Blood Romance 04 - Ruf der Ewigkeit
Wange. »Ich danke dir trotzdem. Wobei ... ich mir nicht ganz sicher bin, ob du mir tatsächlich immer nur die Wahrheit gesagt und mir nicht das ein oder andere wichtige Detail vorenthalten hast.« Er hielt den Kopf schräg und May glaubte, ihre Beine würden sie jeden Moment im Stich lassen. Sie musste sich an der Banklehne festhalten, um nicht umzukippen. »Aber ich kann dir nichts beweisen«, fuhr Jonathan fort, »also vergessen wir diese Spekulationen, sie belasten nur unnötig. Außerdem ... Wer weiß, wie ich in deiner Stelle gehandelt hätte?«
May schüttelte den Kopf und setzte an, etwas zu erwidern. »Ich ...«
»Psssst!« Jonathan legte ihr einen Zeigefinger auf die Lippen. »Ist schon gut, May, sag lieber nichts, bevor du noch etwas zwischen uns kaputt machst. Das wäre zu schade. Ich gehe davon aus, dass du immer in bester Absicht gehandelt hast, und dass du vor allem Sarah beschützen wolltest. Das ist auch der Grund, weshalb ich dich jetzt nicht vorsichtshalber doch noch ... sagen wir, ruhigstelle. Und weil ich weiß, dass Sarah dich sehr gern hat. Ich will, dass es ihr an nichts fehlt, wenn unser neues Leben beginnt. Warum solltet ihr auf eure Freundschaft verzichten müssen, wenn euch beiden so viel daran liegt? Bald ist alles überstanden und dann spielt es keine Rolle mehr, wer einmal auf wessen Seite stand. Dann ist alles vergessen und niemand wird dem anderen mehr etwas nachtragen. Ich richte Sarah auf jeden Fall schöne Grüße von dir aus, wenn ich sie das nächste Mal sehe, okay?« Mit diesen Worten drehte sich Jonathan um und lief schnellen Schrittes in Richtung Parkplatz.
»Wo ist sie? Wo steckt Sarah? Bitte, Jonathan ...« Mays Schreie hallten über den leeren Campusplatz. Jonathan reagierte nicht einmal darauf.
»Schon in kürzester Zeit wird Sarah frei sein«, hallten seine Worte in Mays Kopf nach, »und wir können gemeinsam von hier verschwinden.« Sarah musste also hier in der Nähe sein - gefangen. »Emilia«, hauchte May und fröstelte. Natürlich, Emilia hatte Sarah in ihrer Gewalt. Und Jonathan hatte irgendeinen Deal mit ihr ausgehandelt, damit sie Sarah wieder freiließ.
Jonathan saß in seinem Auto und las sich Dustins Brief ein weiteres Mal durch. Unfassbar, das Schicksal meinte es heute wirklich gut mit ihm. Erst die Information von Dustins wiedererlangter Unsterblichkeit und nun diese Botschaft, in welcher sich dieser Blödmann Emilia tatsächlich freiwillig stellte. Von jetzt an würde alles seinen Lauf nehmen. Obwohl ... vielleicht sollte er Dustin sicherheitshalber noch einen kleinen Besuch abstatten, damit er auch tatsächlich zu dem Treffen erschien, das er Emilia vorgeschlagen hatte. Bei Feiglingen wie ihm musste man immer damit rechnen, dass ihr Mut sie plötzlich doch wieder verließ und sie flüchteten, um ihren eigenen Kragen zu retten. Dieses Risiko musste Jonathan unterbinden. Am besten, er appellierte an Dustins Stolz, damit traf er seinen wundesten Punkt. Er lächelte zufrieden bei der Vorstellung. Nein, von jetzt an brauchte er tatsächlich niemanden mehr, der ihm half, selbst George konnte ihm gestohlen bleiben. Ein wunderbares Gefühl von Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein erfüllte Henry, als er den Motor seines Chryslers aufheulen ließ und Richtung Canyon Forest fuhr.
Henry blickte stirnrunzelnd auf den Umschlag mit dem roten Sigel. Für Emilia stand in geschwungenen Buchstaben darauf. Kein Absender, keine Briefmarke. Jemand musste ihn persönlich hier eingeworfen haben. Etwa er ? Er persönlich? Henry konnte es sich kaum vorstellen. Aber eines war sicher: Der Brief stammte von ihm. Georges Handschrift war Henry inzwischen bestens bekannt. Bisher waren seine Briefe jedoch ausschließlich an ihn adressiert gewesen, auch wenn es darin meistens um Emilia ging. Dass George ihr plötzlich persönlich schrieb, verwunderte Henry. Er schielte hinüber zu Emilia, die wie hingegossen auf einer Liege ihrer Dachterrasse in Chicago City lag und an einem giftgrünen Cocktail nippte. Ihr offenes langes Haar umspielte ihren schlanken Körper wie ein Tuch aus edelster Seide und das schimmernde Rot bildete einen faszinierenden Kontrast zu ihrer porzellanfarbenen Haut. Sie sah wieder atemberaubend schön aus - und zugleich ... gefährlich. Kein Wunder, dass sie diese fesselnde Wirkung auf Henry hatte. Welcher Mann auf Erden konnte sich solch einer Frau schon entziehen?
»Was hast du, Henry?«, fragte Emilia gelangweilt und sah ihn aus schmalen, schläfrigen
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