Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
gut daran erinnern, wie ich mich damals gefühlt habe.« Emma sah May an und ihre grünen Augen blitzten im Licht auf. »Erst will man es nicht wahrhaben und man gibt sich selbst die Schuld und fragt sich, was man hätte anders machen können. Aber dann ... wenn man allmählich begreift, dass man das Opfer ist und einem Unrecht angetan wurde, dann möchte man nichts lieber, als demjenigen Leid zuzufügen, der Schuld hat. Man will ihm dasselbe antun oder sogar noch Schlimmeres, man will ihn quälen und ihn leiden sehen.«
May starrte Emma erschrocken an. Während ihres Redeschwalls hatte das Mädchen jeglichen Liebreiz verloren. Emmas Stimme klang bitter und ihr ebenmäßiges Gesicht war vor Wut verzerrt und wirkte plötzlich um Jahre gealtert.
May schluckte. Was mochte ihr passiert sein? Ein Hauch von Mitleid stieg in ihr hoch, verschwand aber sofort wieder, als Emma von einer Sekunde auf die nächste ihr Hollywoodlächeln aufsetzte und kess eine rote Haarsträhne um ihren Zeigefinger wickelte.
»Was ich vorhin eigentlich fragen wollte, war: Was machen du und Sarah am Wochenende?«, setzte sie in ihrer zuckersüßen Stimme wieder an. »Und vor allem - wo steckt Sarah überhaupt? Ich dachte, sie wäre bei dir und ich würde sie hier antreffen ...«
May runzelte verstört die Stirn. Es war also tatsächlich Emma gewesen, die bei Sarah zu Hause gewesen und nach ihr gefragt hatte.
»Sarah ist ... nicht hier«, erwiderte sie zögernd.
»Ach? Aber ihre Mutter hat behauptet, dass ihr hier zusammen lernen wolltet.« Emmas Blick war so durchdringend, dass May zu Boden schaute. Seltsam, obwohl Emma schrecklich naiv wirkte, hatte sie manchmal etwas sehr Dominantes an sich, das einen auf der Stelle einschüchterte. May konnte das Mädchen nicht einschätzen. Entweder, sie war komplett durchgeknallt oder sie konnte unheimlich gut schauspielern.
»Wir hatten es ... geplant, stimmt. Aber nun weiß ich nicht, wo Sarah steckt.« Aus irgendeinem Grund fühlte sich May unwohl bei diesem Gespräch. Ihr kam es so vor, als säße sie bei einem Verhör und könnte sich jeden Moment in eine ausweglose Situation manövrieren.
»So? Du weißt also nicht, wo Sarah ist ...« Emmas Stimme hatte einen strengen Unterton angenommen. »Und warum sollte ich dir das glauben?«
May funkelte Emma wütend an. Was fiel ihr ein, so mit ihr zu reden? »Warum solltest du es mir nicht glauben, Emma? Welchen Vorteil hätte ich dadurch?« Mays Stimme war automatisch laut geworden. »Zwischen Sarah und mir herrscht im Moment Funkstille, okay? Wir haben uns gestritten und seit ein paar Tagen keinen Kontakt. Keine Ahnung, wo sie sich herumtreibt. Aber ehrlich gesagt, wenn ihr euch kennt, dann frag sie doch selbst. Du wirst ja wohl ihre Handynummer haben, oder? Und außerdem meinte ihr Mom vorhin, ihr hättet ohnehin später noch eine Verabredung.«
Emma nickte langsam. »Ja, das hoffe ich zumindest«, murmelte sie. »Ich hoffe sehr, dass sie die Nachricht erhalten hat, die ich ihr habe zukommen lassen. Es wäre jammerschade, wenn sie unsere Verabredung verpassen würde.«
May blickte Emma stirnrunzelnd an. »Warum, was habt ihr denn so Besonderes vor?«
»Ach, nichts weiter. Nur so eine Art ... man könnte sagen, Theateraufführung, bei der die Zuschauer miteinbezogen werden. Du weißt schon ...«
May verwunderte es, dass Sarah und Emma sich kannten. Sarah hatte Jonathans Freundin nie erwähnt und vor Kurzem hatte Sarah May erst noch gefragt, ob Jonathan möglicherweise etwas mit Carol laufen hatte. Außerdem - wieso stellte Jonathan ausgerechnet die beiden Mädchen einander vor, die sozusagen Konkurrentinnen waren? Ob Emma überhaupt wusste, wie sehr Jonathan in Sarah verliebt war?
»Hör mal, Emma, macht es dir denn nichts aus, dass Jonathan ziemlich in Sarah ... wie soll ich es höflich ausdrücken ... verknallt war?« Die Worte waren wie von selbst aus May herausgeplatzt.
»Wie bitte?« Emma machte ein überraschtes Gesicht, aber May war es mittlerweile egal, ob sie das Mädchen verletzte. Emma war schließlich auch so taktlos gewesen, sie auf Simons Tod anzusprechen. Und May wollte, dass diese Person sowohl aus ihrer Nähe als auch aus Jonathans Leben verschwand. Jonathan sollte sich nicht für ein anderes Mädchen interessieren. Er musste Sarah helfen, über Dustin hinwegzukommen, sobald May ihn erledigt hatte. Dann würde auch Sarah irgendwann merken, dass Jonathan und sie wunderbar zueinanderpassten. Jonathan war perfekt für sie, auch wenn
Weitere Kostenlose Bücher