Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
zurück ins Bett, Rose. Tut mir leid, wenn ich dich mit meinem Lärm geweckt habe, ich brauchte nur noch etwas frische Luft.«
»Hast du auch brav deine ...«
»Ja, ich habe meine Medizin genommen«, unterbrach Emilia die alte Frau. »Und jetzt schlaf weiter. Gute Nacht, bis morgen.«
»Gute Nacht, Kind. Halte noch ein bisschen durch, bald reisen wir ab. In England kommen wir wieder besser zurecht. Und wenn dein Vater nächste Woche noch immer nicht zurück ist, fahren wir ohne ihn. Ich bin mir sicher, es wäre auch in seinem Sinne. Wenn er dich so leiden sähe ... Es würde ihm das Herz brechen.«
Dann schlurfte die alte Frau aus dem Zimmer und die Tür fiel zu. Kurz darauf lehnte sich Emilia aus dem Fenster. »Dustin?«
»Emilia, was meint sie mit all dem? Wann reist ihr ab? Warum leidest du? Du kannst nicht einfach wegfahren! Nicht so, nicht ohne irgendeine Erklärung ...«
»Ich kann nichts dagegen unternehmen«, flüsterte Emilia. »Ich würde ja am liebsten auch noch auf Montebello bleiben, weil ...« Sie sprach nicht weiter und Dustin sah sie erwartungsvoll an.
»Weil?«
»Weil ich dir ... alles von mir erzählen möchte, weil du mir gezeigt hast, was Freude bedeutet und weil du mich ins Leben zurückgeholt hast ... zumindest hast du mir das Gefühl gegeben, wieder ein ganz normales, gesundes Mädchen zu sein. Und ...« Emilia zögerte. »Und ... weil es schon längst passiert ist.«
»Was? Emilia, was ist passiert?«
»Ich ... ich hatte dir doch vor ein paar Tagen gesagt, ich wollte mir verbieten, mich in dich zu verlieben.« Sie holte tief Luft. »Aber ... das ist längst passiert.«
Dustins Herz klopfte wild vor Aufregung. Emilias Worte wirbelten wie ein Schwarm Bienen in seinem Kopf umher und versetzten alles in ihm in Aufruhr. Ausgerechnet er, der all die vergangenen Jahre wie ein Schatten seiner selbst gelebt hatte, hatte Emilia Lebensfreude geschenkt, hatte sie wachgerüttelt. Er, dem die ständige Angst im Nacken gesessen hatte, hatte ihr Freude geschenkt. Und im Gegenzug dafür hatte Emilia ihm - ohne es zu ahnen - seine lähmende Angst genommen. Sie brauchten einander, sie konnten sich nicht trennen. Ohne einander würden sie beide nicht länger existieren, nicht mehr frei atmen, nicht ohne Angst leben können. Dustin wurde diese Tatsache in diesem Moment bewusster denn je. Er durfte nicht zulassen, dass man ihm Emilia nahm. Er musste um sie kämpfen, denn ansonsten würde er sich selbst verlieren.
»Emilia, du darfst dich nicht weiterhin vor mir verschließen. Wir müssen uns wieder öfter sehen, lass mich zu dir ... jetzt gleich!«
»Das geht nicht, Dustin. Henry ist noch unterwegs und wird sicher bald zurückkommen. Außerdem dauert es bestimmt noch eine ganze Weile, bis Rose wieder eingeschlafen ist. Sie hat schärfere Ohren als dein Jagdhund.«
»Wann dann? Wann können wir uns treffen?«
»Morgen, Dustin, komm morgen Abend wieder. Gegen elf, wenn es dunkel ist. Ich werde dafür sorgen, dass Rose früh genug ins Bett geht und sich Henry nicht in unserer Nähe aufhält.«
»Emilia?«
»Ja?«
»Ich weiß, es klingt voreilig, aber ... Ich wünschte, du würdest ewig auf Montebello bleiben.«
Emilia blickte ihn einen Moment schweigend und durchdringend an. »Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst. Dustin«, murmelte sie. »Mit der Ewigkeit ist nicht zu spaßen.«
Mit diesen Worten schloss sie das Fenster und zog die Vorhänge zu.
»Es hat keinen Sinn, hier stundenlang herumzusitzen und abzuwarten, dass wir durch Zufall auf eine Lösung stoßen. Durch meine Erinnerungen allein kommen wir nicht weiter!« Dustin lief mit grimmiger Miene in ihrem Kellerabteil auf und ab, während Sarah auf der Matratze saß und ihn beobachtete.
Dustin dröhnte der Kopf und er merkte, dass sein Herz bereits wieder drohte, unruhig zu werden. Die Erinnerungen an damals wühlten ihn zu sehr auf. »Mir fällt nichts Nützliches ein, wenn ich an damals denke und ich will mich auch gar nicht weiter zurückerinnern. Es kostet mich unglaubliche Kraft, Sarah, und es ist schon viel zu lange her für irgendwelche Details ...«
Sarah senkte den Blick. »Wahrscheinlich warst du damals sehr durcheinander, als das alles ... passiert ist, oder? Ich verstehe ja, dass es dir schwerfällt, dich mit dieser Zeit auseinanderzusetzen. Aber bist du dir wirklich sicher, dass Emilia nicht irgendwann eine versteckte Andeutung gemacht hat? Gibt es keinen Hinweis darauf, was mit uns beiden los sein könnte?«
Dustin
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