Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung
aufkommen lassen.
»In Rachels Wohnung, also in Egans früherer Wohnung, da habe ich ein Buch gesehen, das auch so alt war wie die da. Und auf dem Umschlag war der Dolch.« Sie strahlte übers ganze Gesicht. »Das ist der gleiche. Hundertprozentig.«
14
»Was hab ich euch gesagt?« Rose drückte mir ein zerfleddertes Buch mit Ledereinband in die Hand. »Schau, da!« Sie tippte auf den Umschlag. »Es ist der gleiche! Ich hab es euch ja gesagt.«
Ich blickte von Rachel zu Deacon. »Sie hat recht.«
Rachel nahm das Buch und blätterte darin herum. »Die Seiten sind leer. Aber schaut euch das mal an.« Sie klappte das Vorsatzblatt auf. In sauberen Druckbuchstaben stand da eine Widmung: Für meinen Schatz Alice. Mögest du immer den Mut haben, das Rechte zu tun.
»Egan hat es gestohlen!«, schnaubte Rachel. »Das kann gar nicht anders sein! Alice hätte es mir ganz bestimmt gezeigt.« Sie runzelte die Stirn. »Egan war Moms Testamentsvollstrecker, er hatte die Schlüssel zu ihrem Haus. Er hat das Buch eingesackt, und Alice hat es nie zu Gesicht bekommen. Dieses miese Schwein!«
Ich stimmte ihrer Einschätzung zu, nahm ihr das Buch vorsichtig ab und gab es Deacon. »Und? Was ist? Sind wir auf dem richtigen Weg? Ist es irgendein Durchgang?«
Er nahm das Buch fest in beide Hände und schaute mich an. »Ich glaube, wir haben ihn gefunden.«
Erleichtert sackte ich regelrecht in mich zusammen, als die Anspannung nachließ. »Was muss ich jetzt tun? Einfach reingehen, oder? Reingehen, den Dolch holen, ihn einsetzen. Die Pforte verschließen, und zwar ein für alle Mal. Dann haben wir es geschafft. Es ist vorbei. Es ist vorbei, und wir sind in Sicherheit. Die ganze bescheuerte Welt ist in Sicherheit.«
»Eins nach dem anderen.« Deacon wirkte ernst. »Wie kommen wir rein?«
Auf die Frage wusste ich keine Antwort, aber die würde ich finden. »Soll ich die Hand auf die Widmung legen? So funktioniert das Ganze bei meinem Arm.«
»Versuch es«, nickte er.
Ich versuchte es, aber nichts geschah. Nur dass ich mir ein wenig blöd vorkam. Ich stand da wie eine Zeugin vor Gericht, die gerade auf die Bibel schwört.
»Eine Anrufung?«, vermutete Rachel.
Ich stöhnte. »Na prima! Noch ein Rätsel, das wir knacken müssen.«
»Blut«, schlug Rose vor. »Blut ist doch immer im Spiel.«
Die Kleine hatte recht. Ich zog mein Messer und wollte mir schon in die Handfläche schneiden, als mir plötzlich ein Gedanke kam und ich innehielt. »Als wir das letzte Mal durch ein Portal gegangen sind, waren wir erst über eine Woche später zurück. Was ist, wenn uns jetzt das Gleiche wieder passiert? Dann käme ich erst nach der Konvergenz wieder raus, und alles wäre verloren.«
»Kein Anker«, murmelte Deacon.
»Wie bitte?«
»Wir sind alle zusammen rein. Keiner hat dich in dieser Dimension, in unserer Zeitrechnung verankert.«
»Oh.« Dass das notwendig sein könnte, darauf war ich noch gar nicht gekommen. »Dann hat man ohne Anker also Pech gehabt?«
»Nicht unbedingt. Normalerweise kommt man in etwa zur gleichen Zeit zurück, zu der man gestartet ist - aber Penemue und Kokbiel sind mächtige Dämonen. Sie existieren quer durch mehrere Dimensionen, und auch wenn sie nicht so ohne Weiteres hier aufzutauchen vermögen, können sie einem doch einen kräftigen Strich durch die Rechnung machen.«
»Du meinst also, es könnte uns wieder passieren?«
»Ohne Anker mit ziemlicher Sicherheit.«
»Rachel?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort eigentlich schon kannte.
»Sie ist nicht stark genug.«
Ich nickte. »Dann eben du.«
»Ich will nicht, dass du allein da reingehst«, entgegnete er.
»Unter den gegebenen Umständen bleibt mir wohl nichts anderes übrig.«
Stirnrunzelnd warf Rachel einen Blick zur Wanduhr. »Mir war gar nicht klar, wie lange wir in Alice’ Wohnung waren.« Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum. »Eigentlich müsste das Pub jetzt schon aufhaben und ...«
»Geh nur! Wir halten dich auf dem Laufenden.« Ich schaute zu Deacon und holte tief Luft, um mir Mut zu machen. »So oder so, bald werden wir wissen, ob es geklappt hat.«
Rachel umarmte mich kurz, dann Rose etwas länger und drückte ihr noch einen Kuss auf die Stirn. »Wird schon gut gehen. Hörst du?«
Rose nickte, aber ihr Lächeln wirkte verkrampft. »Aber auch dann ist es nicht vorbei, oder? So richtig wird es nie vorbei sein.«
Ich runzelte die Stirn. »Was redest du denn da?«
»Selbst wenn wir jetzt die Horden der Hölle daran hindern, durch die
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