Blood Romance 04 - Ruf der Ewigkeit
sich gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn George anrief und Emilia - Mays Telefon klingelte in seiner Hand und er zuckte vor Schreck zusammen. Jonathan stand auf dem Display. Verwirrt starrte er auf seinen eigenen Namen. Wer zum Teufel ... Wer rief May mit seinem Handy an? Seine Gedanken spielten verrückt, aber irgendetwas hielt ihn davon ab, den Anruf entgegenzunehmen. Das Klingeln hörte auf. Eine Minute verstrich, zwei ... Jonathan stand immer noch wie vom Donner gerührt mitten im Treppenhaus des Wohnheims, den Blick starr auf das Display gerichtet. Es piepste. Sie haben eine Sprachnachricht erhalten. Bitte hören Sie Ihre Mailbox ab. Jonathan schluckte und drückte mit zitternden Fingern auf Abhören.
»May, wundere dich nicht, dass ich von Jonathans Handy aus anrufe. Er hat es hier liegen lassen ... Ich bin es, Sarah! Hör zu, ich weiß nicht, wo du im Moment steckst, aber Jonathan meinte, es gehe dir gut! Ich hoffe, das stimmt. Ich weiß, wir beide hatten in der letzten Zeit viel Stress, und das tut mir schrecklich leid. Auch, dass ich dir nicht richtig zugehört und so blöd reagiert habe, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Ich hatte einfach nur schreckliche Angst ... Das lag wahrscheinlich daran, dass Dustin mein Blut getrunken hat, wie du ja schon vermutet hattest. Er wurde dadurch tatsächlich wieder zu einem Menschen, aber ... ich war seither sehr geschwächt ... Eine lange Geschichte. Es gibt so vieles, was ich dir erzählen muss, aber der Akku ist schon schwach, deshalb nur das Nötigste: Emilia hat mir zu Hause aufgelauert, mir mein Handy abgenommen und mich gefangen genommen. Ich weiß nicht, wo genau ich bin, es ist irgend so ein Betonbunker im älteren Teil des Industriegebiets. Eine dicke Mauer führt um das Gebäude herum und man sieht von außen ein riesiges Eisentor. Emilia will, dass Jonathan ihr Dustin ausliefert - und zwar bis Dienstagabend. Nur dann lässt sie mich frei. Jonathan ist gerade auf der Suche nach ihm. Wenn er ihn nicht aufspürt, will Emilia ihn grausam bestrafen und ich soll sterben. Wir stecken beide in der Klemme, verstehst du? Ich weiß nicht, wo Dustin im Moment steckt, aber ich gehe davon aus, dass er tatsächlich wieder in Rapids ist. Vielleicht hattet ihr ja sogar schon Kontakt... Er wollte dich ohnehin suchen. Dustin will Emilia unschädlich machen. Er hat mir dafür mein Blut zurückgegeben und seine Menschlichkeit wieder gegen die Unsterblichkeit eingetauscht, damit er überhaupt eine Chance gegen sie hat. Jonathan behauptet, er selbst hätte bereits einen Plan und jemanden, der ihm hilft ... diesen George. Es wäre vielleicht gut, wenn du versuchst, Jonathan irgendwie zu -«
»... entlocken, was dieser George vorhat oder ihm rät. Vielleicht ... hilft uns das weiter. Ich will nicht, dass Dustin etwas geschieht. Ich ... liebe ihn so sehr!« Sarah stiegen die Tränen in die Augen. Sie wusste, dass die Verbindung längst unterbrochen war, Jonathans Handyakku war leer. Trotzdem sprach sie immer noch weiter, als säße May vor ihr. »Bitte, May, lass dir etwas einfallen, ich weiß nicht weiter, ich weiß einfach nicht weiter. Alles ist so ... ausweglos!« Endlich ließ sie ihre Hand sinken. Das nutzlose Telefon rutschte aus ihren Fingern und traf hämisch scheppernd auf dem Betonboden auf.
Sarah schlug die Hände vors Gesicht. Dies hier war ihre einzige Chance gewesen. Sie hätte so dringend Mays Stimme gebraucht, irgendein tröstendes, beruhigendes Wort. Nun konnte sie nur hoffen, dass May ihre Mailbox bald abhörte, dass sie aus ihrem wirren Gerede schlau wurde und tatsächlich wusste, wo Dustin steckte.
Vielleicht fanden die beiden ja gemeinsam eine Lösung, wobei ... eigentlich gab es nur einen einzigen Ausweg aus dem Chaos: Emilia musste überwältigt werden, und zwar schnell. Und jetzt, wo Sarah selbst erlebt hatte, wozu sie fähig war, begriff sie, wie schwer, nahezu unmöglich so ein Unterfangen war. Eine derart gewissenlose, hinterhältige Person wie Emilia ließ sich selbst in keine Falle locken, sie stellte sie nur.
Sarah war am Ende ihrer Kräfte, sie konnte nicht mehr. Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit hatten sie schon die ganze Zeit über umkreist und waren kurz davor gewesen, sie zu packen, aber sie hatte sie in all der Aufregung immer noch ignorieren und von sich schieben können. Nun jedoch, wo sie ihren einzigen Trumpf ausgespielt hatte und es nichts mehr für sie zu tun gab, außer abzuwarten, überfielen diese Gefühle sie mit
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