Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
Herz glauben und auf ihre Hilfe hoffen. Er würde ihr den Brief am besten sofort bringen. Die meisten Schüler hatten jetzt noch Unterricht und er würde hoffentlich kaum jemandem begegnen.
Sarah war nach nebenan in den kleinen Waschraum gegangen, um sich umzuziehen und frisch zu machen. Er würde wieder zurück sein, bevor sie sein Verschwinden bemerkte. Dustin zog sich die Kapuze seines Sweatshirts über den Kopf und machte sich mit klopfendem Herzen auf den Weg Richtung Neubau.
»Hallo, May!«
May schrie auf und Sarahs Bücher und der Kulturbeutel fielen ihr vor Schreck aus der Hand.
»Um Himmels willen - wie bist du hier hereingekommen? Und warum ... sitzt du im Dunkeln?« May knipste mit zitternden Fingern das Licht an.
»Ich fand es eigentlich ganz gemütlich so. Ich dachte mir, du freust dich vielleicht über meinen Besuch und deshalb habe ich es mir einfach in deinem Zimmer bequem gemacht. Ich hoffe, das war okay.« Emma hatte die Beine übereinandergeschlagen und wippte entspannt mit einem Fuß.
»Na ja, also ehrlich gesagt -«
»Immerhin sind wir beide mit Jonathan befreundet, da wäre es doch nett, wenn wir uns näher kennenlernen. Und weil sich Jonathan nicht darum kümmert, dass ich Anschluss finde, nehme ich es jetzt eben selbst in die Hand.«
Mays Herz schlug noch immer heftig von dem Schock. Sie warf ihren Mantel übers Bett. Sie fand es unverschämt, mit welcher Selbstverständlichkeit das Mädchen dort vor ihr am Tisch saß und sie lächelnd musterte. Wie konnte sie nur einfach hier hereinspazieren, als ob sie sich seit einer Ewigkeit kannten? May fröstelte. Sie musste besser darauf achten, abzuschließen, bevor sie ging. Auf keinen Fall würde sie Emma gegenüber so tun, als wollte sie ihre beste Freundin werden. May ließ sich ihr gegenüber auf einen Stuhl fallen.
»Eigentlich wollte ich nur nachfragen, was am Wochenende so geplant ist und ob ihr irgendetwas unternehmt?«, brach Emma das Schweigen.
»Wen meinst du mit ihr?« May konnte ihre Gereiztheit nicht verbergen. »Falls du herausfinden möchtest, ob Jonathan und ich etwas zusammen vorhaben oder du am Ende sogar glaubst, zwischen uns liefe mehr, dann hast du dich getäuscht.«
Emma winkte empört ab. »Nein«, rief sie mit weit aufgerissenen Augen, »nein, davon bin ich niemals ausgegangen, wirklich nicht.« Sie nestelte an irgendetwas herum, das anscheinend auf ihrem Schoß lag. »Ich kann mir vorstellen, dass du ... noch viel zu sehr an deinem früheren Freund hängst, nicht wahr?« Sie hob das Foto hoch, auf dem May und Simon zu sehen waren, und betrachtete es mit schief gelegtem Kopf. May blieb vor Entsetzen beinahe die Luft weg. Sie sprang auf und riss Emma das Bild aus der Hand.
»Wie ... wie kannst du es wagen, hier herumzuschnüffeln?«, keuchte sie. Sie war so außer sich, dass sie am ganzen Leib zitterte. »Du kommst einfach hier herein und vergreifst dich an meinen privaten Dingen! Was fällt dir eigentlich ein? Du glaubst doch etwa nicht im Ernst, dass ich mit so jemandem befreundet sein, geschweige denn, ihm mein Herz ausschütten will!«
»May!« Emma legte beschwichtigend eine Hand auf Mays Arm und setzte ein trauriges Gesicht auf. »Aber ich wollte dich doch nicht verletzen. Weißt du, der Mord an Simon Wheet ging doch damals eine ganze Zeit lang durch die Presse. Na, irgendwie sind Jonathan und ich letztens auf das Thema zu sprechen gekommen und da meinte er, Simon wäre dein Freund gewesen. Mann, ich war vielleicht geschockt. Das ist ja so schrecklich, ich darf gar nicht darüber nachdenken, was du durchgemacht hast. Und dann wurde der Mörder noch nicht einmal gefunden und für diese grausame Tat bestraft.« Emma schüttelte fassungslos den Kopf.
May stöhnte und fuhr sich müde über die Stirn. Diese Person merkte einfach nicht, dass sie zu weit ging. Offenbar war sie von Natur aus taktlos, unsensibel und schrecklich egozentrisch. Jonathan sollte sie besser schleunigst in den Wind schießen. May musste sich beherrschen, Emma nicht anzuschreien. Aber wahrscheinlich wäre es reine Zeitverschwendung, sie zu belehren.
May atmete ein paar Mal tief ein und aus, um sich zu beruhigen. »Schon gut, Emma. Ich will jetzt nicht über diese Geschichte reden.«
»Ja, das ... kann ich gut verstehen«, sagte Emma mit dünner Stimme und zog geräuschvoll die Nase hoch. »Ich selbst habe auch schon mal etwas sehr Schlimmes erlebt. Man glaubt, einem würde der Boden unter den Füßen weggezogen, nicht wahr? Ich kann mich
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