Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
noch einmal das Gästehaus verließ, beschloss Dustin, einen kühneren Schritt zu wagen. Er schlich hinüber zum Gästehaus, in der Hoffnung, dass Rose bereits schlief.
»Emilia«, flüsterte Dustin. »Emilia ...« Zwar hatte sie die weißen Vorhänge zugezogen, die Fenster standen jedoch offen. An dem durchscheinenden schummrigen Licht erkannte Dustin, dass noch Kerzen in Emilias Zimmer brannten. Doch das Mädchen reagierte nicht auf sein leises Rufen.
Dustin blickte sich um und hoffte, dass ihn niemand bei seinem Vorhaben ertappte, dann öffnete er die Tür zum Gästehaus und trat leise ein. Emilias Zimmer lag am Ende des Korridors, direkt neben dem der Gouvernante. Um Rose nicht auf sich aufmerksam zu machen, klopfte Dustin nicht an, sondern öffnete einfach Emilias Zimmertür.
Emilia stand vor ihrem Spiegel und fuhr erschrocken herum. Dabei fiel ihr irgendetwas aus der Hand, rollte klirrend über den Boden und blieb unter dem Schrank liegen. Dustin sprang im selben Moment auf Emilia zu und hielt ihr seine Hand vor den Mund, um zu verhindern, dass ihr Aufschrei jemanden weckte.
Ihre großen Augen blickten ihn entsetzt und zugleich fragend an. Dustin lächelte ihr beruhigend zu und löste schließlich vorsichtig seine Hand von Emilias Mund. Er spürte etwas Feuchtes, Klebriges ... Emilias Lippen - sie bluteten. Ihr Mund war rot verschmiert, ebenso seine eigene Hand.
»Oh nein, Emilia«, flüsterte Dustin, »das wollte ich nicht. Ich habe dich verletzt, ich ...«
Vorsichtig tastete Emilia nach ihrem Mund, mit zitternden Fingern, die Augen noch immer auf Dustin gerichtet. Dann ließ sie ihre Zunge langsam über die Lippen gleiten.
»Nein«, erwiderte sie mit brüchiger Stimme, »das war nicht deine Schuld.«
»Aber ich habe dich erschreckt, du musst dir auf die Lippe gebissen haben. Lass mich mal sehen ...«
»Fass mich nicht an!« Emilia wich plötzlich vor Dustins Berührung zurück und funkelte ihn an. »Es ist nichts passiert, mir geht es gut.« Ihre Stimme klang schroff. »Was willst du überhaupt um diese Uhrzeit hier? Warum kommst du einfach herein und erschreckst mich derart?«
»Ich ... hatte Sehnsucht nach dir, Emilia«, flüsterte Dustin. »Ich wollte endlich wieder einen Moment mit dir allein sein. Wir sehen uns kaum mehr und dabei hatten wir so eine schöne Zeit zusammen. Warum bemühst du dich nicht darum, dass wir uns wieder öfter treffen können? Ich sehe doch an deinen Blicken, dass du es dir auch wünschst. Warum lässt du es dir von deiner Gouvernante und ihrem merkwürdigen Sohn verbieten?«
Emilia senkte die Augen, dann holte sie tief Luft. »Sie sorgen sich eben um mich und ich will sie nicht enttäuschen. Sie meinen es nur gut.«
»Aber was hat deine Krankheit mit mir zu tun? Ich schade dir doch nicht ... oder? Im Gegenteil, es ging dir doch gut, als wir zusammen waren. Haben die beiden etwa Angst, dass ich dir etwas antun könnte? Hat dein Vater sie beauftragt, dich von mir fernzuhalten? Er konnte mich von Anfang an nicht leiden, hab ich recht?«
Emilia rang nach Worten. »Ich weiß es doch auch nicht, Dustin, bitte frag nicht weiter. Ja, es stimmt schon, er ist dir gegenüber etwas ... skeptisch.«
»Aber warum, was hat er denn gegen mich? Bin ich in seinen Augen nicht gut genug für seine Tochter?«
»Für ihn ist niemand gut genug. Es liegt nicht an dir persönlich, es ist nur so, dass er mich beschützen und vor Enttäuschungen bewahren möchte. Ich habe schon versucht, es dir zu erklären. Wenn es nach mir ginge, dann ...« Emilia schrak plötzlich zusammen und auch Dustin fuhr herum. Nebenan waren Geräusche zu hören, dann Schritte, die schwerfällig durchs Zimmer schlurften.
»Rose ist wach«, flüsterte Emilia alarmiert, »du musst weg von hier, Dustin, sie darf dich auf gar keinen Fall erwischen! Sonst haben wir nie wieder die Chance, uns zu sehen ...«
»Aber du wolltest doch eben noch etwas sagen, Emilia ...« Dustin ließ sich nur widerwillig von ihr zum Fenster schieben.
»Verschwinde, Dustin, beeil dich!«
»Was wolltest du sagen? Wenn es nach dir ginge, dann ...? Was dann, Emilia?«
Die Tür nebenan wurde geöffnet und die Schritte bewegten sich über den Korridor auf Emilias Zimmer zu. Dustin zog sich zum Fensterbrett hoch, kletterte hinaus und sprang die gut eineinhalb Meter nach unten auf den Kiesweg. Im selben Moment ging die Tür zu Emilias Zimmer auf.
»Alles in Ordnung, Liebes?«, hörte Dustin Roses verschlafene Stimme.
»Ja, ja, geh ruhig wieder
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