Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung
auch schlecht zum Portal, um mich reinzustürzen.
Nicht, dass ich mittlerweile wüsste, wo genau sich das Portal auftun würde. Stirnrunzelnd fügte ich im Geist diesen Punkt meiner Liste der Dinge hinzu, die ich noch zu erledigen hatte. Also ehrlich - es war schon der Wahnsinn, wie viel Vorbereitung so ein Ende der Welt von einem verlangte.
Im Moment jedoch galt meine ganze Sorge meiner körperlichen Unversehrtheit und dem Schutz des Oris Clef vor diesem Jarel. Aber das war leichter gesagt als getan.
Sie kamen von beiden Enden der Gasse auf mich zu, jeweils sechs, und sie marschierten eng nebeneinander, so als hätten sie nur einen Körper und ein Ziel.
Großartig! Ein eingespieltes Team durchtrainierter Dämonen. Das hatte mir noch gefehlt.
Mein Messer ließ ich stecken, stattdessen zog ich das Schwert. Ich hatte es mir noch nicht »angeeignet«, was ich jetzt schnell nachholte. Ich fuhr mit der Hand über die rasiermesserscharfe Klinge und verschmierte mein Blut über das Metall, ohne die Dämonen aus den Augen zu lassen. »Damit mache ich euch fertig.«
Unglücklicherweise sorgte meine Ankündigung nicht dafür, dass sie schreiend das Weite suchten. So viel zu meinem Abschreckungspotenzial.
Genau das Gegenteil trat ein. Zwei von ihnen verließen die geschlossene Formation und spazierten auf mich zu. Dann schlossen sich von der gegenüberliegenden Seite zwei weitere an.
Vier gegen eine und acht als Reserve. Keine guten Aussichten.
»Was soll's!« Und dann verwandelte ich mich in eine schwertschwingende Furie. Die ersten beiden Köpfe trennte ich mit einem Schlag ab. Ich kam mir vor wie das tapfere Schneiderlein. Aber zwei weitere Dämonen nahmen sofort die Stelle ihrer gefallenen Kumpels ein. Und die hatten auch noch fiese Riesenschwerter. Anders als in Filmen kam auch nicht immer nur einer nach dem anderen daher. Alle griffen mich gleichzeitig an, und dafür hatte ich nun wirklich keine Zeit. Ich musste mich auf die Suche nach Deacon machen und wollte eigentlich nicht gegen Dämonen kämpfen. Und schon gar nicht wollte ich, dass mir einzelne Gliedmaßen amputiert wurden.
Ich wirbelte das Schwert herum und schlitzte einem den Bauch auf. Die Klinge steckte noch in seinem Wanst, da attackierte mich einer von hinten. Ich trat aus, traf ihn voll zwischen den Beinen. Er taumelte rückwärts gegen zwei Komplizen.
Wen ich leichtsinnigerweise übersah, war der Dämon, der mich von der Seite her ansprang und mein Bein packte, mit dem ich gerade ausgeschlagen hatte: Jarel, und Rachel hatte recht gehabt - das war ein echter Kotzbrocken.
Er hatte meinen Knöchel fest im Griff und verdrehte mir den Fuß dermaßen, dass ich mich ebenfalls drehen musste, wenn ich mein Bein behalten wollte. Während er noch an mir zog, startete ich einen Überraschungsangriff. Allerdings verfehlte mein Schwert sein Ziel, weil er mich in die Botanik schleuderte. Ich landete flach auf dem Rücken. Die Waffe hielt ich noch in der Hand, aber mein Stolz war verflogen.
Nicht, dass ich Zeit gehabt hätte, über Stolz, Schwerter oder Schlachtpläne nachzudenken. Jarel ging mit gezücktem Messer schon wieder auf mich los. Ich schlug mit dem Schwert zu und hoffte, ihn auf Höhe der Gürtelline in zwei Teile zu zerhacken. Allerdings traf ich unverhofft auf etwas außerordentlich Hartes und schrie auf vor Schmerz.
Ein Kettenhemd. Dieser kleine Wichser trug unter seinem Boston-Celtics-T-Shirt doch tatsächlich so etwas Ähnliches wie eine mittelalterliche Rüstung.
Ehrlich, seine gründliche Vorbereitung auf den Kampf musste ich bewundern — wenn auch in Maßen. Mein Arm tat höllisch weh. Der Schmerz war so groß, dass ich nur den Oberkörper traf, als ich auf den Hals zielte, was natürlich keine große Wirkung hatte. Mein ganzer Arm kribbelte, als wäre er ein einziger großer Musikantenknochen. Und obwohl ich Rechtshänderin bin, packte ich das Schwert jetzt mit der Linken, beziehungsweise hatte es vor, denn mittendrin machte er einen Hechtsprung, riss es mir aus den Händen und drückte mir die Klingenspitze gegen den Hals.
»Durch die eigene Waffe ums Leben gekommen, du Nutte«, zischte er. »Etwas Ehrloseres kann man sich kaum denken.«
»Leck mich!«, schnauzte ich ihn an und überlegte fieberhaft, wie ich mich aus dieser misslichen Lage befreien konnte.
»Eigentlich sollte ich dich am Leben lassen«, grunzte er. Offenbar war ihm nicht klar, dass ich schon vor ihm auf diese Idee gekommen war. »Du sollst vor mir knien, wenn ich den
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