Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung
Problem war jedoch die Fahrgelegenheit. Rachels Auto hatte ich auf der Brücke stehen lassen - das hatte ich ihr zwar noch nicht ausdrücklich gestanden, aber da sie die Fernsehberichte über unser Dämonengefecht gesehen hatte, würde sie wohl von selbst daraufgekommen sein. Zum Pub waren wir mit einem geklauten Auto gefahren, das jetzt sechs Block weiter parkte.
»Was haltet ihr von einem Taxi?«, schlug Rachel vor. »Wenn du in dem Tempo weiter Autos knackst, wird uns bald das Glück verlassen. Ich glaube zwar nicht, dass euch eine Gefängniszelle lang aufhalten kann, aber wir müssen meiner Meinung nach wirklich nicht Zeit und Kraft vergeuden, nur um ganz oben auf die Fahndungslisten zu kommen.«
Ein gutes Argument. Also riefen wir ein Taxi, das auch schon vor dem Pub auf uns wartete, als wir nur zehn Minuten später die Treppe runterkamen.
Die Fahrt vom Pub zu Alice’ Wohnung dauerte nur kurz. In Windeseile hatten wir die Wohnung aufgeteilt. Ich übernahm das Schlafzimmer, Rose das Bad, Rachel die Küche und Deacon das Wohnzimmer. Zum Glück war es eine kleine Wohnung.
»Es könnte praktisch alles sein«, sagte ich. »Wie sollen wir das Ding erkennen?«
»Es muss was sein, das Alice nicht weggeworfen hätte«, antwortete Deacon. »Irgendetwas mit Erinnerungswert.«
»Schmuckstücke?«, fragte ich und trug das Kästchen auch schon ins Wohnzimmer, damit ich bei der Arbeit Gesellschaft hatte.
»Möglich, aber unwahrscheinlich. Die kann man zu leicht verlieren.«
»Kannst du es erkennen? Ich meine, wenn der Gegenstand ein Portal ist: Kannst du es fühlen oder spüren?«
»Manchmal«, nickte er ernst. »Wollen wir hoffen, dass dies so ein Fall ist.«
Die meisten Stücke waren frühamerikanische Flohmarkt-Ära, aber sie hatte auch ein paar wirklich hübsche Stücke, die Rachel als ihre Entwürfe identifizierte. »Eigentlich gehören die in die Tonne. Mein Geschäft habe ich mit Blutgeld gegründet.«
Ich schüttelte den Kopf. »Da wäre es doch echt schade drum. Außerdem waren sie ein Geschenk, und du hast doch einen Neuanfang gemacht. Hast du sie Alice geschenkt, weil du gehofft hast, sie würde sich dann wieder mit schwarzer Magie beschäftigen?«
»Großer Gott, nein!«
»Dann vergiss das Ganze einfach und mach in der Küche weiter.«
Sie schnaubte. »Weil meine Mutter das Portal ganz gewiss in eine Backform gepackt hat«, spottete sie. Doch plötzlich hellte sich ihre Miene auf. »Alice hat tatsächlich gern mit Mom Kekse gebacken. Vielleicht stimmt es sogar.« Mit diesen Worten verschwand sie unter der Arbeitsplatte und wühlte sich wahrscheinlich durch irgendwelche Küchenutensilien.
Ich machte mich wieder über das Schmuckkästchen her, und obwohl es mir in der Seele wehtat, so ein hübsches Holzkästchen zu ruinieren, riss ich die kleinen Schublädchen raus, schabte den Samtbelag ab und suchte es gründlich nach Geheimfächern ab. Vergeblich.
»Nichts dabei«, sagte ich zu Deacon. »Und bei dir?«
»Auch nichts.« Er hatte gerade allen möglichen Schnickschnack in den Regalen überprüft.
Ich ging zurück ins Schlafzimmer, um dort weiterzusuchen. Die Kommode samt Klamotten hatte ich schon durchwühlt, jetzt kamen die Bücherregale dran. Was ihre Lektüre betraf, hatte Alice einen sehr breit gefächerten Geschmack, der insgesamt sehr viel anspruchsvoller war als meiner. Sorgfältig nahm ich alle Bände heraus, von billigen Liebesromanen bis zu wertvollen Ausgaben von Dickens und Faulkner. Offenbar las Alice Bücher nicht nur, sie sammelte sie auch.
»Im Bad war nichts.« Rose kam zu mir herüber. »Außer ihre Mutter hätte das Portal in die Zahnpasta gesteckt, und Alice hätte die Tube zehn Jahre lang gereicht.« Sie ließ sich aufs Bett fallen. Ich konnte die Bücher gerade noch in Sicherheit bringen.
»Hey, Vorsicht! Die Dinger hier sind wertvoll.«
»Wirklich?« Sie rümpfte die Nase. »Wieso?«
»Weil sie selten sind. Sammlerstücke. Die kosten wahrscheinlich ein Vermögen.«
»Tatsache? Na so was.« Sie stand wieder auf. »Ich helfe lieber in den anderen Zimmern mit. Bis jetzt war das ja ein totaler ...«
Sie unterbrach sich und drehte sich mit weit aufgerissenen Augen zu mir.
»Rose?«
Ohne zu antworten, kam sie mit drei Riesensätzen quer durchs Zimmer auf mich zu und packte mein T-Shirt.
»Hey!«
»Das da.« Sie tippte mit dem Zeigefinger auf mein Tattoo. »Ich habe dir doch gesagt, dass es mir bekannt vorkommt.«
»Na und?« Neue Hoffnung wollte ich gar ich erst
Weitere Kostenlose Bücher