Blood Romance 04 - Ruf der Ewigkeit
Sarah verbittert und stopfte das Geld kurzerhand in ihre Jeanstasche. Die Kassette verstaute sie wieder an ihrem Platz.
Sarah griff nach ihrem gepackten Rucksack. Einen Moment lang blieb sie noch unschlüssig im Flur stehen und überlegte, ob sie etwas Wichtiges vergessen hatte, aber ihr fiel nichts ein. Sie schnappte sich ihren Autoschlüssel und lief nach unten. An der Haustürschwelle hielt sie noch einmal inne. Doch, da war noch etwas.
Sarah ließ ihre Sachen vor der offenen Haustür stehen und rannte zurück in ihr Zimmer. Der verschlossene Umschlag, der die letzten Worte ihres Vaters hütete wie einen Schatz, war der kostbarste Gegenstand, den sie besaß. Um ein Haar hätte sie ihn vergessen! Sarah holte den Brief unter ihrem Kopfkissen hervor. Sie würde ihn, wohin sie auch ginge, bei sich tragen und er würde ihr das Gefühl geben, nicht allein zu sein. Sarah strich zärtlich über das Kuvert und - schreckte zusammen. Unten war eben eine Tür zugefallen. Sarahs Herz klopfte wie wild. War ihre Mom etwa schon hier? Das war kaum möglich, so schnell, wie Sarah den Highway entlanggebraust war. Es sei denn, Laura Eastwood hatte keinerlei Zeit verschwendet und war ihr auf der Stelle gefolgt.
Sarah schlich zur Treppe, nahm die ersten paar Stufen und lugte durch das schmiedeeiserne Geländer hinunter zum Flur. Die Haustür war ins Schloss gefallen, aber das schien auch schon alles zu sein. Sarah lauschte angestrengt. Nein, da standen keine Koffer im Eingangsbereich, kein Klappern, keine Schritte waren aus der Küche zu hören. Sarah atmete erleichtert auf. Wahrscheinlich hatte der Wind die Tür einfach zugeschlagen. Sie fuhr sich durch die Haare und ihre Muskeln entspannten sich langsam wieder. Aber wenn sie nicht riskieren wollte, tatsächlich ihrer Mom in die Arme zu laufen, musste sie sich jetzt wirklich beeilen. Hastig rannte Sarah die Stufen hinunter und auf die Haustür zu.
Sie war abgesperrt.
»Na, wohin soll die Reise denn gehen?«
Sarah fuhr mit einem Schrei herum - vor Schreck blieb ihr beinahe das Herz stehen.
Henry!
Ich weiß nun endlich, wer Du bist. Ich hatte Dich nicht in der Ewigkeit erwartet. Du hast dich sehr verändert, von selbst hätte ich Dich niemals wiedererkannt.
Zunächst einmal: Ich bin Dir dankbar dafür, dass Du Sarah und mich hast fliehen lassen. Aber ich ahne auch, dass Du Deine Gründe dafür hattest und dass es Dir nicht darum ging, mich zu schützen, sondern allein Sarah. Du kannst beruhigt sein: Sie ist in Sicherheit. Ich hingegen bin zurückgekehrt, um einiges zu klären und zu erledigen. Ich weiß nicht, ob Du mittlerweile noch auf Emilias Seite stehst oder für Deine eigenen Ziele kämpfst. Ich weiß nur eines: Wir alle, die an dieser Sache beteiligt sind, wollen im Prinzip dasselbe - Gerechtigkeit. Nur liegen unsere Vorstellungen davon weit auseinander ... Aber lassen wir das. Niemand von uns wird seine Meinung und Einstellung dem anderen gegenüber ändern. Niemand wird dem anderen so einfach verzeihen. Dazu ist zu viel Zeit vergangen. Vielmehr möchte ich Dich über eine bestimmte Situation aufklären und Dich - ja, trotz allem, was in der Vergangenheit zwischen uns vorgefallen ist - um einen Gefallen bitten.
Du musst in unserem Zweikampf bemerkt haben, dass sich mein Zustand verändert hat. Es stimmt: Ich bin wieder ein Mensch geworden. Emilia oder auch Dir wäre es also ein Leichtes, mich zu töten, wenn ihr wolltet. Aber eines solltest Du wissen, Henry: Tust Du mir etwas an, so wird auch Sarah Leid geschehen. Seit ich einen Teil ihres Blutes getrunken habe, um nach meiner Gefangenschaft in der Grube wieder zu Kräften zu kommen, sind unsere Leben miteinander verbunden. Sarah und ich sind voneinander abhängig. Hört eines unserer Herzen auf zu schlagen, so wird auch das andere verstummen. Werde ich verletzt, dann zugleich auch sie. Du weißt so gut wie ich, dass Emilia niemals ruhen, sondern mich bis ans Ende der Welt verfolgen wird. Aber der Unterschied zu früher ist: Sie bedeutet von jetzt an nicht mehr nur für mich eine lebensbedrohliche Gefahr, sondern auch für Sarah.
Deshalb bitte ich Dich um eins, Henry: Sosehr Du mich auch hasst - bekämpfe mich nicht weiter, wenn Dir etwas an Sarahs Leben liegt. Du liebst sie doch noch immer, nicht wahr? Du hoffst immer noch darauf, eines Tages mit ihr glücklich, vielleicht sogar durch sie erlöst zu werden. Wer weiß, vielleicht hast Du recht und Ihr gehört zusammen. Vielleicht habe ich mich getäuscht und Du und
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