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Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung

Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung

Titel: Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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erschien an der Wand ein Gesicht wie eine Gipsmaske, dessen Züge sich allmählich herausschälten.
    Gabriel.
    Entsetzt machte ich einen Satz nach hinten. Zumindest versuchte ich es, aber irgendwie hatte er mich schon am Handgelenk erwischt. Ich spürte die Macht, die dieses Wesen darstellte, die rohe Energie, aus der die Erscheinung bestand.
    Offenbar hatte sich Deacon geirrt mit seiner Behauptung, Gabriel könne mich wegen dem Oris Clef nicht mehr festhalten.
    »Bitte«, wisperte ich, denn ich wusste nicht, was ich sonst hätte sagen sollen. »Bitte.«
    Du wagst es, zu betteln?
    Seine leise, aber entschlossene Stimme füllte meinen Kopf, nicht jedoch die Kammer.
    Du, die aus Furcht die ganze Menschheit opfern würde?
    Ich schloss die Augen. Ich schämte mich, weil er recht hatte. Denn ich hatte Angst vor den Qualen. Ich würde brennen. Lieber Gott im Himmel, bis in alle Ewigkeit würde ich brennen. »Du verlangst zu viel.«
    Ich habe nichts verlangt.
    Und während er noch sprach, spürte ich erneut ein Zerren. Der Raum, das schwarze Glas waren verschwunden. Wir bewegten uns durch eine nebelverhangene Welt voller Qualm. Giftige Rauchschwaden umgaben uns. Meine Augen tränten. Ich bekam kaum noch Luft. Verkohlte Beton- und Stahlpfeiler ragten in einen verrußten Himmel. Und unter unseren Füßen türmten sich die Knochen derer, die diesem Horror zum Opfer gefallen waren.
    Die Hölle , dachte ich. Der Engel bringt mich in die Hölle.
    Aber ich kannte diesen Ort. Es war nicht die Hölle, es war Boston.
    Ich spürte die Anwesenheit des Erzengels dicht hinter mir. Seinen Ekel über all das, was vor uns lag. Den Ekel vor mir.
    Das würdest du geschehen lassen?
    Ich konnte nicht mehr denken. Ich konnte das alles gar nicht verarbeiten. Nutzlos stand ich rum, während gespenstische Bilder von Menschen vor meinen Augen vorbeirasten. Eine Gruppe auf der Flucht. Jemand stürzte. Ein Kind. Und noch ehe die anderen kehrtmachen konnten, hatte sich eine Schar Dämonen auf das Kind gestürzt und verspeiste es.
    Ein greller Schrei zerschnitt die Luft, und alle, Dämonen wie Menschen, drehten sich in die Richtung, aus der dieser Schrei gekommen war. Zwei Gestalten waren zu erkennen, die eine schlank, mit mattschwarzem Haar und apathischen grünen Augen. Ein vertrautes Gesicht, das schon allzu oft diese Schrecken gesehen hatte. Mein Gesicht. Oder zumindest das Gesicht, das mir aus dem Spiegel entgegenblickte.
    Neben mir stand eine magere, athletisch gebaute Frau mit grellrosafarbenem Haar und einem Gesichtsausdruck, der ihren Spaß am Töten verriet. In beiden Händen ließ sie Messer herumwirbeln. Ihr Lächeln verriet Vorfreude auf Grausamkeiten. Sie sagte etwas, und obwohl ich sie nicht hören konnte, wusste ich, dass sie mich antrieb. Zeit für ein bisschen Spaß. Zeit zum Töten.
    Rose.
    Das. Das würde aus ihr werden.
    Komm mit mir, und du kannst all dies verhindern.
    Ich musste schlucken vor Entsetzen über das, was ich gesehen hatte. Was Wirklichkeit werden könnte. In meinem Kopf drehte sich alles, mein Verstand kreiste um diese düsteren Bilder und um den Ausdruck grausamen Entzückens auf Roses Gesicht.
    Aber was er von mir verlangte - großer Gott, was er da verlangte ...
    »Bitte, ich muss überlegen. Ich brauche Zeit.«
    Wir haben keine Zeit, nur ...
    Aber was dieses Nur war, erfuhr ich nicht mehr, denn plötzlich wurde ich nach hinten geschleudert und landete wieder auf dem Obsidianboden. Deacon stand neben mir. Mit grimmiger Miene, die Augen rot vor Wut. »Er ist gar nicht wirklich hier«, sagte er. »Er ist nur eine Illusion. Er kann dich nicht mitnehmen. Er kann dir nichts tun.«
    Sie wird mit mir kommen, sagte Gabriel, und obwohl er gar nicht da war, schien sein riesiger Körper die ganze Kammer auszufüllen. Seine Kriegstattoos unterstrichen den Zorn, der in seinen Augen lag.
    »Es ist nicht notwendig, dass sie stirbt«, brüllte Deacon wütend. Seine Flügel zerrissen das Hemd; es hing nur noch in Fetzen an ihm. »Es gibt einen anderen Weg.«
    Schon allein durch die Suche riskierst du alles, Lily. Komm und tu, was nötig ist.
    Nervös fuhr ich mir mit der Zunge über die Lippen, war hin- und hergerissen. Aber die Entscheidung lag nicht mehr in meiner Hand. Deacon hatte mich gepackt und schleifte mich zur Windhose. Ich spürte, wie Gabriel an mir zog. Er wollte uns nicht fortlassen, aber Deacon hatte recht: Gabriel konnte hier keine Gestalt annehmen, und so reichte seine Kraft nicht aus, um Deacon zu überwältigen,

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