Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
Countrymusic aus den riesigen Lautsprechern der Leilenthal-Brüder, die sie rechts und links der Scheune aufgestellt hatten. Johnny Cash wäre mir lieber gewesen. Irgendwas Tödliches, Fröhliches, was zu einem Mädchen passte, das besessen von Blutmagie war. Ich schloss die Augen, schlang die Arme um mich und wünschte, die Lust auf Gesellschaft würde wie Nebel aus dem Boden aufsteigen und mich schlicht überwältigen.
Nichts davon geschah.
Ich drehte mich trotzdem um und schlenderte durch das hohe Gras auf die Party zu.
Es war ungefähr neun und etwa dreißig Leute standen am Lagerfeuer. In der Scheune waren noch mehr. An der Grenze von Licht und Schatten blieb ich stehen und sah mich im orangefarbenen Feuerschein nach einem vertrauten Gesicht um. Besser gesagt, nach einem Gesicht, das ich sehen wollte. Vertraut waren hier alle. Neben der Scheune diskutierten einige Mitglieder des Theaterclubs. Nick war auch dabei, in einem dreiteiligen Nadelstreifen-Anzug, als käme er direkt aus dem Musical Guys and Dolls . Um ihn drängten sich nicht nur Eric und ein paar andere Jungen, sondern auch viele Mädchen. Kelsey Abrigale fasste ständig in ihrer affigen Art an sein Revers und Molly Morris lachte jedes Mal viel zu laut, wenn er etwas sagte.
Ich erwog kurz, direkt auf ihn zuzumarschieren und herauszufinden, ob er mich nach Hause gefahren hatte, weil er mich
mochte oder weil er einfach gerne flirtete und dazugehören wollte. Letztes Jahr hätte ich das vielleicht noch gemacht – wäre voll rangegangen und hätte ihn mit seinem sexy Hut geneckt. Aber jetzt … Wenn schon genug andere ihre Show abzogen, warum sollte er da noch an ein merkwürdiges Mädchen denken, das gerne auf den Friedhof ging?
Außerdem brauchte ich das gerade auch nicht. Ich hatte die Magie. Echte Magie. Stattdessen hockte ich mich also auf einen umgefallenen Baumstamm und betrachtete das Feuer, die dunklen Umrisse der Schüler und die funkelnden Sterne am Himmel. Als ich links von mir den Vollmond entdeckte, fiel mir ein heilender Zaubertrank ein, der über Nacht ziehen musste. In Dads Aufzeichnungen stand, dass er besser wirken würde, wenn er viel Mondschein abbekam. Reese fand, das wäre Quatsch, bis ich ihn daran erinnerte, dass wir nur mit Blut und Salz ein Skelett in einen lebendigen Vogel verwandelt hatten. Was wussten wir schon, was der Mondschein alles fertigbrachte?
Am Nachmittag war es so mild gewesen, geradezu perfekt für Oktober, aber jetzt war es kühl, und ich bedauerte, keine Jacke mitgenommen zu haben. Ich saß da, allein und voller Selbstmitleid, statt mich mit meinen Freunden zu unterhalten und einen süßen Jungen kennenzulernen. Bescheuert. »Los, geh zum Feuer«, trieb ich mich selbst an und rieb meine Hände. In der Kälte hingen die Ringe locker an meinen Fingern. Im letzten Schuljahr war es noch eine meiner leichtesten Übungen gewesen, mit anderen zu reden oder zu tanzen, mit meinen Mitschülern über die Lehrer und mit den Mädchen über die Jungen zu lästern oder über die Stücke und die Musik zu sprechen, die ich gut fand. Doch jetzt … fühlte sich das alles irgendwie nicht echt an. Als könnte es jeden Augenblick auseinanderfallen. Einzig und allein das Blut war wirklich und echt.
Ich leckte mir die Lippen. Sie waren trocken und kalt.
Auf einmal hörte ich schallendes Gelächter. Erin Pills. Sie war ein Jahr jünger und hatte letztes Jahr mit mir bei Into the Woods mitgespielt. Mir würde doch bestimmt etwas einfallen, worüber ich mit ihr und den anderen Mädchen, die bei ihr standen, reden konnte. Ich ging näher an den Kreis heran. Selbst aus drei Metern Entfernung spürte ich, wie die Wärme des Lagerfeuers zärtlich über meinen Arm strich.
Oh, da kam Wendy, Gott sei Dank. »Hey«, sagte ich.
»Silla.« Wendy grinste und ihr pinkfarbener Lipgloss glänzte. Dieses Glitzerzeug könnte ich nie tragen – auf meiner Haut fühlt es sich wie Schotter an.
Als ich nickte, nahm sie meine Hände und zog mich von der Menge fort. »Was meinst du, wie soll ich vorgehen?«, fragte sie, nachdem sie sich vorsichtig umgeschaut hatte. »Soll ich ihn einfach überrumpeln? Ich meine, soll ich ihn einfach küssen? Oder voll nett sein?«
»Würde es ihn nicht genauso umhauen, wenn du plötzlich nett zu ihm bist, wie wenn du ihm die Zunge in den Hals steckst?«
»Hmm. Auch wahr.«
Ich sah mich zu Eric um, der neben Nick stand. »An deiner Stelle würde ich ihn küssen.« Doch mein Blick ruhte auf Nicks Mund, während
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