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Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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die Fahrgäste noch die Nacht. Dann stieg ich in mein Auto.
    Der dröhnende Dieselmotor des Busses war der Hintergrund gewesen, vor dem sich mein Geist entspannt hatte. Mir war etwas eingefallen. Wenn Louisa in einem Krankenwagen fortgebracht, wenn sie ruhiggestellt worden war, dann mußte ein Arzt dabei gewesen sein. Und für so ein infames Unternehmen kam nur ein Arzt in Frage. Es gab also doch eine Person, die wie ich in den Fall verwickelt war und die ich darum bitten konnte, das Risiko mit mir zu teilen. Zum zweitenmal an diesem Tag fuhr ich den Eisenhower Expressway hinaus nach Hinsdale.

38
    In der Giftküche
    Nebel stieg in Schwaden von den Gräben links und rechts der Straße auf, so daß andere Autos wie gespenstische rote Schemen erschienen. Ich fuhr mit einer Geschwindigkeit von achtzig Meilen, obwohl die Straße im dichten Nebel vor uns versank. Der Chevy vibrierte laut, eine Unterhaltung war nicht möglich. Ab und zu kurbelte ich das Fenster herunter und überprüfte mit der Hand die Stricke. Sie hatten sich etwas gelockert, hielten das Dingi aber a uf dem Dach. In Höhe der Einhun dertsiebenundzwanzigsten Straße verließen wir den Expressway und fuhren weiter in Richtung Osten. Wir befanden uns ungefähr acht Meilen westlich des Xerxes-Geländes.
    Es war kurz vor Mitternacht. Furcht und Ungeduld hatten mich so fest im Griff, daß ich kaum atmen konnte. Die Fahrt beanspruchte meine ganze Kraft, ich mußte überholen, in die Scheinwerfer entgegenkommender Autos blinzeln und ein Auge auf etwaige Streifenwagen haben, aber ich schaffte es, mit fünfzig durch die Fünfunddreißigmeilenzone zu fahren. Nach einer Viertelstunde bogen wir nach Norden auf einen schmalen Pfad, die südliche Verlängerung der Stony Island Avenue. Jetzt befanden wir uns auf privatem Industriegelände, aber auf diesem abschüssigen, mit Glasscherben übersäten Weg konnte ich das Licht nicht ausschalten. Ich hatte mich für dieses heruntergekommene Werksgelände entschieden in der Hoffnung, daß es hier weder Nachtwächter noch Hunde gab. Vor einem Frachtkahn hielten wir an. Ich sah zu Miss Chigwell. Sie nickte grimmig.
    Wir stiegen aus, versuchten uns leise zu bewegen, vor allem aber schnell. Miss Chigwell leuchtete mir mit einer starken Stablampe, und ich durchschnitt die Stricke. Sie breitete eine Decke auf der Motorhaube aus, damit das Boot möglichst geräuschlos herunterrutschte. Dann legten wir die Decke auf den Boden, setzten das Boot darauf, und ich zog es zu dem Lastkahn, während sie mir folgte, mit der Taschenlampe leuchtete und die Ruder trug.
    Der Kahn war neben einer Eisenleiter an der Kaimauer vertäut. Wir ließen das Dingi vorsichtig ins Wasser, und ich hielt die Fangleine, während Miss Chigwell die Leiter hinunterkletterte. Sobald sie im Boot war, folgte ich ihr. Wir nahmen die Ruder. Trotz ihres Alters holte Miss Chig-well kräftig und gleichmäßig aus. Ich glich meinen Rhythmus dem ihren an und zwang mich, das beginnende Pochen in meinen immer noch lädierten Schultern zu ignorieren. Sie ruderte mit beiden Händen, ich hielt die Taschenlampe. Wir glitten neben der Kaimauer entlang; hin und wieder knipste ich die Lampe an, damit wir nicht mit den Lastkähnen kollidierten und die Werksnamen auf den Schlippen lesen konnten, während wir vorbeiruderten. Nichts war zu hören, bis auf das leise Eintauchen der Ruder ins Wasser. Aber der dichte Nebel, der den Pesthauch des Flusses herantrug, war eine stechende Erinnerung daran, daß wir hier durch ein gefährliches industrielles Labyrinth glitten. Ab und zu durchbrach ein Scheinwerfer den Nebel und strahlte ein riesiges Stahlrohr, einen Kahn oder einen Förderturm an. Wir waren die einzigen Menschen auf dem Fluß - Eva und ihre Mutter in einem grotesken Zerrbild des Gartens Eden.
    Wir ruderten am Glow-Rite-Werk vorüber, an Stahl- und Drahtwerken, an Fabriken, die Werkzeuge herstellten, Schrauben und Sägeblätter, an schweren Lastkähnen, die neben einer Betonfabrik vertäut lagen. Endlich machte die kleine, starke Taschenlampe das doppelte X und die riesige Krone aus, die im Nebel schwarz glühte. Wir zogen die Ruder ins Boot. Ein Blick auf meine Uhr sagte mir, daß wir zwölf Minuten für die halbe Meile gebraucht hatten, weniger als erwartet. Ich griff nach der Eisenleiter und zog das Boot vorsichtig an die Mauer. Miss Chigwell vertäute geübt die Fangleine. Mein Herz klopfte so sehr, daß ich beinahe daran erstickte, aber sie schien die Ruhe selbst.
    Wir zogen

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