schon. Wenn man bedenkt, mit wem ich es hier zu tun habe.«
»Dabei kann ich dir helfen. Du hast mir doch erzählt, wie du stärker wirst. Wir haben darüber gesprochen, weißt du noch? Und ich möchte euch wirklich unterstützen.«
»Wie ich stärker werde?«, wiederholte ich. »Stärker werde ich, indem ich Dämonen töte.« Was die unerfreuliche Kehrseite hatte, dass ich dadurch selbst immer mehr zur Dämonin wurde, immer weiter auf die dunkle Seite rutschte, immer versessener auf Kampf und Schmerz wurde. Allein der Gedanke, zu töten und meiner Beute immer ähnlicher zu werden, war wie eine Droge. Sie schlug mich in ihren Bann. Anfangs nur schleichend, dann aber mit aller Macht. Sie saugte mich ein und schwemmte mich hinweg.
Ich wollte es nicht. Und doch ...
Und doch tat ich es.
Ich schloss die Augen, um mich wieder zu konzentrieren. Ich brauchte keine Hilfe, um Dämonen zu finden, die ich töten konnte. Dieser schlechten Angewohnheit nachzugeben, war das Letzte, was ich nötig hatte.
»Du musst es tun, Lily«, flüsterte Rose. »Du musst so stark werden wie nur irgend möglich.« Sie zog die Beine an die Brust und legte die Arme um die Knie. »Uns stehen gewaltige Aufgaben bevor. Du hast doch Deacon erlebt. Und Penemue. Und Johnson, der in mich eindringen konnte, obwohl ich mich nach Kräften gewehrt und alles versucht habe, ihn wieder auszustoßen.«
»Rose ...« Mir lag allerhand auf der Zunge, aber meine Schwester ließ sich nicht bremsen. Sie musste unbedingt loswerden, was sie zu sagen hatte.
»Du bist doch angeblich so was wie eine Superbraut im Kampf gegen die Dämonen, aber ich habe dir angesehen, dass du Angst hast.« Das war kein Vorwurf, nur eine nüchterne Feststellung.
Kurz war ich versucht, alles abzustreiten, aber das konnte ich nicht. Meiner Schwester war ich die Wahrheit schuldig.
»Ja«, gab ich zu. »Ich habe Angst. Aber ich werde keinesfalls kneifen.« Und ich würde alles Notwendige tun, um in der ersten Liga mitspielen zu können. Und wenn ich dafür noch mehr Dämonen töten musste - und wenn ich dafür die dunkle Seite in mir weiter stärken musste -, dann war ich dazu bereit. Aber mir reichte es schon, dass ich mich um Rose kümmern musste. Auch noch auf Rachel achtzugeben, wäre einfach zu viel des Guten.
»Du bist nicht die Einzige, die Dämonen identifizieren kann«, sagte ich schließlich zu Rachel. »Kiera konnte sie riechen.«
Ich nickte zu Rose, die mit weit aufgerissenen Augen lauschte. »Echt? Na ja, sie vielleicht, ich aber nicht. Das habe ich dir doch vorhin schon gesagt.«
»Ganz bestimmt nicht?«
»So
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