Blood Shot
gespült, überall lag mir etwas im Weg, und ich übte mich im Hindernislaufen. Als ich das Ufer wieder erreichte, schmerzten meine Füße. Ich verlangsamte das Tempo.
Die drei Angler im Regenmantel beobachteten, wie ich näherkam. Sie schienen sich nicht um ihre Angeln zu kümmern. Sie schienen überhaupt keine Angeln zu haben. Als ich fast bei ihnen angelangt war, standen sie auf und versperrten mir den Weg. Ein einsamer Jogger lief in ihrem Rücken vorbei.
»Hallo!« rief ich.
Aber der Läufer war versunken in das, was aus seinem Kopfhörer schallte, was immer es war. Er beachtete uns nicht.
»Gib's auf, Süße«, sagte einer der Männer. »Wir sind nur ein paar Angler, die ein hübsches Mädchen fragen wollen, wieviel Uhr es ist.«
Ich wich zurück und überlegte panisch. Ich konnte über den Kai zurück zum See laufen. Und säße zwischen Geröll und Wasser in der Falle. Vielleicht, wenn ich zur Seite ...
Ein glänzender schwarzer Arm ergriff mein Handgelenk. »Einen Augenblick, Süße. Wollen nur mal einen Blick auf deine Uhr werfen.«
Ich drehte mich ganz zu ihm und schlug mit der freien Hand, so fest ich konnte, von unten gegen seinen Ellbogen. Er war mit Pullover und Regenmantel gut gepolstert, aber ich traf den Knochen, und er stöhnte auf und lockerte seinen Griff. Ich befreite mich und rannte laut schreiend in den Park. Die wenigen Leute, die sich in den Nebel hinausgewagt hatten, waren zu weit entfernt, um mich zu hören. Normalerweise laufe ich den Kai hinaus und wieder zurück. Diesen Teil des Parks kannte ich nicht, hatte keine Ahnung, ob ich mich hier irgendwo verstecken konnte, oder wo ich herauskommen würde. Ich hoffte, irgendwie den Lake Shore Drive zu erreichen.
Meine Angreifer kamen in ihrer dicken Kleidung nur schwerfällig vorwärts, und ich schaffte es, trotz meiner Erschöpfung, mich ein Stück von ihnen abzusetzen. Einer von ihnen näherte sich mir von links, die bei den anderen versuchten vermutlich, mir den Weg von der anderen Seite abzuschneiden. Ob es ihnen gelingen würde, hing einzig und allein davon ab, wie schnell ich die Straße erreichte. Ich aktivierte all meine Kräfte und beschleunigte. Der See tauchte vor mir auf. Wie ein Finger ragte hier eine kleine Bucht in den Park. Zehn Meter weiter links, und ich wäre vorbeigekommen. Jetzt stand dort einer der drei Männer und versperrte mir den Weg. Rechts hinter mir kamen die beiden anderen Regenmäntel angetrabt.
Ich wartete, bis sie auf wenige Meter an mich heran waren, holte Atem, sammelte Mut. Als sie in Hörweite waren - »Hat keinen Sinn da-vonzurennen. Gib's auf, Süße« - sprang ich. Das Wasser war wie Eis. Ich spuckte einen Mundvoll der Dreckbrühe aus. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Ich konnte kaum atmen, Knochen und Kopf schmerzten. In meinen Ohren rauschte es, und vor den Augen tanzten weiße Punkte. Ein paar Meter. Es sind nur ein paar Meter. Du schaffst es. Ein Arm nach dem anderen. Mach dir keine Sorgen wegen der schweren Schuhe, du bist schon fast drüben, dort ist ein Felsen, an dem mußt du vorbei, jetzt kannst du gehen, jetzt kannst du raufklettern.
Der Gummi der alten Gymnastikhose riß. Ich kämpfte mich aus ihr heraus und taumelte auf die Straße zu. Mir schwindelte, und vor meinen Augen schwammen blaue Schatten. Ich sah alles undeutlich, konnte nicht erkennen, ob der Mann an der Bucht schon wieder hinter mir her war, konnte Größe und Form dessen, was vor mir lag, nicht ausmachen. In den nassen Schuhen, mit klappernden Zähnen war ich kaum mehr fähig, mich zu bewegen, aber vor mir mußte Hilfe liegen. Verbissen kämpfte ich mich vorwärts. Wenn das verdammte Geröll nicht gewesen wäre, hätte ich es geschafft. Ich war zu erschöpft und desorientiert. Ich stolperte über einen großen Stein und fiel um wie ein nasser Sack. Ich keuchte, versuchte wieder auf die Beine zu kommen, und dann wand ich mich in schwarzen Regenmantelärmeln, stieß mit Armen und Beinen, biß zu, bis die blauen Schatten vor meinen Augen zu einem riesigen Ball zusammenflössen und in meinem Kopf explodierten.
Nach einer Weile war mir klar, daß ich schwerkrank war. Ich bekam keine Luft. Lungenentzündung. Ich hatte im Regen auf meinen Vater gewartet. Er hatte versprochen, mich während seiner Mittagspause abzuholen. Aber es gab keine Pause, und er hatte nicht geglaubt, daß ich so lange warten würde. Bleib liegen, atme langsam, paß auf, was Mama sagt, sie sagt, alles wird wieder gut, und sie lügt nie. Ich versuchte, die
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